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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Sorgen und kann dieses Gefühl nicht abstellen wie ein Radio«, erklärte er entschuldigend.
    »So aufbrausend wollte ich nicht sein«, gewann Anke ihre Beherrschung wieder zurück. »Schließlich meinen Sie es gut mit mir. Über Robert kann ich nur sagen, dass ich ihn erst vor einigen Tagen hier im Stall kennengelernt habe und über ihn weiß, dass er sich das kostspielige Hobby nur leisten kann, weil er geerbt hat.«
    »Das ermöglicht ihm auch diesen Lebenswandel«, bemerkte Kullmann. »Ich kenne Robert schon sehr lang und weiß, dass er ein Frauentyp ist. Noch nie hat er eine Gelegenheit ausgelassen. Mit dem Geld wird er für die Damenwelt noch attraktiver. Er gehört zu den Menschen, die ich Lebenskünstler nenne. Beruflich hat er nichts erreicht, aber er ist immer wieder auf den Füßen gelandet.«
    »Wie lange kennen Sie Robert wirklich?«, staunte Anke nun.
    »Lange – seit seiner Geburt. Nur leider waren die Voraussetzungen für unsere Bekanntschaft äußerst ungünstig!«
    Wie versteinert wirkte sein Gesicht, als er diese Worte aussprach. Das war die Bestätigung für Anke, dass es etwas gab, das Kullmanns Leben in der Vergangenheit sehr beeinflusst hatte. Sein Gesichtsausdruck, als er diesen letzten Satz herausgepresst hatte, sagte ihr unmissverständlich, dass er nicht über seine Verbindung zu Familie Spengler sprechen wollte. Allerdings hatte Kullmann etwas ausgesprochen, was sie in diesem Augenblick weit mehr beschäftigte, als Kullmanns Vergangenheit. Völlig unvorbereitet hatte sie die Bemerkung getroffen, Robert sei ein Frauentyp. Diese Worte aus Kullmanns Mund machten sie nachdenklich. Kullmann hatte sich noch nie geirrt, wie sie aus eigenen Erfahrungen nur zu gut wusste. Wie war es damals zwischen ihr und Hübner gewesen? Von Anfang an hatte Kullmann gewusst, auf welche harte Probe diese Beziehung gestellt sein würde, er hatte Recht behalten. Wie sollte sie ausgerechnet jetzt an seinen Worten zweifeln, da er doch Robert viel länger kannte als sie? Umso deutlicher tauchte wieder das Bild auf, wie Doris und Robert allein in der dunklen Stallgasse gestanden hatten, ganz nah Körper an Körper. Plötzlich wurde ihr klar, wie wenig sie Robert wirklich kannte und wie sehr sie sich allen guten Vorsätzen zum Trotz in ihn verliebt hatte.
    Zum Glück waren die folgenden Tage so mit Arbeit ausgelastet, dass Anke nicht viel Zeit zum Grübeln blieb. Kullmanns Bemerkungen hatten ihre Spuren hinterlassen – so sehr sie sich auch dagegen wehrte. Sie arbeitete wie ein Uhrwerk, um ihre nagenden Zweifel zu vergessen.
    Am nächsten Morgen stand ein ausführlicher Bericht über den Mord an Peter Biehler in der Zeitung. Gleichzeitig wurde dieser Mord mit dem an Walter Nimmsgern verglichen, womit der Leser an das lange zurückliegende Ereignis erinnert wurde.
    Als Anke ihrem Chef den Kaffee ins Büro brachte, wirkte er sehr vertieft in diesen Zeitungsartikel. Er las den Bericht zu Ende, schaute dann über seine Lesebrille hinweg zu Anke und fragte: »Was halten Sie davon?«
    »Ich denke, dass die Zeitung die gleichen Zusammenhänge sieht wie wir«, bemerkte Anke.
    »Was sehen Sie noch?«, wollte Kullmann wissen.
    Anke las den Artikel etwas aufmerksamer durch. Es dauerte eine Weile, bis sie erkannte, worauf Kullmann hinaus wollte: »Dieser Artikel ist – wie alle anderen auch – von Ingo Weber geschrieben worden!«
    »Stimmt! Muss der Reporter mit diesem Vergleich unbedingt den Leser verunsichern?«, brachte Kullmann seine Bedenken auf den Punkt.
    »Das hat er mit dem Bericht bestimmt nicht beabsichtigt. Reporter müssten Fakten bringen, damit die Zeitung ihre Artikel auch druckt!«
    Kullmann nickte: »Stimmt! Ich reagiere überempfindlich, weil wir so schleppend vorankommen.«
    Sie verschwand wieder aus Kullmanns Büro. Gerade hatte sie die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich geschlossen, wurde sie wieder aufgerissen. Erschreckt drehte sie sich um, atmete aber erleichtert durch, als Hübner vor ihr stand.
    »Liebe Anke, unser Leben soll doch nicht nur aus Arbeit bestehen«, begann er, was Anke schon ahnen ließ, was er wollte. »Deshalb würde ich dich gerne heute Abend zum Essen einladen. Das Wetter ist schön, wir könnten doch irgendwo draußen sitzen und den Sonnenuntergang genießen!«
    Sofort fiel Anke wieder der unvergesslich schöne Abend mit Robert ein, als sie auf dem Saarbrücker Schlossplatz gesessen hatten. Nein, mit Hübner würde es kein schöner Abend werden, weil sie zu sehr an diese herrlichen

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