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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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durchgemacht hatte? Das verlangte von ihr einen Grad an Vertrauen, zu dem sie sich einfach noch nicht bereit fühlte. Deshalb wich sie Roberts Frage aus: »Die Arbeit fällt mir im Moment schwer. Es tut mir so gut, hier zu sein. Das gibt mir das Gefühl, dass es noch eine andere Seite im Leben gibt – eine schönere!«
    Robert reagierte mit einem zufriedenen Lächeln. Sie selbst war heilfroh über ihre Antwort, weil sie nichts Unwahres gesagt hatte. Anlügen wollte sie Robert auf keinen Fall. Außerdem wurde ihr wieder ganz warm ums Herz, als sie Rondo hinter ihr mit den Hufen auf den Boden scharren hörte, was bedeutete, dass sie ihn nicht vergessen sollte. Lachend drehte sie sich zu ihm um und streichelte sein weiches Fell.
    Eine erholsame Stille herrscht am Stall, richtig wohltuend im Vergleich zu der spannungsgeladenen Stimmung auf der Polizeidienststelle, überlegte Anke. Sie genoss diese Ruhe, sog sie begierig in sich auf, in der Hoffnung, selbst auch wieder zu ihrer gewohnten Gelassenheit zu kommen.
    Als sie in den Sattel stieg, spürte sie, wie jegliche Anspannung von ihr abfiel. Auf Rondos Rücken war die Welt für sie wieder in Ordnung, dort konnte sie ihre Sorgen vergessen. Der Spruch  Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde  enthält viel Wahrheit.
    Im Schritt ritten sie auf den Weg, der direkt an der Scheune vorbei in den Wald führte. An der ersten Gabelung schlugen sie den neuen Weg ein, Robert ritt voraus.
    *
    Der Reitstall lag auf einer Anhöhe von Gersweiler, umgeben von grünen Koppeln mit grasenden Pferden, vom angrenzenden Wald, aus dem ein schmaler Reitweg bis an den Rand der Scheune führte, und von einem großen Reitplatz, auf dem die Reiter mit ihren Pferden arbeiteten. Der strahlende Sonnenschein tauchte das ganze Anwesen in ein ungetrübtes Licht. Einige Pferde warteten an der Anbindestelle, wo sie von ihren Reitern geputzt und gesattelt wurden. Gäste saßen auf der sonnigen Terrasse der Reiterklause und tranken ein kühles Bier.
    Die Polizeieskorte erregte sofort Erstaunen und Gaffsucht. Neugierig eilten sie dem Aufgebot an Polizisten entgegen und fragten, was geschehen war. Kullmann erklärte ihnen nur, dass sie Robert und Anke suchten. Auf die Antwort der Reiter, die beiden seien in den Wald geritten, fragte er nach den Wegen, die bei Ausritten benutzt würden.
    Doris Sattler, die Kullmann noch gut kannte seit dem Verhör vor einigen Tagen, antwortete schnippisch: »Hier gibt es viele Wege. Meinen Sie, Robert nimmt immer denselben?«
    »Wenn Sie uns keine kompetente Auskunft geben, können Sie sich ihre patzigen Bemerkungen sparen oder ich belange Sie wegen Behinderung der polizeilichen Arbeit!«, konterte Kullmann so ungehalten, dass Doris erschrak.
    »Warum »Behinderung der polizeilichen Arbeit«?« »Was ist denn passiert?«, redeten nun die umstehenden Reiter auf einmal los, weil sie nicht wussten, dass Gefahr im Verzug war. Da erkannte Kullmann, dass er voreilig gewesen war mit dieser Bemerkung, was er seiner großen Sorge zuschrieb. Sofort bemühte er sich, die verwirrten Reiter wieder zu beruhigen, aber er konnte ihre Zweifel nicht ausräumen.
    Obwohl Doris am heftigsten protestierte, warf sie einen Blick auf die topografische Karte und gab zu verschiedenen Reitwegen ihre Erklärungen ab. Auf Kullmanns Frage hin, an welchen Stellen es besonders gefährlich sei zu reiten, fragte sie scheinbar erstaunt: »Haben Sie Angst, dass Anke vom Pferd fallen kann?«
    »Ich weiß, dass Anke noch nicht lange genug reitet«, erklärte Kullmann dankbar für diese Lösung, die Doris ihm in den Mund gelegt hatte.
    Die anderen Reiter blieben misstrauisch. Einer traf den Kern: »Und warum dieses Großaufgebot an Polizei? So schlecht reitet Anke nun auch wieder nicht, dass man sie mit einem Sondereinsatzkommando der Polizei retten müsste.«
    Das Lachen der Reiter bekam einen spöttischen Unterton. Nur Kullmann ließ sich davon nicht ablenken und schaute auf Doris, die ihm seine Frage noch nicht beantwortet hatte.
    »Es kommt darauf an, in welchem Waldstück sie reiten«, überlegte Doris. »Die beiden sind schon sehr lange weg, das könnte bedeuten, dass sie in den Stiftswald nach Klarenthal geritten sind. Dort gibt es viele gefährliche Stellen!«
    Sie zählte einige auf.
    »Und hier auf dem Schanzenberg?«
    Auch in diesem Waldstück nannte sie verschiedene gefährliche Passagen, darunter auch den bewaldeten Hügel, unter dem die Eisenbahnschienen des Messebahnhofs

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