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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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wollte es trotzdem versuchen, weil die Verlockung auf einen sonnigen Tag mit Robert auf dem Turnier zu groß war.
    Sie beobachteten das nächste Springen, das als ein A-Springen mit Stechen angekündigt wurde. Sollten mehrere Reiter in dieser Springprüfung dieselbe Wertung erreichen, würde der Sieger durch ein anschließendes Stechen ermittelt werden. Unter den Startern erkannte Anke ihre Reitlehrerin Susanne, die mit sehr hohem Tempo und fehlerfrei durch den Parcours ritt. Das Mikrofon bestätigte, dass Susanne Werth im anschließenden Stechen starten sollte. Auch die nächste Reiterin kam Anke sehr bekannt vor. Sie kam ebenfalls aus der Reitanlage, in der Anke ritt. Aber begegnet waren die beiden sich noch nicht, weil diese Frau zusammen mit den Turnierreitern trainierte, die Anke nur selten zu sehen bekam.
    »Wie heißt die Reiterin?«, fragte Anke Robert, der ihr ganz fasziniert zuschaute.
    »Das ist Doris Sattler. Sie reitet inzwischen A- und L-Springen, nur leider nicht sehr erfolgreich. Ihr Pferd ist gesundheitlich nicht auf der Höhe und fällt ständig aus«, erklärte Robert.
    Anke wunderte sich darüber, wie mitfühlend Robert dabei klang.
    Der Nachmittag wurde sehr schön und unbeschwert. Es folgte eine Springprüfung nach der anderen. In den Pausen vertrieben sie sich die Zeit damit, sich um das leibliche Wohl zu kümmern, wofür bestens gesorgt war, wie es auf Veranstaltungen in dieser Gegend nicht anders zu erwarten war.
    Erst sehr viel später fiel Anke noch eine Frage ein, die sie auch sofort loswerden musste: »Wie ist es möglich, dass wir uns auf der Dienststelle nie gesehen haben? Schließlich bist du doch zu einer Aussage zu uns gekommen.«
    »Als ich bei euch war, sprach ich mit Polizeibeamten, die ich nicht kannte«, erklärte Robert.
    Anke fiel ein, dass Nimmsgern und Esche an dem Fall gearbeitet hatten, während sie damit beschäftigt war, in der Vergangenheit von Kurt und Luise Spengler nach einem möglichen Motiv zu suchen. Kullmann hatte diese fixe Idee, dass der Ehemann schuld an Luises Tod war. Nur hatten ihm die Beweise gefehlt.
    »Deshalb sind wir uns nicht begegnet«, meinte Anke nur kopfschüttelnd.
    »Hat dieser Zusammenhang nun Auswirkungen auf unsere Freundschaft?«, fragte Robert unsicher.
    Daran, wie er diese Frage stellte, glaubte Anke herauszuhören, dass ihm viel daran lag, ihre Freundschaft nicht zu belasten. Erleichtert schüttelte sie den Kopf, obwohl sie genau wusste, dass sie das wider besseres Wissen tat. Im Grunde ihres Herzens glaubte sie, Zweifel zu spüren, Zweifel darüber, wie sie ihre Gefühle gegenüber Robert mit der Professionalität ihrer Arbeit in Einklang bringen könnte. Aber auf diese innere Stimme wollte sie einfach nicht hören. Lieber lenkte sie sich mit einer Begründung ab, die in ihren Ohren ebenfalls sehr überzeugend klang. Niemand konnte es ihr zum Vorwurf machen, mit Robert, dem Sohn einer vermeintlich Ermordeten, Kontakt zu halten. Schließlich hatten sie sich erst sehr lange nach diesem schrecklichen Ereignis kennengelernt. Außerdem hatte Robert ein bombensicheres Alibi.
    »Ich glaube, ich besorge uns ein Bier auf diesen Schreck, was meinst du, Agatha Christie? Oder wie soll ich dich nennen?«
    »Bleiben wir lieber bei Anke Deister. Wer weiß, vielleicht werde ich mal genauso berühmt wie Agatha Christie, dann brauche ich nicht den Namen einer anderen anzunehmen, oder?«
    Anke beobachtete Robert, wie er zum Bierstand ging und spürte wieder dieses Prickeln im Bauch. Dieser Mann gefiel ihr wirklich gut, so gut, dass sie grundlegende Prinzipien, auf die sie sich nach der Bruchlandung mit Hübner eingeschworen hatte, einfach über Bord warf. Verträumt beobachtete sie, wie er am Bierstand auf seine Bestellung wartete, und genoss das Gefühl des Verliebtseins.
    In dem Moment tauchte Doris Sattler auf und lächelte ihn so verführerisch an, dass in Anke sofort Eifersucht aufstieg. Doris hatte lange braune Haare und eine aufregende Figur, was durch die enge Turnierkleidung noch mehr betont wurde. Ihre Reize wusste sie bestens einzusetzen. Eine Weile unterhielten sich die beiden. Robert genoss es offensichtlich, von dieser hübschen Frau umschwärmt zu werden.
    Anke stand abseits am Parcoursrand. Nach einer kurzen Weile, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, wandte er sich wieder ab und kam mit zwei Bierhumpen zurück. Mit keinem Wort erwähnte er das Gespräch mit Doris, Anke wollte auch nicht darüber reden. Viel zu peinlich wäre es ihr, ihm ihre

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