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Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Titel: Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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schwer orientieren konnte.
    Minuten
später drückte Wiener Frau Tannenberg eine Tasse mit heißem Früchtetee in die
Hand und stellte einen Teller mit Keksen auf den Tisch, sah zu, wie die alte
Frau gierig danach griff und sie in die rote Flüssigkeit tunkte. Klar, dachte
er, ohne Zähne kann sie die ja nicht kauen. Auch der Hund lutschte schmatzend
an einem Butterkeks.
    »Danke!«,
nuschelte Frau Tannenberg und angelte schnell nach einem weiteren Plätzchen.
    Wiener
nahm Peddersen zur Seite.
    »Wo ist
Peter?«
    »Noch
im Haus unterwegs.«
    »Ich
geh noch mal in die Wohnung rauf. Wenn er zurückkommt, dann erzähl ihm bitte,
dass ich glaube, der Mann von Frau Tannenberg sitzt verstorben im Sessel.«
    »Schon
länger?«, fragte der Kollege interessiert.
    »Sieht
so aus und riecht auch so.«
    »Nicht
dein Tag heute, was?«
    Nein,
dachte Michael Wiener, kann man wirklich nicht behaupten.
     
    Der Mann saß unverändert.
    Wiener
tastete am Hals nach der Carotis. Das Gewebe an der Kehle fühlte sich
unnatürlich weich und nachgiebig an. Altershaut? Kein Puls. Aber das hatte er
heute schon einmal gehabt.
    Der
Gestank, den der Körper verströmte, war aus der Nähe kaum zu ertragen.
    Dennoch.
Die Lider bewegten sich. Das war keine optische Täuschung. Gerade, als er eines
anheben wollte, lugte der dicke gelbliche Körper einer Made auf der unteren
Lidkante auf.
    Wieners
Hand zuckte zurück.
    »Dann
gehen wir der Sache mal auf den Grund«, versuchte er sich selbst
Entschlossenheit vorzugaukeln. Trat zur Seite. Packte die Decke. Riss sie mit
einem harten Ruck herunter.
    »Scheiße!
Scheiße!«, schrie er hysterisch schrill auf.
    Drehte
sich um und stürzte würgend aus dem Zimmer.
    Im
Eingang rannte er beinahe in Nachtigall.
    »Hoppla!
Mein Gott, was ist denn mit dir los?«
    Michael
Wiener konnte nicht antworten.
    Er
stemmte im Hausflur die Hände gegen die Wand und versuchte durch tiefes
Luftholen ein Erbrechen doch noch zu verhindern.
    »Geht’s?«,
fragte Nachtigall kurz, und als der Kollege keuchend nickte, drehte er sich um
und ging durch den Flur Richtung Wohnzimmer davon.
     
    Er hatte Schlimmes erwartet.
    Aber
dieser Anblick traf ihn doch unvorbereitet.
    Er
schnappte nach Luft.
    Trat an
den Verstorbenen heran, hob die Decke an, bückte sich, inspizierte gründlich.
    Langsam
machte er kehrt und stellte sich zu Wiener ins Treppenhaus.
    »Diese
Frau Tannenberg hat nicht bemerkt, dass er tot war?«
    »Nein.
Sie meinte, er sei schon immer so schweigsam.«
    »Und
die hatten seit Tagen nichts mehr zu essen im Haus? Warum hat sie nicht mal bei
einem der anderen Mieter geklingelt? Dann hätte man ihnen doch sicher
geholfen.«
    »Sie
ist eine alte Frau. Sicher um die 80, sieht jedenfalls so aus. Vielleicht
schien ihr der Weg zu weit.«
    »Oder
es war ihr peinlich, jemanden ansprechen zu müssen. Wollte keinen Fremden mit
ihrem Problem belasten. Meine Güte! Das ist wirklich furchtbar!«
    »Hier
kann sie nicht bleiben«, meinte Wiener. »Allein kommt sie ja offensichtlich
nicht klar. Wer kümmert sich in solchen Fällen darum, dass die Leute irgendwo
gut untergebracht werden?«, fragte er dann besorgt.
    »Das
wird das Notarztteam wissen. Aber ich denke mal, der Hund ist ein Problem.«
    »Aber
ohne Rosenfeld geht sie nirgendwohin, das ist sicher!«
    »Dann
solltest du ihr lieber nichts davon erzählen, dass der liebe Hund am Herrn des
Hauses gelutscht hat.«

11
     
    Frauke Holzmann schloss die Tür
auf und erstarrte.
    »Hier
stimmt doch was nicht. Jemand ist in meiner Wohnung!«, zischte sie empört.
    Fast
geräuschlos schob sie sich durch den Flur. Alle Türen waren geöffnet. Frauke wusste
genau, dass sie zwei davon sorgfältig zugemacht und das sogar noch einmal
kontrolliert hatte. Simplicissimus, der kleine Kater, durfte in ihrer
Abwesenheit nicht in die Küche – und das Schlafzimmer war auch
für ihn tabu.
    Energisch
betrat sie den ersten Raum.
    Ein
kleines Bad. Niemand.
    Auch
kein Kater.
    So
verfuhr sie der Reihe nach mit allen anderen Zimmern.
    Langsam
machte sich Panik in ihr breit.
    Alles
wirkte unverändert und doch völlig anders als zuvor.
    »Simplicissimus«,
lockte sie leise. »Komm her, mein Süßer. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.
Jetzt bin ich ja wieder da.«
    Unter
dem Bett war der Kater auch nicht. Frauke räumte alle Schrankfächer aus. Dort
war er auch nicht.
    »Simplicissimus!«
    Hinter
der Couch – kein Kater.
    Derjenige,
der in meiner Wohnung war, hat einen Schlüssel zur Tür gehabt, schoss

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