Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
ich ihn nicht erreichen konnte. Aber
bei ihr?«
»Möglicherweise
hat sie ein erfülltes Privatleben«, konterte Wiener mit schlecht verhohlenem
Neid.
»Dieser
Text, Akte Rosenfeld, das ist die typische Geschichte vom unerwarteten Erfolg.
Und ganz ehrlich, ich glaube, sie ist ganz ähnlich wirklich passiert. Frau
Holzmann hat gesagt, ihr Mann habe Visionen von Geldvermehrungsprojekten gehabt – aber
im Grunde sei er fantasielos gewesen. Also wird er wohl nah an der Realität
geblieben sein. Ein Koffer voller Geld! Die Freunde machen sich keine Gedanken
darüber, woher der Segen kommt. Ich gehe davon aus, dass sie Drogen gefunden
haben, die sie erst zu Geld machen mussten. Die ganze Angelegenheit ist aus dem
Ruder gelaufen, nicht einer ist reich geworden.«
»Von
Grendke wissen wir das nicht. Der ist damals verschwunden. Wie wir jetzt
wissen, hat er noch jahrelang an einem unbekannten Ort gelebt. Könnte doch
sein, dass der das Geld durchgebracht hat. Als er keines mehr hatte, um für
seine Sicherheit zu bezahlen, kam er in ein Gefangenenlager oder Ähnliches.
Selbst von dort ist ihm noch die Flucht gelungen.«
»Die
Freunde hier suchen nicht nach ihm. Grenzen den Einzigen aus, der keine Ruhe
geben will, der Grendke finden möchte. Hätten sie nicht alle ein Interesse
haben müssen, wenn der Kerl mit dem ganzen Geld getürmt ist?«
»Stell
dir vor, der Besitzer von damals hat herausgefunden, wer damals die Drogen
gestohlen hat. Er bedroht die Gruppe. Die schweigen brav. Nur Heiner Lombard
wusste nichts davon. Deshalb insistierte er auch, bestand auf einer Suche.«
Eine Verschwörung, dachte Wiener zufrieden, ich habe es ja von Anfang an
gewusst.
»Warum
starb er dann ebenfalls?«
»Weil
er zur Gruppe gehörte. Der Mörder weiß nicht, dass er von den Drogen nichts
ahnte«, argumentierte Wiener schwach.
»Gut.
Stell dir vor, John war verwickelt. Vielleicht hat er dafür gesorgt, dass
Grendke losgeschickt wurde, um einen Käufer zu suchen. Er wählte ihn aus, weil
er glaubte, Heiner sei schwul und zu sehr an Maik interessiert. 20 Jahre später
findet Lombard das raus. Seine Mutter hat uns doch erzählt, ihr Sohn habe eine
Waffe besessen, die sie schon längere Zeit nicht mehr gesehen habe. Hm. Gesehen
konnte sie sie doch nur dann haben, wenn Lombard die Waffe im Haus seiner
Eltern zurückgelassen hatte. Also holte er sie irgendwann dort ab. Erschoss
seinen Vater.«
»Und
Frau John brachte ihren Sohn um?«, fragte Wiener ungläubig. »Mörderische
Familie. Erinnert ein bisschen an die Theorie, dass die verbrecherische
Veranlagung vererbt wird. Lombroso, oder?«
»Lombrosos
Idee vom geborenen Verbrecher. Nein. Sie hat ihren Sohn nicht getötet. Die
Überraschung über seinen Tod war echt. Außerdem hätte sie das Grab über dem
Sarg ihres Mannes freischaufeln müssen, um Lombard dort zu bestatten. Dazu
braucht man eine gewisse Fitness – die
sie nicht hat«, widersprach Nachtigall.
»Matern?«
»Matern
hat den Wagen gestohlen. Ein fremdes Auto ohne jeden Bezug zu Brieskowitz.
Vielleicht sollte darin auch der Leichnam Lombards abtransportiert werden. Ob
er mich auch von der Straße gedrängt hat, wissen wir nicht. Wäre Matern an dem
Tag von Johns Tod im Garten gewesen, hätte Frau Schildermacher uns das erzählt.
Und Heiner Lombard war nur ein Abtrünniger unter vielen – welchen
Sinn sollte es haben, ihn noch umzubringen?«
»Was,
wenn einer der Freunde der Täter ist. Langer zum Beispiel?«
32
Silke klingelte zaghaft.
Immerhin
war es eine ungewöhnliche Uhrzeit für einen Besuch.
Als
sich nichts rührte, klopfte sie noch einmal gegen die Tür. Eher als
Rechtfertigung für ihr Gewissen, das nun akzeptieren würde, dass sie alles
versucht hatte.
Ein
seltsames Geräusch drang ins Treppenhaus.
Sie war
also noch auf.
»Silke
Dreier, Polizei. Sie erinnern sich doch bestimmt an mich?«
»Waren
Sie das nicht vorhin an meiner Tür? Und ich denke, ich hatte gesagt, dass ich
keine Lust mehr auf einen Besuch von Ihnen habe!«
»Stimmt
schon. Ich weiß aber, dass Sie schlecht zu Fuß sind. Deshalb habe ich Ihnen ein
bisschen was eingekauft.«
»Das
heißt wohl, ich muss Sie reinlassen«, kommentierte die Stimme unfreundlich.
Silke
seufzte. Ihre eigene Großmutter reagierte durchaus ähnlich. Überraschungen,
auch wenn sie gut gemeint waren, stießen in der Regel auf Ablehnung.
»Ich
kann die Tüte auch auf den Abtreter stellen«, bot sie an.
»Seien
Sie nicht albern!«
Jemand
hantierte mit einem
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