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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Eigenschaften bestanden nicht nur aus seiner Überzeugungskraft, sondern auch aus seiner Fähigkeit, Angst auszulösen. Genau das tat er jetzt. Es bereitete ihm Freude, sie vor Angst zittern zu sehen. Nichts war mehr an ihm, wie sie ihn kannte, wenn er unter Kollegen war.
    »Ich brauche dich doch nicht daran zu erinnern, dass du ganz schön in der Scheiße sitzt. Deine Karriere steht und fällt nur durch mich. Wenn ich den Mund halte, geht es dir gut, wenn ich ihn aufmache, bist du arbeitslos«, schallte Esches drohende Stimme durch das Zimmer. Kein Geräusch aus den Nebenzimmern war zu hören, kein Telefonklingeln, keine Stimmen, nichts. Sie waren ganz allein, Anke konnte keine Hilfe erwarten.
    »Worüber den Mund halten?«, fragte sie, um ihn hinzuhalten. Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft, um aus dieser Situation zu entkommen.
    »Über deine ganz persönlichen Motive! Du hast schon einmal aus persönlichen Motiven die Kollegen von der richtigen Spur abgelenkt und nun tust du wieder genau dasselbe. Menschen fallen eben immer wieder in ihr altes Verhaltensmuster zurück. Es sind doch persönliche Motive gewesen, die Ermittlungen von Robert abzulenken. Du hattest auch ganz persönliche Motive, Hübner in seinen sicheren Tod rennen zu lassen. Du wusstest ganz genau, dass nur du ihn hättest aufhalten können, weil er nur deinetwegen so besessen von der Idee war, den Fall allein aufzuklären. Ich hatte alles Mögliche unternommen, ihn davon abzuhalten. Aber er war wie von Sinnen, weil er dir beweisen wollte, wie großartig er ist.« Sein sadistischer Unterton war nicht zu überhören.
    Anke war der Verzweiflung nahe. Ausgerechnet diesen Vorwurf musste er ihr machen, den sie sich selbst schon zur Genüge gemacht hatte. Esche hatte auf ihren wunden Punkt gezielt und er hatte ins Schwarze getroffen. Vor ihm musste sie sich gründlich in Acht nehmen. Aber wie sollte sie nun reagieren, um ihn nicht merken zu lassen, was wirklich in ihr vorging.
    »Das sind doch nur Spekulationen«, sagte sie trocken, bemüht, sich keine Blöße zu geben.
    »Oh nein. Ich habe ein Bandgerät und habe euer Gespräch mitgeschnitten. Du weißt doch, dass wir immer mit Aufnahmegeräten arbeiten müssen, damit uns wichtige Details nicht verloren gehen.«
    Wieder lachte er siegessicher.
    Diese boshafte Hinterhältigkeit machte Anke für einen kurzen Augenblick mundtot. Esche trat einen Schritt auf sie zu. Jetzt nur nicht den Kopf verlieren. Ihr Herz raste wie wild und ihre Schläfen pochten so heftig, dass sie glaubte, ihr Kopf müsse platzen. Hastig griff sie in ihre Schublade und zog den Schlagstock heraus, den sie schützend vor sich hielt.
    »Na, na! Vielleicht genierst du dich einfach nur, zuzugeben, wie gern du es hast!«, schmeichelte er anzüglich. »Aber das werde ich ändern. Glaub mir, ich kenne deine Vorlieben, die du vor mir nicht verstecken kannst! Deshalb werden wir grenzenlosen Spaß miteinander haben und du wirst hinterher nicht mehr genug von mir bekommen.«
    »Verschwinde, oder ich rufe unten an der Pforte an«, rief Anke voller Ekel und Verzweiflung. Das Telefon hatte sie schon im Auge, es stand direkt vor ihr auf dem Schreibtisch.
    Doch Esche ließ sich nicht im Geringsten einschüchtern, ging um den Schreibtisch herum und wollte nach Ankes Arm greifen, als sie reflexartig mit ihrem Schlagstock einfach zuschlug und ihn sofort seitlich am Kopf traf. Völlig überrascht schaute Esche sie an, wurde aschfahl im Gesicht und sackte langsam zusammen. Regungslos lag er vor ihr auf dem Boden.
    Erschrocken beugte Anke sich zu ihm nieder, um seinen Puls zu fühlen, als er die Augen wieder öffnete und mit einem hämischen Grinsen nach ihrem Arm griff. »Deine Sorge um mich rührt mich wirklich«, meinte er und riss sie an sich. Anke stieß einen Entsetzensschrei aus und wollte sich losreißen, aber Esche war stärker. Der Schlag auf den Kopf war nicht so fest gewesen, wie Anke befürchtet hatte. Blitzschnell war Esche auf den Knien und zwang Anke auf den Rücken. Als er sie an beiden Armen festhaltend niederdrückte, zischte er zynisch: »Du wolltest es nicht anders, jetzt machen wir es eben unter meinen Bedingungen!«
    Für den Bruchteil einer Sekunde ließ er ihren rechten Arm los, um ihre Bluse aufreißen zu können. Diese Sekunde nutzte Anke, griff blitzschnell den Schlagstock und schlug getrieben von einer atavistischen Wut auf ihn ein. Mehrmals zielte sie auf seine Oberarme, um ihn abwehrunfähig zu machen, doch als er sich aufrichten

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