Kunst des Feldspiels
durchsichtiger
Löffel. Er leerte beide Milchgläser in seinen beinahe einen Liter fassenden
Aparicio-Rodriguez-Gedenkbecher, den Sophie ihm zu Weihnachten bei eBay besorgt
hatte, und gab zwei gehäufte Löffel SuperBoost hinzu.
Statt zu sinken oder
sich aufzulösen, schwamm das Pulver als hartnäckiges Häufchen auf der
Milchoberfläche. Henry holte eine Gabel aus seiner Schreibtischschublade und
begann zu rühren, aber das Pulver bildete nur kleine Kokons um die Spitzen
herum. Er rührte schneller und schneller. Die Gabel stieß klirrend gegen den
Becher. »Vielleicht könntest du das woanders machen«, schlug Owen vor. »Oder
überhaupt nicht.«
Henry hörte auf zu
rühren und hob den Becher an die Lippen. Er hatte vor, alles in einem Zug
hinunterzukippen, aber die schlammige Mixtur schien in seinem Magen zu quellen.
Als er den Becher absetzte, war dieser noch immer beinahe voll. »Sieht man
schon, wie es das Potential meines Körpers zum Leben erweckt?«
Owen setzte seine
Brille auf. »Du wirst etwas grün im Gesicht«, sagte er. »Aber das ist
vielleicht nur ein Zwischenstadium.«
Zwei Monate später, als
das Auswahltraining begann, sah Henry im Spiegel noch immer nicht wesentlich
kräftiger aus, aber zumindest musste er sich nicht mehr übergeben, und die
Gewichte, die er stemmte, waren nicht mehr ganz so klein. Er kam eine Stunde zu
früh in den Umkleideraum. Zwei seiner potentiellen zukünftigen Teamkameraden
waren auch schon da. Schwartz saß mit freiem Oberkörper über ein dickes
Fachbuch gebeugt vor seinem Spind. In der Ecke stand, damit beschäftigt, Hosen
auf einem Kleiderbügel glattzustreichen –
»Owen!« Henry war
schockiert. »Was machst du denn hier?«
Owen sah ihn an, als
wäre er komplett bescheuert. »Das Baseball-Auswahltraining fängt heute an.«
»Das weiß ich, aber –«
Coach Cox erschien im
Türrahmen. Er war so groß wie Henry, hatte aber einen gewaltigen Brustkorb; mit
seinem kräftigen eckigen Kiefer malmte er Kaugummi. Er trug eine Jogginghose
und ein Westish-Baseball-Sweatshirt. »Schwartz«, sagte er barsch und strich
sich über den gestutzten schwarzen Schnäuzer, »wie geht’s den Knien?«
»Nicht schlecht,
Coach.« Schwartz stand auf und begrüßte Coach Cox mit einer Kombination aus
Handschlag und Umarmung. »Ich würde Ihnen gern Henry Skrimshander vorstellen.«
»Skrimshander.« Coach
Cox nickte, während er Henrys Hand schmerzhaft zusammenpresste. »Schwartz hat
mir erzählt, du willst es tatsächlich mit Tennant aufnehmen.«
Lev Tennant, ein
Student im vierten Jahr, war Stamm-Shortstop und zweiter Kapitän. Schwartz
hatte Henry immer wieder gesagt, er könne Tennant fertigmachen – es war zu
einer Art Mantra ihrer abendlichen Trainingseinheiten geworden. »Tennant!«,
hatte Schwartz immer wieder gebrüllt, so über Henry gebeugt, dass sein Schweiß
diesem in den offenen Mund tropfte, während er sich mit der
Schädelspalterstange abquälte. »Mach Tennant fertig!«
Henry wusste nicht, wie
Schwartz derart schwitzen konnte, wo er doch gar keine Gewichte stemmte, und
ganz bestimmt wusste er auch nicht, wie er Tennant fertigmachen sollte. Er
hatte gesehen, wie geschmeidig und haifischartig Tennant sich über den Campus
bewegte und das Lächeln der Mädchen verschlang. »Ich werde mein Bestes tun,
Sir«, sagte Henry.
»Das will ich dir auch
geraten haben.« Coach Cox wandte sich an Owen und streckte die Hand aus. »Ron
Cox.«
»Owen Dunne«, sagte
Owen. »Right Fielder. Sie haben doch sicher nichts gegen einen Schwulen in
Ihrem Team?«
»Das Einzige, wogegen
ich etwas habe«, antwortete Coach Cox, »ist, dass Schwartz Football spielt. Das
ist schlecht für seine Knie.«
Das Training würde im VAC stattfinden, zunächst aber schickte Coach Cox die versammelte Mannschaft hinaus
in die Kälte. »Kleine Laufeinheit«, wies er sie an. »Einmal um den Leuchtturm
und zurück.«
Henry versuchte die
Leute zu zählen, während sie im Gänsemarsch hinausgingen, aber sie liefen immer
wieder durcheinander, und außerdem wusste er ohnehin nicht, aus wie vielen sich
das Team zusammensetzen würde. Er rannte schneller, als er jemals gerannt war,
und beendete die gut sechs Kilometer in der ersten Gruppe, zusammen mit einem
erstaunlich agilen Schwartz und lediglich hinter Starblind, der auf den ersten
hundert Metern vorgeprescht und aus dem Sichtfeld verschwunden war. Zur zweiten
Gruppe gehörten die meisten der etablierten Spieler des Teams, einschließlich
Tennant und Tom
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