Kullmann
Sie eine Lösung haben, wenn Sie das Rätsel gar nicht kennen?«
»Doch, Sie wissen nicht, mit wem sie den Neuen zusammenarbeiten lassen sollen«, erklärte Anke dem verdutzten Chef.
»Sie werden mir unheimlich«, gestand Kullmann.
»Oh ja, ich wandle auf Kullmanns Spuren. Früher hatte ich mal Sherlock Holmes als Vorbild, heute heißt mein Vorbild Norbert Kullmann!«
»Zur Zeit macht es aber eher den Eindruck, dass Sie mir etwas voraus sind. Also, erzählen Sie mir von Ihrer Lösung!«
»Ganz einfach: Esther Weis will gerne mit dem Neuen zusammenarbeiten, und übrig bleiben Esche und Jürgen Schnur«, erklärte Anke und musste lachen, als sie Kullmanns Miene beobachtete, wie sie immer heller wurde.
»Sie sind wirklich ein Allround-Talent! Man könnte Sie bedenkenlos überall einsetzen, sogar in der Personalabteilung«, lobte er seine Mitarbeiterin. Aber bevor er ihr Zimmer wieder verließ, legte er ihr einige Akten auf den Tisch. »Das sind alles Delikte, an denen Nimmsgern, Biehler und Hübner gearbeitet haben. Jetzt ist es Ihre Aufgabe herauszufinden, wer von diesen mutmaßlichen Tätern mit den ermordeten Kollegen in Berührung gekommen ist. Wir werden diese Leute dann vorladen und überprüfen. Nach unseren Ermittlungen gibt es in den Vorgeschichten unserer Kollegen nichts, was einen Mord rechtfertigen könnte. Keiner von ihnen hatte sich in außergewöhnliche Schwierigkeiten gebracht; deshalb müssen wir weiterhin im dienstlichen Bereich nach den Zusammenhängen suchen!«
Er verließ das Zimmer und überließ Anke ihrer neuen Aufgabe. Aber bevor sie sich daran machte, las sie in der Zeitung einen Bericht, der sie stutzig machte:
Schon der fünfte Wohnungseinbruch in der Wohngegend am Staden
In den letzten beiden Monaten wurde in fünf Wohnungen eingebrochen, das gesamte Mobiliar mutwillig zerstört und Wertsachen gestohlen. Die Einbrüche fanden immer zu Zeiten statt, in denen die Wohnungen leer standen, was darauf schließen lässt, dass der oder die Täter die Bewohner beobachtet hatten.
Robert hatte gar nichts von den Einbrüchen erwähnt, überlegte sie. Vermutlich wollte er sie nicht beunruhigen. Immerhin hatten die Einbrüche stattgefunden, wenn niemand zu Hause war. Also wäre die Gefahr gering gewesen, dass sie überrascht wurden.
Sie legte die Zeitung beiseite und machte sich an die Arbeit, die Kullmann ihr aufgetragen hatte. Es gab in der Tat einige Kriminelle, die mit Nimmsgern und mit Hübner in Konflikt geraten waren. Aber keiner dieser Straftäter war ebenfalls mit Peter Biehler in Berührung gekommen, was nicht unbedingt auszuschließen gewesen wäre, denn Verkehrsdelikte waren heutzutage keine Seltenheit. Anke zweifelte, ob Biehler überhaupt in diese Mordserie hineinpasste. Aber genau das sollte sie herausfinden, wenn sie Kullmanns Anweisungen richtig verstanden hatte. Es wurde eine ermüdende und entmutigende Arbeit, die Anke den ganzen Nachmittag ohne Ergebnis beschäftigte.
Esther hatte an diesem Tag das Glück, dass Kullmann Ankes Vorschlag zustimmte, Esther und den Neuen im Team arbeiten zu lassen. Allerdings konnte Anke aus Esthers Redefluss, der unaufhörlich über Erik Tenes niederging, nicht erkennen, ob das Glück nur auf ihrer Seite war oder ob der Neue sich genauso über diese Einteilung freute. Vor Stunden waren die beiden schon weggegangen, was durch Esthers Geplapper nicht zu überhören war. Jürgen fuhr zu einer Befragung los, allerdings ohne Esche mitzunehmen. Er hatte sich bei Anke abgemeldet, weil Kullmann nicht wieder ins Büro zurückgekehrt war. Mit Entsetzen wurde Anke nun bewusst, dass sie völlig allein mit Esche im Haus war. Hastig verschloss sie ihre Akten im Schreibtisch und wollte gerade das Büro verlassen, als er in ihr Zimmer trat und sich breitbeinig in den Türrahmen stellte, so dass sie keinen Fluchtweg hatte.
»Na, wie wär’s mit uns beiden? So günstig wie jetzt war die Gelegenheit noch nie!«
Augenblicklich spürte Anke, wie Panik sie erfasste. Innerlich fluchte sie über ihre langsame Reaktion, als Jürgen sich abgemeldet hatte. Sie hatte es nicht schnell genug erkannt, dass sie in der Falle saß.
»Du willst dich doch nicht zieren. Ich weiß genau, dass du Streicheleinheiten genauso gerne magst wie ich.«
Anke schaute in seine Augen und sah darin etwas Diabolisches. Er löste nicht nur Angst in ihr aus, sondern die erschreckende Erkenntnis, dass er zu allem bereit war. Um sein Ziel zu erreichen, setzte er jedes Mittel ein. Seine
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