Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
Vom Netzwerk:
beste und letzte Gelegenheit zu einem
präventiven Vergeltungsschlag war gekommen, jetzt, an diesem Abend. Die Lords
vernichten oder auf ewig vernichtet sein.
    Etwas anderes als
dieser verschwurbelte Blödsinn wollte Schwartz nicht einfallen, während er an
die Decke des unerwartet behaglichen Comstock Inn starrte und Asch munter
drauflossägte. Aber Anfeuerungsreden brauchten keine Statistiken oder schöne
Überleitungen. Keiner der Harpooners interessierte sich für den relativen
sozioökonomischen Status von Amherst- und Westish-Absolventen, außer vielleicht
Rick, der sich um das Geburtsrecht des Studiums an einer Ivy-League-Universität
gesoffen hatte und nach Westish verbannt worden war. Keiner von Schwartz’
Mitspielern hatte schwartzsche Ambitionen. Sie wollten einfach nur ein
Baseballspiel gewinnen. Was okay war, besser als okay, sogar perfekt, ihn aber
ohne Rede dastehen ließ. Seine Nerven lagen blank. Jetzt kam es darauf an.
    Er versuchte, den Blick auf 8 hochzudrehen,
ließ ihn wieder abflauen, als er merkte, dass die Blicke, die er zurückbekam,
eine Stärke von vielleicht 9, 9½ hatten. Plus
Bärte. Starblind scharrte mit einem Stollenschuh wie ein zugekokster Stier.
Selbst Owens weiche graue Augen über dem weichen grauen Flaum strahlten eine
tödliche Intensität aus. Schwartz hatte im Laufe seiner sportlichen Karriere
jede Menge Blödsinn über Krieger und Kriegsführung erzählt, besonders in
Football-Halbzeiten, aber jetzt hatte er zum ersten Mal das Gefühl, einer
seiner Teamkameraden – jeder seiner Teamkameraden –
könnte ihm an die Gurgel gehen. Der Skrimmer war ihr herausragendes Talent
gewesen, aber jetzt, da er fort war, hatten die restlichen achtzehn Harpooners
etwas Neues in sich entdeckt. Ein Paradoxon, über das man besser gar nicht erst
nachdachte: Mit ihrem besten Spieler wären sie vielleicht nie so weit gekommen.
Schwartz ließ seinen Blick nochmals in die Runde schweifen. Zurück kam etwas,
das jenseits von Selbstvertrauen lag: das Gefühl, dass das Spiel schon so gut
wie gelaufen war. Er wusste nicht, ob er für das
Spiel bereit war – seine Gedanken waren überall gleichzeitig, ruhelos,
zerstreut und gefühlsselig –, aber sie waren es ganz
sicher. Wenn er der Ahab dieses Unternehmens war und dieses Turnier das
Zielobjekt seiner manischen Besessenheit, dann waren sie Fedallahs geheime
Mannschaft.
    »Ihr Jungs«, sagte er
sanft, und der Respekt in seiner Stimme war nicht gespielt, »seid ein paar
verdammt furchteinflößende Hurensöhne.«
    Niemand verzog das
Gesicht zu einem Lächeln, geschweige denn zu einem Lachen. Sie nickten nur und
marschierten aufs Feld.

75
    —
    Henry hatte seine Spielerkleidung nicht an, und auch wenn
er eine absurd große Westish-Tasche über der Schulter trug, kam er ohne Ticket
nicht am Ordner vorbei. »Das Spiel fängt in fünf Minuten an«, sagte der Ordner,
ein drahtiger alter Mann mit langen weißen Koteletten, und stellte sich vor
Henry, um den Eingang zu blockieren. »Die Spieler sind seit Stunden drin.«
    »Sehen Sie diese Riesentasche?« Henry schlug verdrossen mit der
flachen Hand auf das Westish-Logo. Die Tasche fühlte sich heute wirklich riesig
an, wie eine große Last. »Würde ich die durch die Gegend schleppen, wenn ich
nicht zur Mannschaft gehören würde?«
    »Keine Ahnung.«
    »Gucken Sie sich das
Ding doch mal an. Es ist eine Baseballtasche. Dieser Teil hier ist besonders
lang, damit ein Schläger hineinpasst.«
    »Ich sehe aber keinen
Schläger.«
    »Ich habe auch keinen Schläger.«
    »Das ergibt keinen
Sinn.« Der Ordner winkte Henry zur Seite, damit er weiter Karten abreißen und
zwei kleinen Mädchen in geblümten Kleidern den Kopf tätscheln konnte. Dann zog
er ein zusammengerolltes Programmheft aus der Gesäßtasche. »Für welche
Mannschaft spielst du denn?«
    »Westish. Sehen Sie,
hier steht mein Na-«
    Der Ordner zog das
Programmheft mit einem Ruck unter Henrys Finger weg. »Wer ist euer erster
Mann?«, fragte er gebieterisch. »Und wie viel wiegt er? Du darfst um zwei Kilo
danebenliegen. In beide Richtungen.«
    Henry ging die
Aufstellung in Gedanken in alphabetischer Reihenfolge durch. »Israel Avila.
Shortstop, Nummer eins. Chicago, Illinois. Wiegt … Ich habe keine Ahnung, was
er wiegt. Achtundsechzig Kilo.«
    »Sorry, Kleiner. Es ist
Demetrius Asch. Hundertachtzehn.« Der Einlasser rollte das Programm wieder
zusammen und gestikulierte damit in Richtung Parkplatz. »Such dir einen anderen
zum Verarschen.«
    Erst

Weitere Kostenlose Bücher