Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
locken«, konterte der Freund.
»Aber
wie konnte er wissen … «
»Du
meinst die Bombe? Aber das musste er ja vielleicht gar nicht wissen. Das Paar
verlässt vormittags das Haus. Außerdem könnte ich mir denken, dass diese
Verabredung auch kurzfristig getroffen werden konnte. Oder es war ihm schlicht
gleichgültig, ob er beobachtet wurde oder nicht.«
»Wenn er
mit einem anderen vor der Tür der Ahrendts steht und sich am Schloss zu
schaffen macht und jemand öffnet unerwartet?«
»Nun,
dann entschuldigt er sich höflich, behauptet, sich in der Etage geirrt zu
haben, packt den anderen am Ärmel und geht seiner Wege. Flexibilität war wohl
eingeplant.«
»Und
der Hund? Wenn Frau Ahrendt zur Probe geht, wird sie doch wohl kaum das
Riesentier mitnehmen.«
»Du
meinst, es wäre ein Risiko gewesen, in die Wohnung einzudringen, wenn er von
Amanda nichts ahnte? Hm, entweder kannte er Familie und Hund oder der Täter
ging es einfach ein.«
»Vormieter!
Silke könnte in der Zwischenzeit schon mal in Erfahrung bringen, wer vor den
Ahrendts dort gewohnt hat und checken, ob einem von denen mal ein Schlüssel
abhandengekommen ist.«
Schon
hatte er sein Handy aus der Jacke gerissen und telefonierte aufgeregt.
Nachtigall
bemühte sich, nicht in sich und seinen Körper hineinzuhorchen, was ihm
außerordentlich schwerfiel. Wie schön wäre es, jetzt einfach ruhig in einem
Sessel zu sitzen und ein bisschen verwöhnt zu werden, dachte er sehnsuchtsvoll,
die Beine hoch, den Kopf an die Lehne gekuschelt. Die Kopfschmerzen sorgten für
silberne Flimmerpunkte, die Augen brannten. Er atmete tief durch.
»Sie
geht dem nach«, verkündete Wiener.
»Gut.
Wir haben zwei Freunde, wahrscheinlich beide Mordopfer. Ob der Tod von John
auch dazu gehört, können wir noch nicht beurteilen. An Zufall mag ich bei so
etwas nicht glauben. Es muss und wird ein verbindendes Element geben. Sollte
sich herausstellen, dass Holzmann ebenfalls getötet wurde, nehmen wir die
verbliebenen Freunde unter die Lupe. Warnen müssten wir sie wohl ohnehin.«
»Ich
denke, wir sollten uns auch mehr um diese Braunkohlegegner kümmern!«, forderte
der junge Kollege. »Ich habe die Gruppierung mal im Internet recherchiert. Ich
sage dir, die sind durchaus militant und rücksichtslos. Angeblich ist wegen
einer ihrer Maßnahmen schon jemand gestorben.«
»Mord?«
»Herzinfarkt.«
»Also
kein Fall für uns.«
»Bleibt
aber die Tatsache, dass die Diskussion die sachliche Ebene längst verlassen
hat. Und wir wissen doch genau: Wo Emotionen im Spiel sind, gerät schon mal was
außer Kontrolle.«
»Aber
jemanden töten? Erdrosseln, erschlagen, zerstückeln, anzünden? Ehrlich,
Michael, das kann ich mir nicht so recht vorstellen.«
Schwere Schritte waren auf der
Treppe zu hören. Irgendjemand stampfte heran.
Eine
Dienstmütze schob sich ins Blickfeld.
»Hallo,
Joachim Brause. Und Sie sind die Kollegen von der Mordkommission?«
»Exakt.
Und Sie sind der Kollege mit dem Schlüssel. Dann können wir jetzt mal in die
Wohnung schauen.«
»Sieht
schlimmer aus, als man es normalerweise erwartet, nachdem eingebrochen wurde.«
Der Uniformierte durchtrennte das Siegel und schob den Schlüssel in den
Zylinder. »Ach, der Norbert! War zu Schulzeiten auch Mitglied in meinem
Judoverein, lange her. Also, ich bin ja nicht erst seit gestern dabei, wie man
sieht«, erklärte der untersetzte Beamte, »aber so etwas habe ich in all den
Jahren nicht zu Gesicht bekommen.« Er griff in die Innentasche der Uniformjacke
und zog einen Stapel Fotos hervor. »Haben wir machen lassen, weil der Norbert
ja nicht da ist. So quasi zur Dokumentation. Nicht, dass der nachher glaubt,
wir hätten das verbockt. So ein unglaubliches Durcheinander.«
Während
Joachim Brause noch mit dem Schloss kämpfte, sahen die beiden Ermittler der
Mordkommission schnell die Aufnahmen durch.
»Sieht
ganz ähnlich aus, wie in Lombards Wohnung. Bis auf die verschimmelten
Essensreste in der Küche, die fehlen hier.« Michael Wiener wiegte nachdenklich
den Kopf. »Der Einbrecher ist möglicherweise auch der Mörder. Er fühlte sich
sicher bei den Durchsuchungen der Wohnungen, weil er wusste, dass die Mieter
nicht zurückkehren konnten. Die Nachbarn und die Möglichkeit, von denen
entdeckt zu werden, hat ihn nicht ein bisschen behindert.«
»Mörder?
Sie glauben, Norbert ist tot?«
»Wir
sind noch nicht sicher«, beschwichtigte Nachtigall. Zu Wiener gewandt meinte
er: »Ist naheliegend. Schließlich wäre es
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