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wieder in den 70er-Jahren erholen konnte.
Im Genre der Komödie gibt es zwei Namen, an denen kein Weg vorbeiführt: Ernst Lubitsch (1892–1947) und Billy Wilder (1906–2002) – beide übrigens jüdische Emigranten aus Mitteleuropa. Die Leichtigkeit, ja, Eleganz, mit der Lubitsch in »Ninotschka« (1939) und »Sein oder Nichtsein« (1942) die beiden totalitären Systeme jener Zeit, den Nationalsozialismus und den Kommunismus, der Lächerlichkeit preisgibt, ist bis heute beispielhaft. Wilders »Manche mögen’s heiß« (1959; mit Marilyn Monroe, Jack Lemmon und Tony Curtis in den Hauptrollen) gilt vielen Filmfreunden bis zum heutigen Tag als beste Filmkomödie aller Zeiten – oft kopiert, bisher aber nie erreicht.
Wenn es um das europäische Kino geht, sollte man vor allem zwei große Filmländer beachten: Italien und Frankreich. Die Italiener haben nach dem Zweiten Weltkrieg mit besonders kargen, spröden, realistischen Bildern einen Stil geprägt, der zwar den Nöten der Zeit in Europa geschuldet war, aber zugleich bis nach Hollywood ausstrahlte. Für diesen Stil steht vor allem der Regisseur Roberto Rossellini (1906–1977; »Rom, offene Stadt«, »Stromboli«). Auch Federico Fellini (1920–1993) filmte zunächst in dieser Tradition, zum Beispiel sein wunderbar poetisch-melancholisches Drama »La Strada« (1954). Später wurden seine Filme zusehends opulenter, beispielsweise»La dolce vita« (1960), und bekamen schließlich etwas Revuehaftes, Groteskes wie »Fellinis Roma« (1972).
Als der französische Meisterregisseur gilt François Truffaut (1932–1984). Truffaut wollte mit dem nach Perfektion strebenden Kino brechen und forderte ein »unperfektes Kino der Autoren«. Ironischerweise sind gerade ihm einige Liebesfilme und Melodramen gelungen, die in ihrer Dichte und Melancholie bis heute ihresgleichen suchen. »Jules und Jim« und »Die süße Haut« aus den 1960er-Jahren sind zweifellos das, was viele Zuschauer als »typisch französische Filme« empfinden. Ein weiterer Filmerneuerer ist Jean-Luc Godard (*1930), der mit seinen Bild- und Erzählexperimenten Truffaut zweifellos noch übertrifft. Sein Gangsterdrama »Außer Atem« (1959) mit Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg verwirrt den Zuschauer auf den ersten Blick mit harten Schnitten und Bildsprüngen. Bis heute lehnen sich zahlreiche experimentelle Filme an diesen betont obercoolen Klassiker an.
Von François Truffaut stammt übrigens eines der berühmtesten Bücher über das Kino. Seine Interviews mit Alfred Hitchcock, veröffentlicht unter dem Titel: »Wie haben Sie es gemacht, Mr. Hitchcock?«, zeigen Bewunderung für einen Hollywood-Regisseur, der seine Wurzeln im europäischen, britischen Kino hat. Hitchcocks große Kunst bestand im Aufbau von Suspense, also Spannung, oder besser gesagt: Anspannung. Ein Thriller ist nach Hitchcocks Philosophie nur dann gut, wenn er die Bedrohung eines Verbrechens, einer Bluttat nicht etwa direkt zeigt. Vielmehr sollen seine Bilder nur andeuten, dass gleich etwas passieren wird, sodass sich der Zuschauer die Schrecklichkeit des Geschehens viel wirkungsvoller in seiner eigenen Vorstellung ausmalt. Auf diese Weise löst der sich nähernde Schatten hinter dem Duschvorhang in »Psycho« (1960) mehr Horror aus, als es eine explizit gezeigte Mordszene je könnte. An diesem Grundprinzip des Spannungsaufbaus kommt bis heute kein Thriller-Regisseur vorbei.
In der Bundesrepublik Deutschland setzten die Produzenten im Kampf gegen das erstarkende Fernsehen zunächst vor allem auf Heimat- und Schlagerfilme, bis Ende der 60er-Jahre eine Welle von Aufklärungs- und Softsexstreifen die Kinos überschwappte. Gegen diese Verödung protestierte eine Riege jüngerer Regisseure: Der »Neue Deutsche Film« sorgte mit anspruchsvollen, politisch kontroversen Kinofilmen in den 70er-Jahren für zahlreiche Debatten, vor allem aber für neues Interesse am deutschen Film. Volker Schlöndorff (*1939) schuf 1978 mit der »Blechtrommel« nach dem Roman von Günter Grass eine der besten Literaturverfilmungen aller Zeiten und holte nach langer Zeit wieder einen Oscar nach Deutschland. Wim Wenders (*1945) drehte mit »Der amerikanische Freund« 1977 die bis dahin gelungenste Verfilmung eines Kriminalromans von Patricia Highsmith.
Im Mittelpunkt dieser Zeit stand aber der geradezu manisch filmschaffende Rainer Werner Fassbinder, dessen emotional erzählte Geschichten aus dem bundesdeutschen Alltag, vor allem aber über die deutsche Nazi-
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