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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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zu.« Sie stach mit der Gabel in ihre Kichererbsen,
senkte den Kopf und lachte. Wäre es vorstellbar gewesen, dass jemand wie Pella
Affenlight der Nervosität fähig war, hätte man es vielleicht als nervöses
Lachen bezeichnen können.
    Sie sah Henry an.
»Also?«
    »Also was?«
    »Also, wie ist es denn
jetzt, der Beste zu sein?«
    Henry zuckte mit den
Schultern. »Irgendjemand ist immer besser.«
    »Mike sagt etwas
anderes. Er sagt, du bist der beste – wie heißt das, Shortstop? – des Landes.«
    Henry dachte einen
Moment darüber nach. »Es fühlt sich nicht besonders an«, sagte er. »Man merkt
es eigentlich erst, wenn man Mist baut.«
    Pella nickte, kaute zu
Ende. »Ich weiß, was du meinst.«
    Draußen über dem See
teilten die Wolken sich zu feiner blassgrauer Gaze, durch die es blau
hindurchschimmerte. Der Himmel wurde Lumen um Lumen heller. An wie vielen
regnerischen Spieltagen hatte Henry sich genau diese Begnadigung gewünscht?
Jetzt aber drehte sich ihm schon beim Gedanken daran, spielen zu müssen, der
Magen um.
    Als er in die Kabine
kam, diskutierten Schwartzy und Owen über den Nahen Osten. Henry war spät dran,
die Diskussion hatte bereits ihr Endstadium erreicht.
    »Israel.«
    »Palästina.«
    »Israel.«
    »Palästina.«
    »Israel!«, brüllte Schwartz. Er donnerte mit dem
Handballen gegen seinen Stahlspind.
    Owen schüttelte den
Kopf und flüsterte, nicht weniger überzeugend, »Palästina«.
    Owen war seit seinem
Unfall zum ersten Mal wieder in der Kabine. »Owen«, sagte Henry. »Wie geht’s
deinem Gesicht?« Es war merkwürdig, wie sehr er sich freute, seinen Mitbewohner
zu sehen, obwohl sie Mitbewohner waren und sich ohnehin permanent sahen. Und
doch war es so, dass er Owen in den Winterferien oder den Sommer über, wenn
Owen wie voriges Jahr nach Ägypten oder wie im Jahr davor heim nach Kalifornien
fuhr, eigentlich gar nicht besonders vermisste. Je häufiger er ihn sah, desto
mehr fehlte er ihm, wenn er ihn nicht sah.
    »Auf dem Weg der
Besserung«, sagte Owen. »Aber Lernen ist immer noch ein Problem. Die Worte
verschwimmen.«
    »Spielst du heute?«
    »Nein, nein. Ich bin
raus, bis die Knochen wieder heil sind. Einen Monat, meinen sie. Ich bin hier,
um meine Kollegen zu unterstützen.«
    »Buddha!«, brüllte Rick
O’Shea, der aus der Toilette geschlurft kam, den Gürtel noch offen. »Was ist
los? Hattest du Sehnsucht nach meinem nackten Körper?«
    »Ich steh nicht so auf
Fette«, sagte Owen.
    »Fett? Das ist doch
kein Fett. Nur ein bisschen Moos auf dem guten alten Felsen.« Rick lupfte sein
T-Shirt und klatschte sich auf den teigigen Rumpf. »Hier, fühl doch mal.«
    »Igitt. Bleib mir vom
Leib.«
    »Ganz wie du willst.«
Rick stopfte sein Hemd in die Hose und gab Henry einen Klaps auf den Rücken.
»Hey, Skrim. Wie lief’s denn mit Pella Affenlight? Sah aus, als wollte sie dir
die Krawatte polieren.«
    Henry schaute sich um,
besorgt, dass Schwartzy zuhören und einen falschen Eindruck bekommen könnte,
aber Schwartz hatte seinen ramponierten Körper bereits hinunter zum
Trainerzimmer geschleppt, um sich tapen und bandagieren zu lassen. Izzys
schelmisches Gesicht tauchte hinter einer Spindreihe auf. Er neigte den Kopf zur
Seite, um sich einen funkelnden Brillantstecker aus dem Ohrläppchen zu ziehen:
kein Schmuck während des Spiels. »Die Krawatte polieren?«, sagte er. »Was ist das denn für ein Ausdruck?«
    »Wie, was für’n
Ausdruck?«, sagte Rick. »Das sagt man halt so. Das heißt, sie steht auf ihn.
Sie hat Bock. Sie poliert ihm die Krawatte.«
    Izzy schüttelte den
Kopf. »Den Ausdruck gibt es nicht.«
    »Na und ob. Eine
Sprechwort.«
    »Estúpido.« Izzy warf den Ohrring von einer Hand in
die andere und spuckte in einen der vergitterten Bodenabläufe. »Das hast du dir
ausgedacht, Alter. Gib’s zu.«
    »Hab ich nicht.«
    »Hast du doch.«
    »Nee.«
    »Doch.«
    »Und wenn schon.« Ricks
Gesicht glühte rosig vor Wut. »Woher kommen denn so Ausdrücke? Glaubst du, die
stehen alle irgendwo in ’nem Buch? Jemand muss sich die ausdenken!«
    »Jemand«, sagte Izzy. »Aber nicht du.«
    »Und wieso? Weil ich
nicht schwarz bin? Was ist denn so toll an Schwarzen?«
    »Wir sind
authentischer«, sagte Owen.
    »Iren sind authentisch.
Guck dir mein Kinn an. Ist das vielleicht kein authentisches Kinn?«
    »Ist ein ganz guter
Ausdruck«, sagte Henry. »Vielleicht benutze ich ihn mal.«
    Rick lächelte, dankbar
für die Art angenehmer Unterbrechung, für die Henry verlässlich sorgte.

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