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Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Titel: Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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ein Würgen.
    »Kommen
Sie nur«, bat die alte Dame, die versuchte einen fetten, ergrauten Mischling
hinter ihren Beinen zu halten. »Das ist Rosenfeld. Er ist fast blind. Aber in
seiner Wohnung kommt er gut zurecht.«
    Wiener
trat ein.
    Die Tür
fiel hinter ihm ins Schloss.
    Er
fühlte sich gefangen!
    »Hier
entlang geht’s ins Wohnzimmer. Eingebrochen, sagen Sie? Und Sie sind auch
wirklich Polizist? Keine Uniform?«
    Rosenfeld
watschelte hinter ihr her, die Nasenspitze nur Millimeter von der nackten
Hornhautferse entfernt. Offensichtlich funktionierte der Geruchssinn auch nicht
mehr gut. Wie bei der Dame des Hauses, die ohne Zweifel auch nicht wahrnahm,
dass der Hund seine Notdurft längst überall in der Wohnung verrichtete. Sei nicht
ungerecht, ermahnte sich Wiener, der Hund wird sicher gar nicht mehr
ausgeführt. Wer versorgte die Frau eigentlich? Lebensmittel brauchte sie,
Seife, gelegentlich ein Buch. Arztbesuche?
    »So,
hier ist ein Sessel. Nehmen Sie Platz.«
    Wiener
tat, wie ihm geheißen, zog seinen Ausweis vor.
    »Stimmt
also. Polizei. Eingebrochen! Wurde denn etwas gestohlen?«
    »Das
wissen wir noch nicht«, antwortete er wahrheitsgemäß.
    »Ist ja
leicht zu klären. Sie brauchen ja nur den Heiner zu fragen.«
    Wiener
sah sich unauffällig im Raum um. Alles war von einer öligen Schmutzschicht
überzogen, wirkte klebrig und schmierig, die Fenster waren blind. Das Regal bot
viel freie Fläche, der Fernseher dominierte. Bücher fehlten völlig, eine Vase
wartete so einsam wie vergeblich auf ein paar bunte Blumen. An der Lampe über
dem Wohnzimmertisch hingen fünf lange Fliegenfänger, mit einer klebrigen
Schicht bestrichene Bänder, an denen kaum mehr ein Platz frei zu sein schien.
Gelegentlich war verzweifeltes Brummen zu hören, von denen, die noch über genug
Kraft und Entschlossenheit verfügten, einen Befreiungsversuch zu wagen.
    Plötzlich
entdeckte Wiener im Sessel gegenüber noch etwas anderes. Herrn Tannenberg!
    Seine
Frau musste das Zusammenzucken des Beamten bemerkt haben, denn sie erklärte
ungefragt: »Oh. Mein Mann. Er schläft. Winterschlaf, glaube ich. In diesem Jahr
hat er besonders früh damit begonnen. Keine Angst, es stört ihn nicht, wenn wir
uns unterhalten.«
    »Haben
Sie vielleicht in der letzten Zeit gehört, wie sich jemand unten in der Wohnung
zu schaffen gemacht hat? Er hat Glas zerbrochen und Dinge umgestürzt. Es ist
ziemlich laut zugegangen.«
    Frau
Tannenberg schob den zahnlosen Unterkiefer vor und schmatzte laut, während sie
nachdachte. Wiener ließ in der Zwischenzeit den Herrn des Hauses nicht aus den
Augen. Dessen Kopf war weit in den Nacken gelegt, ruhte auf der Lehne des
Sessels in einer eher unbequemen Haltung, den Mund hielt er weit geöffnet, über
dem Körper lag eine warme Decke, unter die er auch die Arme fast bis zu den
Schultern geschoben hatte. An einigen Stellen waren dunkle Flecken, die seltsam
feucht glänzten. Eigenartig, dachte der Kommissar, vielleicht hat er sich mit
Tee bekleckert.
    Fliegen
landeten auf der Decke, liefen aufgeregt herum, flogen wieder auf.
    »Nein.
Ich habe nichts bemerkt. Wenn wir drei hier sitzen und der Fernseher läuft,
höre ich keine Geräusche aus den anderen Wohnungen oder dem Hausflur. Mein Mann
ist fast taub, wir müssen den Ton ein wenig lauter drehen. Und das ewige
Gesumme hier. Das stört auch. Aber der Heiner wird ja sicher wissen, was
fehlt.«
    »Leider
können wir den Heiner im Moment nicht danach fragen. Der wollte doch in Urlaub,
nicht wahr? Afrika, hat man mir gesagt.« Wiener scheute sich, ihr von dem Mord
zu erzählen.
    »Ach
herrjeh. Dann hat er deswegen schon so lange nicht mehr bei uns reingeschaut.
Bestimmt hat er es mir gegenüber irgendwann erwähnt und ich habe nicht richtig
hingehört. Wissen Sie, er geht sonst nämlich manchmal mit Rosenfeld ein
bisschen vor die Tür. Nicht, dass Rosenfeld noch weit laufen wollte, aber ab
und zu möchte er doch mal draußen nach dem Rechten sehen. Einkäufe erledigt
Heiner dann auch gleich für uns. Die Pflegestufe meines Mannes erlaubt uns
keine Hilfe im Haushalt. Man ist der Auffassung, er könne noch viele Dinge
problemlos allein bewerkstelligen, trotz des Schlaganfalls vor drei Jahren.
Aber er kann im Haushalt nicht helfen oder will es einfach nicht. Und ich
schaffe manches nicht mehr gut allein.«
    Davon
legt der Zustand der Wohnung eindeutig Zeugnis ab, bestätigte Wiener in Gedanken.
    »Normalerweise
hat Heiner dafür gesorgt, dass jemand kam und sich um Sie

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