Kunden lesen
»Zumindest scheinen die Zahlen nicht falsch zu sein.« Auch optisch gefällt ihm der Siemens-Staubsauger besser. »Aber dass er volle 50 Euro billiger ist als der angeblich schlechtere? Irgendetwas kann hier nicht stimmen«, denkt er.
»Gilt der Preis denn nur für das Ausstellungsstück?«, hakt er nach.
»Nein, nein. Das ist der reguläre Preis. Sie bekommen selbstverständlich ein nagelneues Exemplar. Dieses Ausstellungsgerät ist derzeit nicht im Angebot. Schätzen Sie sich doch einfach glücklich! Genau den richtigen Staubsauger für Ihre Zwecke zu finden, und dann zu solch unschlagbaren Bedingungen – das kommt nicht jeden Tag vor«, redet ihm Hans Schlicht wohlwollend zu.
Bernd Anders bedankt sich, holt den Siemens-Staubsauger aus dem Regal, lässt das Gewicht auf sich wirken und läuft damit in Richtung Kasse. Auf halber Strecke dreht er um, kommt zurück ans Regal und sagt nach einer kurzen Pause: »Wie wechselt man bei diesem Modell eigentlich den Filterbeutel aus?«
Eine geschlagene Viertelstunde später hat er drei weitere Modelle auf Preis-Leistungs-Verhältnis, Funktionalität und mögliche Schäden untersucht, sich die Breite eines älteren Geräts noch eben schnell vermessen lassen und neben dem Siemens zwei weitere Staubsauger in die engere Wahl genommen. Während Bernd Anders vor den drei Modellen steht und noch wegen der Farbe überlegt, kommt eine andere Kundin ans Regal, überfliegt das Angebot, nimmt einen Staubsauger in ihrer Lieblingsfarbe Blau und geht auch zu Hans Schlicht:
»Sagen Sie, ist dieses Modell für Hartböden und Teppich geeignet?«
»Ja ja, den können Sie für beides nutzen. Hier stellen Sie den Schalter um, da regeln Sie die Saugkraft.«
»Und wie sieht es mit der Leistung aus?«
»1400 Watt. Völlig ausreichend.«
»Danke!«, sagt die Frau, schnappt sich den Karton und geht damit zur Kasse.
Bernd Anders, sichtlich genervt, dass »sein« Verkäufer Parallelgespräche anfängt, stellt noch einmal grundlegende Dinge infrage. Ob denn Staubsauger mit Beutel überhaupt noch zeitgemäß seien, ob ein Handstaubsauger sich in seiner Wohnung nicht vielleicht besser mache und wie langlebig die »normalen« Staubsauger überhaupt seien, beispielsweise gegenüber einem Vorwerk-Gerät.
Hans Schlicht spult nur noch ab, Bernd Anders ist immer noch unentschieden, und als der Laden letztlich schließen muss, heißt es: »Ich komme dann ein andermal wieder ...« Hans Schlicht versteht die Welt nicht mehr. Immer mal wieder hat er Kunden, die jedes einzelne Detail wissen wollen und unzählige Fragen haben. »Warum können sich diese Kunden nicht einfach auf meine Empfehlung verlassen? Schließlich kenne ich mich ja nun wirklich aus nach den vielen Jahren«, denkt er sich.
Eng oder weit?
Das Problem in der Verkaufssituation: Wenn jemand den Laden betritt, können Sie bisher noch nicht einschätzen, ob es sich lohnt, ihm geduldig alle Details zu erklären, oder ob er zwanzig Minuten Ihrer Zeit beansprucht, um den Laden vielleicht letztlich doch mit leeren Händen zu verlassen. Selbst wenn Sie alle Register ziehen, mit Engelsgeduld bei der Sache sind und alles preisgeben, was Sie sich Ihr Verkäuferleben lang erarbeitet haben, lassen sich gewisse Kunden immer noch nicht überzeugen. Während die einen kaum Beratung brauchen, um den Einkaufskorb zu füllen oder den Vertrag zu unterzeichnen, verbringen andere Stunden damit, das Richtige auszusuchen. Wie leicht wäre Ihr Leben, wenn ab der ersten Minute klar wäre, was Ihr Kunde nötig hat! Wenn Sie jeden »durchscannen« und – zack – in eine Gruppe einordnen könnten.
Ist der Mann mit der Baskenmütze detailversessen oder jemand, dem ein grober Überblick der Fakten ausreicht für die Kaufentscheidung? Um dies einzuschätzen, brauchen Sie keine langen Gespräche zu führen. Ein Blick in die Augen reicht, um zu wissen, wie er tickt. Denn die Erfahrung zeigt: Anhand des Augenabstandes lassen sich Menschen einfach und zuverlässig unterscheiden.
Enger Augenabstand – der Detailsortierer
Manche Menschen achten sehr auf Einzelheiten. Nur wenn jedes Detail perfekt ist, sind sie zufrieden oder bereit, etwas zu kaufen. Dass ein Hemd hochwertig gearbeitet ist, erkennen sie ebenso schnell wie den haardünnen Kratzer am Tiffany-Lampenschirm. Deshalb nennt man diesen Käufertyp: Detailsortierer.
Genauigkeit, Detailverliebtheit und die Fähigkeit, auf Anhieb Mängel zu erkennen: Auf dieses Verhalten sollte der Verkäufer eingehen, wirklich
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