Kunst des Feldspiels
hatte heute Abschlussprüfung.«
»Du kannst sie später
machen. Zusammen mit dem Rest der Mannschaft.«
Es wurde langsam
dunkel. Affenlight stand auf Socken in der Mitte des Läufers und warf den
Baseball von einer Hand in die andere. »Du kannst nicht ewig hierbleiben«,
fügte er streng hinzu. »Die Wohnheime müssen bis zum nächsten Wochenende
geräumt sein.«
Henrys Gesicht fiel in
sich zusammen, und er begann zu schluchzen, so laut, dass Affenlight keine Wahl
hatte, als sich neben ihn aufs Bett zu setzen, seine Schulter zu tätscheln und
Worte zu flüstern, von denen er hoffte, dass sie eine beruhigende Wirkung haben
würden, Worte wie Schsch und Hey und Ist ja gut . Das Schluchzen verebbte zu einem
Wimmern, und Henry schien kurz davor, wieder zu Atem zu kommen, doch dann
schwoll das Schluchzen wieder an, und er wurde beinahe hysterisch, den Kopf
zurückgeworfen, den Mund weit offen. Er bekam Schluckauf. Rotz blubberte ihm
aus der Nase, während der Mund scharf Luft einsog. In seinem Nacken bildete
sich dunkel glänzender Schweiß. »Schschsch«, sagte Affenlight leise, während er
Henry in gegen den Uhrzeigersinn kreisenden Bewegungen den Rücken zwischen den
Schulterblättern rieb. »Ist ja gut. Ist ja gut.« Er spürte, wie kühl es im Raum
war, spürte es besonders dort, wo seine Hosenbeine über die Socken
hochgerutscht waren und einen Streifen Haut freigaben.
»Tut mir leid«, sagte
Henry und wischte sich über die Augen, als die letzte Welle des Schluchzens
verebbt war.
»Du brauchst nichts zu
sagen«, antwortete Affenlight. »Immer mit der Ruhe.«
Er brachte Henry ein
Knäuel Toilettenpapier, damit er sich die Nase putzen konnte. Auf dem
Fensterbrett fanden sich ein paar Bananen, eine übergroße Packung Rice Krispies
und passendes Geschirr. Affenlight öffnete den Minikühlschrank und entdeckte
einen Zwei-Liter-Pack Milch – zweifellos Owens Art, in seiner Abwesenheit für
Henry zu sorgen. Affenlight füllte eine Schüssel mit den Cerealien, teilte mit
dem Löffel Stücke von einer Banane ab und goss Milch darüber. Er fütterte Henry
nicht direkt mit dem Löffel, aber er setzte sich neben ihn, legte ihm eine Hand
auf die Schulter und murmelte bei jedem geschluckten Batzen beifällig. Mit der
freien Hand steckte er sich eine Zigarette an und, als er sie geraucht hatte,
noch eine. Beim ersten Löffel verzog Henry das Gesicht, und als der Inhalt
seinen Magen erreichte, sah er aus, als müsste er sich übergeben, aber nach ein
paar weiteren Löffeln ging es besser. Er schaffte es, den größten Teil zu
verzehren, dann legte er sich schläfrig hin.
»Du musst früh
aufstehen, um den Flug zu kriegen«, sagte Affenlight. »Ich stelle dir den
Wecker.«
Henry nickte.
»Ich fahre dich zum
Flughafen. Wir treffen uns bei der Statue. Punkt sechs Uhr.«
Henry gähnte und nickte
wieder. Es war nicht ganz klar, ob er wirklich zuhörte oder ob Affenlight am
Morgen würde herkommen und ihn aus dem Bett schmeißen müssen; beides war in
Ordnung. Affenlight trug die Schüssel und die mit Fliegen übersäten
Suppenbehälter ins Bad, schüttete den Inhalt ins Waschbecken, spülte sie aus
und stellte sie zum Trocknen auf Owens Schreibtisch. Auf dem Weg nach draußen
knipste er das Licht aus.
»President
Affenlight?«, sagte Henry.
Affenlight blieb in der
Tür stehen. »Ja?«
»Nacht.«
Affenlight lächelte.
»Vergiss deine Sportsachen nicht.«
73
—
Als die Tür zufiel, stieß sein Fuß gegen etwas und brachte
es zum Umfallen – ein gedrungener Behälter wie jene, die er gerade geleert
hatte. Glücklicherweise war der Deckel fest geschlossen, sodass nichts auslief.
Als er ihn aufhob, spürte er durch das Plastik hindurch die Wärme der Suppe. Er
trug ihn die Treppe hinunter und zündete sich eine Zigarette an, als er ins
Freie trat.
Es war ein kühler und trockener Abend. Affenlight setzte sich auf
den breiten steinernen Sockel der Melville-Statue. Die Wärme des Behälters in
seinen Händen war wohltuend. Er zog den Deckel ab und ließ sich den Dampf in
die Nase steigen. Eine dicke Muschelsuppe. Sie roch fantastisch. Er führte den
Behälter zum Mund und schlürfte einen kleinen Schluck, öffnete die Lippen, um
einen Tomatenwürfel und einen bissfesten Muschelklumpen hindurchzulassen. Die
Konsistenz, die Reichhaltigkeit der Sahne, das Verhältnis von Salz und Pfeffer,
das so einfach schien und doch so oft im Ungleichgewicht war – Affenlight hatte
in seinem Leben genug Muschelsuppe gegessen, um
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