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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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Handschuhen
und zwei World Series. Der beste Shortstop, den es je gegeben hatte.
    »Offenbar kommt er
jedes Jahr um diese Zeit in die Staaten, um mit den Infieldern der Cards zu
arbeiten. Er hat angeboten, hier vorbeizukommen, bevor er nach Venezuela
zurückfliegt. Was voraussichtlich am letzten Wochenende der Saison sein wird,
wenn wir gegen Coshwale spielen.«
    Coach Cox sah Henry
tief und ernst in die Augen. »Ich will nicht, dass die Sache dich oder sonst
irgendwen ablenkt. Aber sollten wir im Rennen bleiben, wird das gegen Coshwale
eine Riesensache.«
    »Machen Sie sich keine
Sorgen«, versicherte Henry ihm. »Mich lenkt nichts ab.«
    »Ich weiß.« Ein Lächeln
huschte über Coach Cox’ Gesicht. »Für dich geht’s jetzt ab, Skrimmer. Für dich
geht’s jetzt verdammt noch mal ab.«
    Nach dem Training
machten Schwartz und Henry sich auf den Weg zu dem provisorischen, mit
Nylonnetzen verhangenen Schlagkäfig im Fitnessbereich des VAC im
vierten Stock. Schwartz lud die Ballmaschine und stand dann mit verschränkten
Armen hinter Henry, grunzte, räusperte sich und gab hier und da eine Anweisung.
Henry schickte Ball um Ball mittig durch den Käfig. Sein Ziel war es, so wie
immer, den Ball derart direkt zu treffen, dass er den eigenen Weg
zurückverfolgte und wieder im Maul der Ballmaschine verschwand, wodurch die
dicken Gummiräder sich in die andere Richtung bewegen würden, als liefe die
Zeit rückwärts. So richtig gelungen war es ihm noch nie in den Hunderten von
Trainingseinheiten, aber er glaubte weiterhin daran, dass es möglich war.
    »Hüften«, sagte
Schwartz.
    Ping.
    »Genau so.«
    Ping.
    »Nicht verziehen.«
    Ping.
    Ping.
    Ping.
    Jeden Freitag nach dem
Schlagtraining, egal ob während der Saison oder außerhalb, fuhren Henry und
Schwartz zum Carapelli’s, setzten sich in ihre übliche Nische, aßen welche
Vorspeise Mrs. Carapelli ihnen auch immer servierte und danach eine
extragroße Pizza Hausmarke mit extra Soße, extra Käse und extra Fleisch.
Anschließend nuckelte Schwartz an einem einzigen schlanken Glas Bier und Henry
an einem riesigen SuperBoost-Shake, und sie unterhielten sich über Baseball,
bis das Carapelli’s zumachte.
    Aber heute Abend lenkte
Schwartzy seine Schritte in Richtung des Hauses, in dem Asch und er wohnten.
    »Wo gehst du hin?«
    »Nach Hause.«
    »Aber heute ist
Freitag.«
    Schwartz blieb stehen
und sah auf seine knorrigen Finger. Der Nagel des Zeigefingers seiner
Handschuhhand, am Abend zuvor vom Schläger eines Milford-Spielers getroffen,
hatte sich violett-schwarz verfärbt und würde bald abfallen. Er war pleite,
aber das war nicht der Grund, warum er nicht ins Carapelli’s wollte. Er wollte
unter keinen Umständen dasitzen und so tun, als freute er sich über Skrimmers
bevorstehenden Ruhm. Noch immer hatte er ihm nichts von Yale erzählt. Oder
Harvard. Oder Columbia. Oder NYU . Oder der University of California.
»Ich bleib heute Abend besser zu Hause«, sagte er. »Die Abschlussarbeit macht
Probleme.«
    »Oh«, sagte Henry.
»Okay.« Die Nachricht von Aparicio hatte er sich fürs Carapelli’s aufgespart,
wo man sie richtig genießen konnte. Aber das konnte bis morgen warten – und das
würde es auch müssen, denn Schwartz überquerte bereits den Hof, den Kragen
gegen die Kälte aufgestellt.

17
    —
    Affenlight stieg die Stufen zur Phumber Hall hinauf,
während er nervös den Schlüssel in seiner Jackentasche befingerte. Seine
Räumlichkeiten befanden sich direkt nebenan in der Scull Hall, einem in
vielerlei Hinsicht fast identischen Gebäude – dieselben ausgetretenen
Treppenstufen und Gitterfenster an den Treppenabsätzen, derselbe schwer zu
beschreibende Geruch von in hundert Jahre alte Steine eingedrungenem Seewasser
–, aber er fühlte sich wie in einer anderen Welt. Hinter einigen der Türen war
laute Musik zu hören. Wahrscheinlich saßen die Studenten gerade beim
Abendessen, ließen die Musik aber trotzdem einfach laufen. Die Aufsichten
mussten mehr auf Ordnung achten – er würde Dekan Melkin Bescheid sagen. Auf den
Fensterbrettern stand dreckiges Geschirr. An den Türen hingen Weißwandtafeln,
schwarze Filzstifte waren mit Spiralkordeln daran befestigt. Die Tafeln waren
mit hingeschmierten Telefonnummern, Sprüchen und Hinweisen übersät. Auf einer
stand ein Strichmännchen einem Strichweibchen gegenüber. Ein Pfeil zeigte auf
seine schulterhohe Erektion – daneben stand THESE .
Ein anderer zeigte auf die schwarzen Haare zwischen ihren Beinen –

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