Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
blau, gilt dasselbe. Wenn
irgendeine Stelle scheuert, bloß nicht selbst abschneiden. Dieses Zeug bildet
dann eine scharfe Kante, an der Sie sich richtig verletzen können. Wir
beherrschen das und es dauert nur einen Moment.«
Auf
einem Tablett sammelten sich immer mehr Utensilien.
»Setzen
Sie den Arm hier mit dem Ellbogen auf. Genau so! Erst kommt eine Schonlage,
dann der Rest«, erklärte er und drapierte etwas an den späteren Auflageflächen,
das wie Watte aussah.
Peddersen legte fest, wie seine
Männer und Frauen bei der Spurensuche vorgehen sollten. Je zwei in einem Raum.
»In
Streifen abgehen!«
»Glaubst
du, er hat gefunden, was er gesucht hat?«, fragte Wiener und spürte wie er
unter dem Blick des erfahrenen Kollegen vom Erkennungsdienst schrumpfte. War
wohl eine dumme Frage, dachte er.
»Nun
habe ich leider heute mein Pendel nicht dabei! Zu dumm«, gab Peddersen zurück.
»Er hat
sehr gründlich gesucht. Selbst den Inhalt der Ordner hat er rausgerissen«,
begann Wiener erneut.
»Wenn
er ein bestimmtes Dokument finden wollte, vermutete er es bestimmt zwischen
harmlosen anderen Papieren. Deshalb musste er eben alles durchsehen.«
Ja,
überlegte der junge Kommissar, ein kleines Stück Papier. Vielleicht hat er das
gesucht. Seine Augen wanderten über den Inhalt des Kleiderschranks. Bei allen
Jacken und Hosen waren die Taschen ausgestülpt.
Über
der vollkommen verdreckten Spüle hing ein Kalender. Wiener nahm ihn vom Haken,
begann darin zu blättern.
Keine
Eintragungen, die auf private Termine hindeuteten, nur die regelmäßigen
Verabredungen mit dem Arbeitsvermittler hatte Lombard rot markiert. AfA stand
jeweils über einem Kreis. Kein einziger Name.
Ein
einsames Leben.
Wiener
schluckte bedrückt.
Wieder
zog er sein Handy hervor. Diesmal hinterließ er auf Nachtigalls Mailbox eine
Nachricht: »Hallo, Peter. Ich hoffe, man kümmert sich schon um dich. Bei
Lombard wurde eingebrochen. Peddersen ist mit seinen Leuten schon hier. Wir
können natürlich nicht ausschließen, dass dies auch der Tatort ist, aber bei
dem Chaos, kann man das nur schwer feststellen. Und bisher habe ich noch keinen
Hinweis gefunden, der etwa vermuten lassen könnte, der Mann habe auch nur einen
Freund gehabt. Bis später.«
»Hier!«
Peddersen hielt Wiener ein kleines, schmales Heft entgegen. »Diese Art Hefte
gibt es schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Sieht aus, als habe er das als
Adressbuch verwendet. Nicht oft benutzt, kaum Gebrauchsspuren. Umso
überraschender, dass jemand ein paar Seiten rausgerissen hat, findest du nicht
auch?«
Peter Nachtigall fluchte, als
er später die Nachricht abhörte.
»Ein
Mann ohne Freunde wird ermordet, seine Wohnung durchsucht. Shit! Nicht einmal
seine Mutter kann uns etwas über diesen Heiner Lombard erzählen. Dabei muss es
etwas Wissenswertes über ihn geben. Jemand fand, es gäbe Grund genug, ihn aus
dem Weg zu räumen.«
»Hallo, Michael!«, begrüßte er
den Kollegen keine halbe Stunde später.
»Mensch,
Peter! Ich habe schon befürchtet, die ziehen dich aus dem Verkehr.«
Der
Kriminalhauptkommissar wies seinen grünen Unterarm vor. »Alles gesichert. Und
da jetzt fast nichts mehr passieren kann, darf ich auch weiter nach Mördern und
Einbrechern jagen. Prügeleien soll ich auf ärztlichen Rat aus dem Weg gehen. Da
schicke ich dann eben dich vor. Also?«
Wiener
fasste die mageren Ergebnisse schnell zusammen.
»Welche
Buchstaben fehlen?«
»D bis
U.«
»Hm.
Meinst du, die konnte man mit einem Ruck rausreißen? Oder musste er mehrmals
ansetzen?«
»Ist
wohl eine Frage der Kraft, oder?« Wiener war irritiert.
»Eher
der Anzahl der Seiten. Dies ist ein Schulheft. In der Mitte ist es nicht
geklammert, sondern richtig gebunden. Deshalb sind die anderen Seiten nicht
einfach aus dem Einband gefallen. Ungewöhnlich, dass er solch ein Heft
verwendet hat. Normalerweise benutzen die Menschen lieber Bücher für ihre Adressensammlung,
die vom Verlag schon in Register eingeteilt wurden. Er dagegen hat die
Buchstabeneinteilung selbst zugeschnitten.«
»Hab
ich auch immer so gemacht«, kommentierte Peddersen, der auf seinem Weg ins
Schlafzimmer an den Kollegen vorbeistürmte. »Ist besser, weil man die Anzahl
der Seiten für jeden Buchstaben selbst festlegen kann.« Er war schon fast über
den Flur, da kehrte er plötzlich um und fragte: »Was macht der Arm?«
Nachtigall
schob den Ärmel hoch und zeigte auch ihm den Kunststoffverband.
»Du
liebe Güte. Schon Schimmel
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