Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
gesagt. Nun ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass man den
Namen des Auftraggebers vergisst, wenn man ihn denn überhaupt erfährt. Und ich
gehe davon aus, dass er ihn nicht erfahren hat. Aber etwas anderes hat er
aufgeschnappt. Nun will er uns das nicht direkt verraten. Berufsehre. Also sagt
er ›Irgendwas mit Wiese‹. Er zeigt seine Bereitwilligkeit, mit uns
zusammenzuarbeiten und behält das Wichtigste doch für sich. Ha! Wenn Menschen
so etwas tun, wählen sie oft ein Wort, das Bezug zum wahren Wort hat. Wiese ist
eine Art Synonym. Feld. Und was ist uns bisher in diesem Fall begegnet, das
einen Bezug zu Feld hat?«
»Das
geht mir zu schnell, Peter. Es ist mitten in der Nacht!«
»Rosenfeld!
Der Hund von Frau Tannenberg. Die Akte Rosenfeld, das Buchmanuskript, das Silke
lesen sollte. Sie hat einen Merkzettel obendrauf geklebt. ›Öde und langweilig – ohne
Bezug zum Fall‹.«
»Ja.
Das hat sie mir auch so erzählt. Vom Tellerwäscher zum Millionär.«
»Genau.
wir fahren jetzt ins Präsidium und sehen nach, ob es sich dabei um eine
Geschichte handelt, in der jemand durch eine Art Wunder zu Geld kommt. Du gehst
zu Matern, fragst ihn, wer in dem Gästezimmer gewohnt hat – und
warum der mich von der Straße gedrängt hat. Dann kommst du zu mir zurück. Wir
müssen Silke finden.«
»Die
liegt wahrscheinlich im Bett und schläft.« Wiener gähnte laut.
»Ich
fürchte, dass tut sie nicht.«
Wiener
beschloss, das Thema nicht zu vertiefen.
Das
Polizeigebäude war schnell erreicht.
Nur
wenige Fenster waren beleuchtet.
Wiener
sehnte sich nach seinem Bett.
»Du suchst Matern – ich
lese den Text quer«, kommandierte Nachtigall und die beiden Freunde trennten
sich auf dem Gang.
Die
Kiste stand unverändert auf Silkes Schreibtisch.
Nachtigall
fuhr zusammen, als ihm klar wurde, dass er zum ersten Mal nicht ›Albrechts
Schreibtisch‹ gedacht hatte. »Weißt du, Albrecht«, murmelte er vor sich hin,
»mit dir wäre ich jetzt nicht in dieser blöden Situation! Du hast dich immer
abgemeldet. Aber das Schlimmste ist, dass ich glaube, dass ich schuld an dieser
Misere bin! Das junge Gemüse hat bemerkt, dass es mir nicht willkommen ist und
nun setzt die junge Frau alles daran, eine tolle Arbeit abzuliefern. Um mir
Respekt abzunötigen. Dummes Kind! Der Kerl ist gefährlich. Der lässt sich nicht
die Butter vom Brot nehmen, geht jedes Risiko ein, sich durchzusetzen. Und am
Ende sitzt die Neue in der Falle.«
Die
Akte Rosenfeld.
Ein
junger Mann aus armem Haus findet zufällig einen Koffer.
Der ist
randvoll mit Geld.
Der
junge Mann überlegt, was er damit beginnen könnte und gründet ein eigenes
Unternehmen. Immer, wenn es ins Trudeln zu geraten droht, öffnet er den Koffer,
in dem sich – welch Wunder – das Geld wieder vermehrt hat.
Er darf nur nie alles rausnehmen. Doch eines Tages …
Was für
eine Geschichte! Nachtigall schüttelte sich. Aber – bingo!
Es passte genau zu dem, was er erwartet hatte.
Er
lehnte sich zurück, schloss die Augen, versuchte sich ein Bild von diesem
Mörder zu machen. Kräftig war er – ohne
Zweifel. Ein muskulöser Oberkörper entstand vor seinem inneren Auge. Er war
entschlossen. Er fügte ein entsprechendes Gesicht dazu. Dunkles Hautkolorit.
Hm, wie dunkel? Dunkle Haare, hatte der Kollege ausgesagt.
Nachtigall
schlug die Augen auf.
Suchte
auf dem Schreibtisch nach dem Bericht zu den Vernehmungen aus der Reha Vita.
Tatsächlich. Handwerker mit Ausrüstung, dunkle Haare, auf dem Weg in die
Umkleidekabine. Man dachte sich nichts dabei, weil die Duschen in diesem
Bereich in der letzten Zeit Probleme gemacht hatten.
Gut. Dunkle
Haare. Risikofreudig. Bilder, die er lieber für immer vergessen hätte,
drängelten sich vor, spielten einen Film für ihn ab. Der dunkle Wagen, der von
der Seite mit Schwung … Das Überschlagen, das verzweifelte Rufen von Michael … Wie
leicht hätte er zu dieser Zeit schon geschnappt werden können.
Er
stand auf, trat an die Aufzeichnungen heran, die an der Wand aufgehängt waren.
John.
Tillmann John war das erste Opfer.
Warum?
Der
Täter war ihm ziemlich nah gekommen, muss mit den Örtlichkeiten vertraut gewesen
sein – schließlich hatte nicht einmal Frau Schildermacher ihn gesehen.
Seine Gedanken kehrten wieder zu Frau John zurück. Sie wollte nicht verkaufen,
die Ehe war schon lang zerrüttet. Nachtigall seufzte, Frau John hatten sie
schon ausgeschlossen.
Und Heiner
Lombard selbst?
Die
beiden Männer hatten keine Beziehung
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