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Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Titel: Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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wie
möglich geschehen.«
    »Es würde sie durcheinanderbringen.«
    »Das läßt sich nicht vermeiden. Es ist zu ihrem
eigenen Wohl.« Ich öffnete die Augen und ließ etwas
aufblitzen, von dem ich hoffte, daß es ein augenfällig
mühsames Lächeln war, mit dem ich die ferngesteuerte Drohne
des Schiffes bedachte; sie saß in einer leicht trunkenen
Schrägneigung auf der Armlehne der Couch. Dann schloß ich
die Augen wieder.
    »Vielleicht wäre es das, aber darum geht es nicht,
genaugenommen .«
    »Worum geht es dann, genaugenommen?« Ich kannte die
Antwort nur allzugut im voraus, dock ich gab die Hoffnung nicht auf,
daß das Schiff noch einen überzeugenderen Grund vorbringen
könnte als den, den es, wie ich wußte, anführen
würde. Vielleicht eines Tages.
    »Wie«, ließ das Schiff durch die Drohne fragen,
»können wir sicher sein, daß wir das Richtige tun?
Woher wissen wir, was zu ihrem eigenen Wohl ist – oder sein
würde, ohne daß wir über eine längere Zeit
vergleichbare Interessensgebiete – in diesem Fall Planeten
– beobachten und die Auswirkungen des Kontakts und des
Nicht-Kontakts miteinander gegeneinander abwägen?«
    »Inzwischen müßten wir darüber eigentlich
Bescheid wissen. Warum sollten wir diesen Ort einem Experiment
opfern, dessen Ergebnisse wir längst kennen?«
    »Warum sollten wir ihn deinem ruhelosen Gewissen
opfern?«
    Ich öffnete ein Auge und sah die ferngesteuerte Drohne auf
der Armlehne der Couch an. »Gerade eben waren wir noch einhellig
der Ansicht, daß es nur zum Besten dieser Leute wäre, wenn
wir zu ihnen kämen. Versuche nicht, das Thema zu vernebeln. Wir
könnten es tun, und wir sollten es tun. Das ist meine
Meinung.«
    »Ja«, sagte das Schiff, »aber selbst wenn, dann
gibt es auf jeden Fall erhebliche technische Schwierigkeiten in
Anbetracht der Vergänglichkeit der Situation. Sie leben auf
einem spitzen Horn; eine extrem heterogene und in höchstem
Maße verflochtene – und unter Spannung verflochtene –
Zivilisation. Ich bin nicht sicher, ob ein einziger
Annäherungsversuch alle Bedürfnisse ihrer verschiedenen
Systeme umfassend berücksichtigen könnte. Ihr spezieller
Entwicklungsstand in der Kommunikation, die bei ihnen Schnelligkeit
und Selektivität vereint, indem meistens dem eigentlichen Signal
etwas hinzugefügt und fast immer etwas weggelassen wird,
bedeutet, daß das, was für die Wahrheit gehalten wird,
sich häufig mit der Geschwindigkeit versagender Erinnerungen,
sich wandelnder Einstellungen und neuer Generationen verändert.
Selbst wenn diese Form der Unzulänglichkeit erkannt wird,
unternehmen sie in der Regel nichts anderes, als sie zu
verschlüsseln, zu manipulieren, eine äußere Ordnung
hineinzubringen. Ihr Bemühen um eine Läuterung wird zu
einem Teil des Trubels, und offenbar sind sie nicht in der Lage, sich
auf andere Weise mit der Angelegenheit auseinanderzusetzen als durch
solche Gedanken, die zu dem Versuch führen, etwas zu
vereinfachen, das nur zu begreifen ist, wenn man es mit seiner
Kompliziertheit aufnimmt.«
    »Äh… richtig«, sagte ich und versuchte immer
noch dahinterzukommen, wovon das Schiff eigentlich sprach.
    »Hmm«, ließ sich das Schiff vernehmen.
    Wenn sich das Schiff mit einem ›Hmm‹ äußert,
dann weiß es nicht mehr so recht weiter. Das Unding nimmt sich
nie nennenswerte Zeit zum Nachdenken, und wenn es so tut als ob, dann
wartet es mit Sicherheit darauf, daß man seinerseits etwas zu
ihm sagt. Ich überlistete es jedoch; ich sagte nichts.
    Doch dann überlegte ich, über was wir eigentlich
sprachen und was jeder von uns seinen Worten nach dachte, und ich
versuchte mir vorzustellen, um was es in Wirklichkeit ging. Ich
glaube, daß das der Moment war, in dem es beschloß, mich
so zu benutzen, wie es dann geschah. Dieses ›Hmm‹
kennzeichnete die Entscheidung, die bedeutete, daß ich auf die
gleiche Weise in der Sache drin hing, wie ich in der
Linter-Geschichte mit drin hing, und das war es, worüber sich
das Schiff in Wahrheit Sorgen machte, worüber es mich den ganzen
Abend über, während des Essens und danach, durch seltsame
eingestreute Bemerkungen, durch gelegentliche Fragen aushorchen
wollte. Aber damals durchschaute ich das nicht. Ich war einfach
schläfrig und satt und zufrieden und warm und lag da und
unterhielt mich mit der dünnen Luft, während die
ferngesteuerte Drohne auf der Armlehne der Couch saß und sich
ihrerseits mit mir unterhielt.
    »Ja«, seufzte das Schiff schließlich, »trotz
all unserer

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