Kullmann
hindurchführten.
Kullmann eilte zu den Kollegen zurück und rief: »Wir haben nicht mehr viel Zeit!«
Er zeigte den Sondereinsatzbeamten die verschiedenen Stellen in den beiden Wäldern, die sie so schnell wie möglich absuchen sollten. Er selbst machte sich zusammen mit Esche, Erik Tenes und einigen Beamten des Spezialkommandos auf den Reitweg, der an der Scheune vorbei in den Wald führte. Reiter, die ihnen begegneten, fragte Kullmann durch das geöffnete Seitenfenster: »Haben Sie Robert Spengler und Anke Deister gesehen?«
Eine der beiden Reiterinnen meinte: »Ich habe Robert gesehen, wie er im schnellen Galopp an uns vorbei ist. Aber Anke habe ich nicht gesehen!«
Kullmann brach der Schweiß aus. Sollte er zu spät gekommen sein?
»Wo war das?«
Die Frau zeigte auf einen Weg, dessen Verlauf sehr unübersichtlich war. Wie in einem Labyrinth gab es dort Weggabelungen, die Kullmann im Unklaren darüber ließen, für welchen Weg Robert und Anke sich entschieden hatten. Nichts gab ihnen einen Hinweis darauf, wo die beiden waren. Die Hufspuren verwischten sich in dem trockenen Waldboden, so dass sie den Polizeibeamten nicht weiterhalfen.
»Haben Sie gesehen, welche dieser Abzweigungen Robert genommen hat?«
Eine Weile überlegte sie und schüttelte bedauernd den Kopf.
»Und Anke? Kann es denn sein, dass sie weiter hinter ihm geritten ist?«, machte er sich neue Hoffnung.
»Normalerweise bleiben die Pferde immer dicht zusammen!«, schüttelte die Reiterin den Kopf.
»Was wollen Sie damit sagen?«, hakte Kullmann verzweifelt nach. Nun erst erkannte er, dass seine geringen reiterlichen Kenntnisse seinen Einsatz erschwerten.
»Dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Anke mit Robert ausgeritten ist«, erklärte die Reiterin.
*
Der neue Weg, den Robert ihr so schmackhaft gemacht hatte, ging sehr steil bergab, so dass Anke Mühe hatte, sich im Sattel zu halten. Die Bewegungen ihres Pferdes waren unrhythmisch und schwankend. Durch die Eindrücke ihres Sturzes fühlte sie sich unwohl im Sattel. Ständig befürchtete sie, dass Rondo eine falsche Bewegung machen und sie kopfüber in die Tiefe stürzen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Als sie im Tal angekommen waren, schaute Robert zu ihr zurück und lachte über ihre entsetzte Miene.
»Wie kannst du da lachen?«, schimpfte Anke.
»Du siehst so süß aus, wenn du verängstigt bist. Eigentlich steht dir das gar nicht!«
Verblüfft schaute sie Robert an, aber der lachte nur und ritt weiter. Dieses Verhalten empfand sie als rücksichtslos. Aber zu Ankes Glück waren die Wege nun eben und einfach für sie zu reiten. Trotzdem brauchte sie lange, bis sie sich wieder wohl fühlte. Der Wallach ging sehr brav hinter Nepomuk her, so dass Ankes Bedenken sich verflüchtigten. Bald fühlte Anke sich wieder so sicher, dass sie selbst dazu drängte, zu galoppieren. Robert gefiel der Vorschlag. Er gab seinem Pferd das Kommando anzugaloppieren, was der große Braune auch gemütlich tat. Anke folgte seinem Beispiel, gab Rondo ebenfalls das Kommando zum Angaloppieren, doch Rondo reagierte ganz anders, als sie erwartet hatte. Obwohl der Reitweg sehr schmal war, schaffte sie es nicht, mit ihrem Pferd hinter Nepomuk zu bleiben. Rondo drängte sich zwischen den dichten Hecken und Nepomuk vorbei nach vorne, ohne sich von Ankes Bemühungen, ihn zurückzuhalten, beeinflussen zu lassen. Als Anke mit Robert auf gleicher Höhe war, rief er ihr zu: »Lass ihn einfach ein bisschen rennen. Das tut ihm gut. Ich bin hinter dir, es kann dir gar nichts passieren!«
Aber auch ohne diesen Kommentar hätte Anke Rondo rennen lassen, weil sie einfach keine Einwirkung mehr auf ihn hatte. Im schnellen Tempo ging es nun über die schmalen Wege. Tief hängende Äste peitschten Ankes Gesicht, weil sie sich nicht schnell genug ducken konnte. Die Wege führten steil bergauf und bergab, was Rondo nicht beeindruckte. Immer noch zog Anke ganz verzweifelt an den Zügeln, aber sie erreichte nur das Gegenteil. Rondo wurde immer schneller unter ihr. Vor Angst schrie sie auf, womit sie ungewollt das Pferd noch mehr anheizte. Von Nepomuk hörte sie nichts mehr hinter sich, sie hatte ihn längst abgehängt.
Dieser Wahnsinnsgalopp kam ihr endlos vor, bis Rondo endlich müde wurde. Diese Gelegenheit nutzte Anke gleich, um ihn durchzuparieren. Als sie im Schritt ging, konnte sie ihren Atem wieder beruhigen; sie drehte sich um und stellte entsetzt fest, dass sie alleine war. Lange dauerte es, bis Robert mit
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