Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
Vom Netzwerk:
Auseinandersetzung hatte!«
    Sofort nahm Kullmann den Telefonhörer ab und wählte Ankes Privatnummer. Aber es meldete sich niemand. Kullmann wurde unruhig und zerrte an seiner Krawatte. Er hatte sie nur angezogen, weil an diesem Tag ein neuer Kollege in seiner Abteilung eingestellt worden war.
    Erik Tenes betrat zufällig das Büro und ließ sich von Kullmann berichten, was geschehen war. Der neue Kollege schenkte allerdings Esches Kopfverletzung keine besondere Aufmerksamkeit, was Kullmann in seiner Sorge um Anke gar nicht bemerkte.
    »Wo könnte Anke stecken?«, fragte der Alte mehr sich selbst als seinen Kollegen Esche.
    »Bestimmt bei Robert. Die beiden sind seit dem Turnier am Sonntag ein Liebespaar.«
    »Du bist aber erstaunlich gut über Ankes Privatleben aufgeklärt«, stellte Kullmann fest. »Was macht dich da so sicher?«
    »Wie ich schon sagte, Hübner hat die beiden beobachtet und mir alles berichtet!«
    Kopfschüttelnd vor Entrüstung wählte Kullmann die Telefonnummer des Reitstalles. Zum Glück bekam er eine Verbindung: »Ich möchte Anke Deister sprechen!«
    »Sie ist ausgeritten!«, bekam er als Antwort.
    »Alleine?«, blaffte Kullmann erschrocken in den Hörer.
    »Nein, machen Sie sich mal keine Sorgen! Robert ist bei ihr, er kennt sich gut aus und kann auch sehr gut reiten. Da passiert schon nichts!«, schallte die Stimme völlig zuversichtlich durch den Hörer.
    Plötzlich hatte Kullmann nur noch einen einzigen Gedanken: Anke ist in Lebensgefahr.
    Getrieben von seiner Sorge machte er sich mit Esche und Erik Tenes schleunigst auf den Weg. Über das Handy informierte er zusätzlich das Sondereinsatzkommando und veranlasste die Beamten, sich mit ihnen am Stall zu treffen. Mit einer topografischen Karte des Waldgebietes vom Schanzenberg ausgerüstet eilten sie zum Parkplatz für Polizeifahrzeuge, mussten aber ernüchtert feststellen, dass kein Fahrzeug zur Verfügung stand, das für Geländefahrten geeignet war. In die Verwirrung tönte Esche: »Nehmen wir meinen Wagen, der kommt überall durch!«
    Obwohl es nicht üblich war, mit Privatfahrzeugen zum Einsatz zu fahren, war Kullmann über diese Alternative sehr erleichtert, weil er spürte, dass Gefahr im Verzug war. Postwendend eilten sie auf Esches Wagen zu, einen nagelneuen Mercedes-Geländewagen, silbermetallic. Trotz der brisanten Situation hatte Kullmann Zeit, das luxuriöse Auto zu bestaunen.
    *

Anke atmete die herrliche Frühlingsluft ganz tief ein und genoss das gemächliche Treiben am Reitstall bei strahlendem Sonnenschein. Sie versuchte damit Abstand zu dem schrecklichen Erlebnis zu gewinnen, was ihr allerdings nicht so leicht gelang. Ständig sah sie sich in dem einsamen Büro unter Esche liegen, spürte die Panik, die sich in ihr ausgebreitet hatte, von Neuem, als sei sie in einer Zeitschleife hängen geblieben und dazu verdammt, immer wieder das gleiche Grauen durchzumachen. Zum Glück fand sie Rondo in seiner Box vor; er war nicht im Schulbetrieb eingesetzt. Während sie ihn herausführte und zur Anbindestelle führte, trat Robert zu ihr und meinte lächelnd: »Heute reiten wir einen neuen Weg. Du wirst staunen, wie wunderschön unser Wald ist.«
    Als Anke in sein strahlendes Gesicht sah, spürte sie in aller Heftigkeit den ganzen Schmerz, den Esche ihr angetan hatte. Was hatte Esche für ein teuflisches Spiel getrieben? Nichts hatte er dem Zufall überlassen. Mit allen Mitteln hatte er erreichen wollten, ihre Gefühle zu Robert als berechnend abzustempeln. Er hatte Anke vorgeworfen, Robert als persönliches Motiv zu benutzen, um von der richtigen Spur abzulenken; dabei liebte sie Robert ohne Hintergedanken. Schlagartig spürte sie, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Sie versuchte, die Tränen zu verbergen, indem sie ihr Gesicht in Rondos Mähne drückte. Trotz größter Mühe gelang es ihr nicht, Esches heimtückischen Überfall und ihre verzweifelte Notwehr aus ihrem Kopf zu verbannen. Es belastete sie, weil alles so beschämend war. Robert spürte, wie entmutigt sie war. Kraftlos wollte sie die Tränen aus den Augen wischen, aber Robert sah es und fragte: »Anke, was bedrückt dich? Wenn es etwas gibt, was du dir von der Seele reden willst, dann tu es doch bitte. Ich will dir gern helfen.«
    Überrascht drehte sie sich um und schaute in sein Gesicht. Aus seinen Augen sprach eine ehrliche Sorge, die sie zutiefst rührte. Aber sollte sie sich ihm wirklich anvertrauen? Sollte sie ihm wirklich erzählen, was sie im Büro

Weitere Kostenlose Bücher