Kullmann
sind wir schneller über alles informiert«, bemerkte Anke sarkastisch.
Auf der Rückfahrt zur Dienststelle merkten sie zu spät, dass es einen Autounfall gegeben hatte, der Verkehr staute sich zurück. »So ein Mist. Wenn ich nur den Verkehrsfunk gehört hätte«, murrte Kullmann.
Im Schritttempo ging die Fahrt voran. Kullmann nutzte die zäh sich dahinschleppende Zeit, seine Situation zu überdenken. Inzwischen war er vierzig Jahre im Polizeidienst und konnte gar nicht mehr genau zurückrechnen, wie lange er sich schon auf seinen Ruhestand freute. Nun endlich stand er kurz davor, und dann geschah so etwas: zwei Polizistenmorde und keine Verdächtigen, ja noch nicht einmal die geringste Spur. Die Situation war so erdrückend wie noch nie. Von allen Seiten spürte er die Erwartungen, alle wollten eine baldige Lösung von ihm, weil alle Angst hatten, der Nächste zu sein. Er war einfach nicht imstande, ihnen den oder die Täter zu liefern.
Als sie endlich auf der Dienststelle eintrafen, herrschte große Aufregung. Kriminalrat Wollny erschien höchstpersönlich, um sich mit Kullmann über die Ermittlungsarbeiten zu beraten. Esche war erstaunlicherweise schon vor ihnen zurück und schimpfte von allen am lautesten herum: »Jetzt ist genau das eingetroffen, was ich prophezeit habe!«
»Hör doch endlich auf, alle hier verrückt zu machen!«, schaltete Kullmann sich ein. »Es ist durchaus verständlich, wenn du es nicht verkraftest, unter solchen Bedingungen zu arbeiten. Schließlich hast du bereits einen Teamkollegen auf diese tragische Weise verloren. Wir haben noch weitere Delikte zu bearbeiten, dort kann ich dich auch einsetzen.«
»Nein, ich bitte darum, weiter an diesem Fall arbeiten zu dürfen«, lenkte Esche sogleich geschickt ein. »Es liegt mir sehr viel daran, den Mörder zu finden, der unsere Kollegen auf dem Gewissen hat.«
»Ich hoffe, du hast dir das gut überlegt?«, zweifelte Kullmann, doch Esche blieb unbeugsam bei seinem Entschluss: »Je mehr Leute daran arbeiten, desto schneller bekommen wir den Kerl zu fassen. Schließlich sitzen wir hier auf einem Pulverfass, jederzeit kann es einen von uns treffen!«
»Was ist denn in Sie gefahren? Müssen Sie unbedingt Panik in der Abteilung auslösen?«, schimpfte Kriminalrat Wollny.
»Ich habe Angst, das ist doch ganz klar«, antwortete Esche. »Es kann hier jeden erwischen, auch mich!«
»Daran glaube ich leider nicht«, bemerkte Anke bissig.
Überrascht schauten alle auf sie, weil sie solche Reaktionen von Anke nicht kannten. Aber Anke blieb unbekümmert. Sie hatte nur gesagt, was sie dachte, und es hatte ihr gut getan.
»Es nützt uns gar nichts, wenn wir nervös werden, weil wir dann Fehler machen. Wir werden uns nun überlegen, wie wir weiter vorgehen werden, damit wir schnelle Ergebnisse bekommen«, rief Kullmann in die unruhig gewordene Runde.
»Am effektivsten arbeiten wir, wenn wir nach jemandem suchen, der einen großen Hass auf Polizisten hat«, funkte schon wieder Esche dazwischen. »Warum wollen Sie einfach nicht glauben, dass wir es mit einem Polizistenmörder zu tun haben?«
»Ganz einfach«, ließ Kullmann sich nicht aus der Ruhe bringen. »Der Mord an Walter Nimmsgern wurde bis ins Detail in der Zeitung beschrieben. Deshalb dürfen wir Trittbrettfahrer nicht ausschließen.«
Das ließ Esche verstummen.
»Wir werden in Kürze die Aufgaben verteilen. Solange bitte ich Sie, vorschnelle Vermutungen zu vermeiden«, bestimmte Wollny, um die Spannung im Raum zu dämpfen.
Kullmann verließ zusammen mit Wollny den Raum, um sich mit ihm zu beraten.
Hübner folgte Anke in ihr Zimmer und fragte sie vorwurfsvoll: »Was ist denn in dich gefahren, Esche so anzugehen?«
Anke berichtete ihm in allen Einzelheiten, was Esche sich bei ihr erlaubt hatte. Als sie in Hübners überraschtes Gesicht sah, hoffte sie sofort auf Verständnis. Dann wäre sie nicht mehr so allein in dieser beklemmenden Situation. Aber seine Reaktion fiel anders aus.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, schüttelte er nur den Kopf. »Wann soll er denn solche Angriffe auf dich gemacht haben? Es sind doch immer Kollegen da, die so etwas mitbekommen würden!«
Genau da lag der Hund begraben! Obwohl alle Kollegen um sie herumgestanden hatten, war es Esche immer gelungen, sich so geschickt zu verhalten, dass niemand etwas bemerkte. Der Hoffnungsschimmer, in Hübner einen Verbündeten zu haben, war erloschen.
Zum Weiterreden blieb keine Zeit mehr, weil Kullmann alle Mitarbeiter
Weitere Kostenlose Bücher