Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können
von Kunst sind seine Werke nicht mehr individuell und einzigartig. Er produzierte sie dutzendfach. Reproduktion und Original lassen sich nicht mehr unterscheiden. Warhol setzte sich mit der Frage von Echtheit und Original in der Kunst auseinander, über die der deutsche Gesellschaftstheoretiker Walter Benjamin 1935 einen viel beachteten Aufsatz mit dem Titel »Das Kunstwerk in den Zeiten seiner technischen Reproduzierbarkeit« verfasst hatte. Nach Benjamin verfügt das Original über eine Aura, dieder Kopie nicht zu eigen ist. Von Warhol (und Benjamin) angeregt, können wir darüber nachdenken, warum uns ein Werk, das zum Beispiel Rembrandt selbst geschaffen hat, so viel wertvoller erscheint als eines, das nur aus Rembrandts Werkstatt kommt. Oder gar eine Fälschung ist.
Unser Verhältnis zur Kopie ist dabei gar nicht so eindeutig, wie es scheint. Im Internet können wir für wenige Euro Ölgemälde bestellen, für die fleißige chinesische Maler die Vorlagen alter Meister kopiert haben. Bei echten Kunstfreunden erntet man mit diesen Gemälden nur Verachtung. Warum eigentlich? In den Antikensammlungen der Museen gibt es schließlich unzählige Skulpturen, bei denen es sich um römische Kopien griechischer Originale handelt – oftmals Massenprodukte. Selbst eine der bedeutendsten Skulpturen der Welt, die Laokoon-Gruppe in den Vatikanischen Museen in Rom, ist nur eine Kopie (siehe Kapitel Bildhauerei). Darauf verweist Andy Warhols künstlerischer Ansatz.
Georg Baselitz übt den Kopfstand
Zum Schluss soll die Frage, welche Sehgewohnheiten der Künstler durchbrechen will, noch auf einen der wichtigsten deutschen Maler der Gegenwart angewendet werden, auf Georg Baselitz . Er wurde 1938 in der Oberlausitz geboren, in der DDR wegen »gesellschaftlicher Unreife« von der Ostberliner Kunstakademie geworfen und siedelte 1957 nach Westdeutschland über. In den 70er-Jahren begann er, seine Motive auf den Kopf zu stellen. Umgedreht erscheint dem Betrachter plötzlich selbst Gegenständliches abstrakt. Indem Baselitz unsere Erwartung, nämlich dass ein Bild »richtig herum« aufgehängt werden muss, durchbricht, lenkt er den Blick weg vom Motiv zurück auf die Malerei an sich.
Moderne Kunst versteht sich als Anstoß zum Weiterdenken. Natürlich ist es für uns Zeitgenossen schwierig zu entscheiden, welche Werke überdauern und welche dereinst vergessen sein werden. Der eingangs zitierte Albert Wolff war ja ein zu seiner Zeit sehr angesehener Kunstkritiker. Es ist deshalb nicht schlimm, wenn wir uns über Kunst einmal mächtig aufregen, zum Beispiel, wenn der Wiener Aktionskünstler Hermann Nitsch bei seinem Orgien-Mysterien-Theater sich und andere mit Blut und Schleim beschmiert. Aber wir sollten dabei nicht stehen bleiben. Wenn wir uns fragen » Warum rege ich mich so auf?«, lernen wir etwas über uns selbst. Damit hätte Moderne Kunst ihr Ziel erreicht.
Zehn bedeutende Künstler der Gegenwart
1. Gerhard Richter (*1932). Die deutsche Malerei der Gegenwart steht unumstritten weltweit an der Spitze. Und einer ihrer herausragenden Vertreter ist der in Dresden geborene Gerhard Richter. Richter experimentiert mit vielen Stilen. Es fällt auf, dass er oft Fotos als Vorlage für seine Gemälde benutzt.
2. Sigmar Polke (1941–2010). In Schlesien geboren, siedelte Polke mit seinen Eltern 1953 in den Westen über. Seine Bilder zeichnen sich durch Ironie und Witz aus. Zusammen mit Gerhard Richter war er Gründer einer Gruppe, die sich »Kapitalistischer Realismus« nennt – eine Anspielung auf den von Stalin verordneten Sozialistischen Realismus.
3. Georg Baselitz (*1938). Der Maler steht in der Tradition des deutschen Expressionismus. Übrigens: Baselitz besitzt eine der bedeutendsten Privatsammlungen afrikanischer Kunst in Deutschland.
4. Bruce Naumann (*1941). Der amerikanische Konzeptkünstler hat zunächst Physik und Mathematik studiert. Er schafft vor allem Installationen, eine Besonderheit der Modernen Kunst.
5. Anselm Kiefer (*1945). Ein weiterer deutscher Maler, der in seinen Bildern die nationalsozialistische Vergangenheit reflektiert.
6. Ai Weiwei (*1957). Der in Peking geborene chinesische Konzeptkünstler setzt sich mit der politischen Entwicklung seines Landes auseinander.
7. Cindy Sherman (*1954). Das Hauptinteresse der amerikanischen Fotokünstlerin gilt der weiblichen Körperlichkeit.
8. Rosemarie Trockel (*1952). Die in Schwerte geborene deutsche
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