Kunst des Feldspiels
Meccini, den Kapitänen. Schwartz’ Mitbewohner, Demetrius Asch,
der mindestens hundertzwanzig Kilo wog und in der Zeit zwischen der
Footballsaison und dem Beginn des Baseballtrainings eine halbe Schachtel am Tag
rauchte, bildete die Nachhut. Nahmen zumindest alle an, bis plötzlich noch Owen
auftauchte.
»Dunne!«, bellte Coach
Cox.
»Coach Cox!«
»Wo zum Henker bist du
gewesen?«
»Kleine Laufeinheit«,
erinnerte ihn Owen. »Einmal um den Leuchtturm und zurück.«
»Du willst mir
erzählen« – Coach Cox legte eine Hand zwischen Aschs Schulterblätter, der sich
vornüberbeugte und nach Luft schnappte – »dass du die Speckschwarte hier nicht
bei einem Wettlauf schlagen kannst?«
Owen beugte sich
hinunter, bis er sich mit Asch auf Augenhöhe befand – Aschs Gesicht dünstete
ein tiefes Violett aus, sein eigenes war entspannt und trocken. »Ich wette,
jetzt könnte ich ihn schlagen«, sagte er. »Er sieht müde aus.«
Aber als das
Schlagtraining begann, pfefferte Owen einen Ball nach dem anderen pfeilgerade
durch den Käfig. Sal Phlox, der die uralte Ballmaschine fütterte, musste sich
immer wieder hinter seinen Schutzzaun ducken. »Raus da mit dir, Dunne«, knurrte
Coach Cox. »Bevor du jemanden verletzt.«
Henry hatte noch nie
Aufsetzer auf Kunstrasen angenommen; es war wie in einem Videospiel zu leben.
Der Ball landete niemals auf einem Stein oder der Rasenkante, aber die
Synthetikfasern konnten ihm einen tückischen Drall verleihen. In vier Tagen
Auswahltraining verfehlte er nicht einen Ball. Als die Mannschaftsaufstellung
ausgehängt wurde, standen dort die Namen von vier Studienanfängern: Adam
Starblind, Rick O’Shea, Owen Dunne und Henry Skrimshander.
5
–
Sechs Wochen später marschierten die Harpooners über die
Rollbahn des winzigen Green Bay Airport, Wind peitschte ihnen in die Gesichter,
die Taschen mit den Initialen des Westish Athletic Department über den
Schultern. Bis auf Henry nickten alle im Takt der Musik aus ihren Kopfhörern.
Es war ein klarer, kalter Tag, um die fünf Grad minus, aber sie hatten sich
schon für den Zielort angezogen, weshalb Jacken oder Sweatshirt nicht in Frage
gekommen waren. Der Propeller der Maschine pürierte die Luft. Trockener,
wochenalter Schnee wurde vom Windzug in Sinuskurven über die Rollbahn
getrieben. Henry drückte die Schultern durch und machte sich beim Gehen so
groß, wie seine einsvierundsiebzig es zuließen, genau wie all die anderen
herumreisenden Athleten, die er im Fernsehen gesehen hatte. Es ging zum
Baseballspielen nach Florida, alles auf Spesen.
Sie stiegen in einem Motel 4 ab, eine Stunde landeinwärts von der
städtischen Baseballanlage in Clearwater entfernt. Die älteren schliefen zu
zweit in einem Bett, die Frischlinge auf Zustellpritschen. Henry teilte sich
mit Schwartz und Asch ein Zimmer. In der ersten Nacht tat er kein Auge zu,
lauschte Specks Geschnarche, das wie eine Flugzeugturbine klang, und den
Folterschreien der Sprungfedern, während die beiden älteren Semester, die
zusammen fast zweihundertdreißig Kilo auf die Waage brachten, auf dem
angeblichen Doppelbett im Schlaf um Gebietsansprüche kämpften. Henry schloss
die Augen, wickelte sich die verrauchten Plastikvorhänge um den Kopf und zählte
die Minuten bis zum ersten echten Freilufttraining.
Am nächsten Morgen,
einem Samstag, beluden sie den Bus und fuhren zur Baseballanlage – acht
piekfeine Spielfelder der Extraklasse waren zu angrenzenden Kreisen von je vier
Feldern angeordnet. Der Morgentau glitzerte im buttrigen Licht der Sonne
Floridas. Während Henry zum Feldtraining auf die Shortstop-Position trabte,
drehte er sich plötzlich und machte ansatzlos einen Rückwärtssalto, bei dessen
Landung er nur leicht taumelte.
»Leck mich, Skrim!«,
brüllte Starblind vom Center Field aus. »Wo kam der denn her?«
Henry hatte keine
Ahnung. Er versuchte, sich die Schrittfolge einzuprägen, die er gemacht hatte,
aber der Augenblick war vorüber. Manchmal machte der Körper einfach, was er
wollte.
»Du solltest beim
Gymnastik-Probetraining mitmachen«, sagte Tennant. »Die Größe stimmt ungefähr.«
Während des
Schlagtrainings kletterte Henry über den Zaun hinter dem linken Outfield auf
den Parkplatz, um die erstaunlichen Mondbälle aufzufangen, von denen
Vierzehndreißig-Toover einen nach dem anderen drosch. »Willkommen zurück, Jim«,
jubelte Coach Cox, während Ball um Ball mit reichlich Spiel über die Mauer
segelte. »Du hast uns gefehlt.«
Der
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