Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
neuen
Finanzoptimierungsprojekt gearbeitet hat. Der Mörder gaukelte ihm vor, er sei
interessiert, wolle sich das Ganze mal ansehen. Dann wäre der Laptop nicht
gestohlen, sondern von Norbert mitgenommen worden. Wir brauchen Peddersen hier.
Ich will wissen, ob es Hinweise darauf gibt, wer hier eingedrungen ist. Haare?«
Der
Hauptkommissar trat an eine Kommode und hob vorsichtig mit der Handschuhhand
einzelne Schriftstücke an. »Ich gucke das hier noch schnell durch. Vielleicht
finden wir die Adresse seines Hausarztes. Wenn nicht, fragen wir bei der
Krankenkasse nach, der Sachbearbeiter müsste die Angabe in den Unterlagen
finden können.«
Wiener
informierte den Trupp des Erkennungsdienstes.
»Sieh
mal, sieht aus wie die ersten Kapitel eines Buches«, murmelte er, während er
dem Telefonat mit halbem Ohr lauschte. »Ein Deckblatt gibt es auch schon. Aha:
›Ein Kumpel gräbt in seinem Leben‹. Was für ein grässlicher Titel. Michael, ich
glaube, er hat an seiner Autobiografie geschrieben. War vielleicht spannender,
als man auf den ersten Blick vermutet.«
»Manuskriptklau?
Deshalb ist das Notebook verschwunden? Weil der fertige Text auf der Festplatte
liegt?« Wiener konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Klar,
die losen Blätter lässt der Einbrecher zurück, damit wir merken, was uns
verloren ging? Sehr rücksichtsvoll!«
»Er hat
eben nicht geahnt, dass es der Text ist«, beharrte Wiener.
»Unter
Zeitdruck hat er nun wirklich nicht gestanden. Und wer den Text stehlen will,
guckt doch nach, was sich auf den ausgedruckten Seiten findet.«
»Oh,
fast hätte ich es vergessen: Wir sollen gefälligst draußen im Hausflur warten,
lässt Peddersen ausrichten«, überbrachte Wiener und verzog das Gesicht. »Er
wird nicht begeistert sein, wenn er erfährt, wer schon hier drin war.«
»Wir
fragen seine Frau, was für ein Laptop das war. Marke, Farbe, technische
Besonderheiten«, schlug er dann vor.
»Peddersen
wird sicher die Unterlagen zum Notebook finden. Wenn es neu war, wusste seine
Frau möglicherweise gar nichts davon. Wir müssen überprüfen, ob es eine
Verbindung von Holzmann zu den Ahrendts gibt – dann
wurde er mit Absicht in genau diese Wohnung gelockt. Und zwar von jemandem, der
eine unglaubliche Wut auf ihn hatte. Der Mörder hat ihn sterbend durch die
ganze Wohnung getrieben und erschlagen, als er so schwer verletzt war, dass er
ohnehin gestorben wäre. Danach hat er die Leiche zerstückelt. Sicher – mag
sein, dass es dafür praktische Gründe gab, aber ich glaube, es gehörte für den
Täter einfach dazu, war Teil des Gesamtplans.«
Mit bebenden Fingern
entfaltete er den Zettel zum x-ten Mal, las die wenigen Worte, die er schon
auswendig hätte aufsagen können.
›Morgen.
Zehn Uhr. Touristengruppe zum blauen Auge. Seien Sie pünktlich.‹
Was
nun?
War er
schon für die Exkursion gebucht? Dann würde er natürlich wie ein Volltrottel
wirken, wenn er versuchte, an der Rezeption nachzufragen. Ganz zu schweigen von
dem Problem, dass man ihn dort eventuell gar nicht verstehen würde.
Kommunikation mit den Angestellten war eindeutig die größte Schwierigkeit hier.
Wenn er
allerdings nicht nachfragte, gab es womöglich morgen keinen freien Platz mehr
für ihn im Bus. Der Kontaktmann wäre verärgert, die ganze Mission vom Scheitern
bedroht. Das ging also auch nicht. Es blieb ihm keine Wahl!
Vielleicht,
dachte er, als er die steile Außentreppe hinunterstieg, ist ja der junge Mann
da, der in Deutschland aufgewachsen ist. Dann sind Erklärung und Nachfrage
natürlich gar keine Hürde!
Er
entdeckte ihn sofort.
Wie
immer, wenn der Deutschkönner Dienst hatte, war er von einer dichten Traube
Menschen umlagert. Neue Gäste, registrierte er automatisch, er kannte nicht
eines der Gesichter. Geduldig wartete er in der tiefen Ledercouch darauf, dass
es dem jungen Mitarbeiter der Rezeption gelang, die drängendsten Probleme der
Gäste zu lösen. Als endlich Ruhe in die Lobby einzog, sprach er den
Deutschkönner an.
»Hallo.
Morgen ist eine Tour zum blauen Auge vorgesehen.« Er wählte einen zerknirschten
Gesichtsausdruck und fuhr höflich fort: »Ich habe einige Touren gebucht. Aber
jetzt weiß ich nicht mehr, ob ich bei der morgen dabei bin oder nicht.
Überblick verloren. Können Sie das für mich klären?«
»Sicher.
Ihre Reisebegleiterin hat eine Liste. In einer halben Stunde kommt sie her,
dann können Sie sie fragen. Wenn Sie möchten, können Sie auf der Piazza warten,
bis sie
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