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Kunst des klaren Denkens

Kunst des klaren Denkens

Titel: Kunst des klaren Denkens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Dobelli
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nachträglich. Viele Entscheidungen (Job, Lebenspartner, Investment) fallen unbewusst. Sekundenbruchteile später konstruieren wir eine Begründung, was uns den Eindruck gibt, bewusst entschieden zu haben. Unser Denken ist eher vergleichbar mit einem Anwalt als mit einem Wissenschaftler, dem es um die reine Wahrheit geht. Anwälte sind gut darin, die bestmögliche Begründung für einen bereits festgelegten Schluss zu konstruieren.
    Also: Vergessen Sie die »linke und rechte Gehirnhälfte«, wie sie in jedem semi-intelligenten Managementbuch beschrieben werden. Viel wichtiger ist der Unterschied zwischen dem intuitiven und dem rationalen Denken. Beide haben ihr legitimes Einsatzgebiet. Das intuitive Denken ist schnell, spontan und energiesparend. Das rationale Denken ist langsam, anstrengend und verbraucht viele Kalorien (in Form von Blutzucker).
     
    Natürlich kann das Rationale ins Intuitive übergehen. Wenn Sie ein Instrument üben, lernen Sie Note für Note und befehlen jedem einzelnen Finger, was zu tun ist. Mit der Zeit haben Sie die Klaviatur oder die Saiten intuitiv im Griff: Sie sehen eine Partitur vor sich und die Hände spielen wie von selbst. Warren Buffett liest eine Bilanz, wie ein professioneller Musiker eine Partitur liest. Das ist es, was man »Circle of Competence« nennt: intuitives Verständnis oder auch Meisterschaft. Leider springt das intuitive Denken auch dort in die Gänge, wo wir es nicht zur Meisterschaft gebracht haben – und dies, bevor die pingelige Vernunft korrektiv eingreifen kann. Und dann passieren Denkfehler.
    Weil die kalte Theorie der Irrationalität so jung ist, gibt es für die wenigsten Denkfehler einen gängigen deutschen Begriff. Ich habe daher meist den englischen gewählt und den deutschen – falls eine Übersetzung existiert oder möglich ist – in Klammern dazugesetzt.
    Drei Bemerkungen zum Schluss: Erstens, die Liste der im vorliegenden Buch aufgeführten Denkfehler ist nicht vollständig.
    Zweitens, es geht hier nicht um pathologische Störungen. Trotz dieser Denkfehler können wir den Alltag problemlos bestreiten. Ein CEO, der wegen eines Denkfehlers eine Milliarde in den Sand setzt, läuft nicht Gefahr, in eine Klinik eingewiesen zu werden. Es gibt kein Gesundheitssystem, nicht einmal ein Medikament, das ihn von diesem Fehler befreien könnte.
    Drittens, die meisten Denkfehler hängen zusammen. Das sollte nicht überraschen, denn alles im Hirn ist vernetzt. Neuronale Projektionen führen von Hirnregion zu Hirnregion. Keine einzige Hirnregion steht für sich selbst.
    Seit ich begonnen habe, Denkfehler zu sammeln und zu beschreiben, werde ich oft gefragt: »Herr Dobelli, wie schaffen Sie es, ohne Denkfehler zu leben?« Antwort: Ich schaffe es nicht. Genau genommen versuche ich es gar nicht. Denkfehler zu umgehen ist mit Aufwand verbunden. Ich habe mir die folgende Regel gesetzt: In Situationen, deren mögliche Konsequenzen groß sind (bei gewichtigen privaten oder geschäftlichen Entscheidungen), versuche ich, so vernünftig und rational wie möglich zu entscheiden. Ich zücke meine Liste der Denkfehler und gehe sie durch, eine um die andere, wie ein Pilot eine Checkliste benützt. Ich habe für mich einen handlichen Checklisten-Entscheidungsbaum entworfen, mit dem ich gewichtige Entscheidungen auf Herz und Nieren prüfen kann. In Situationen, deren Konsequenzen klein sind (bei Entscheidungen wie: BMW oder VW?) verzichte ich auf rationale Optimierung und lasse mich von meiner Intuition tragen. Klar zu denken ist aufwendig. Darum: Wenn der mögliche Schaden klein ist – zerbrechen Sie sich nicht den Kopf und lassen Sie die Fehler zu. Sie leben besser damit. Die Natur scheint sich nicht groß zu kümmern, ob unsere Entscheidungen perfekt sind oder nicht, solange wir uns einigermaßen sicher durchs Leben manövrieren – und solange wir aufpassen, wenn es um die Wurst geht.

ANHANG
Dank
    Ich danke Nassim Nicholas Taleb für die Inspiration zu diesem Buch – auch wenn er mir angeraten hat, es unter keinen Umständen zu publizieren (»Schreib lieber Romane, Sachbücher sind unsexy«). Ich danke Koni Gebistorf, der die Texte mit Meisterschaft redigiert hat. Giuliano Musio danke ich für den orthografischen Schliff und Arnhild Walz-Rasilier für ihre ausgezeichneten Verbindungen zur Verlagswelt. Ohne den allwöchentlichen Druck, die eigenen Gedanken in ein lesbares Format zu gießen, gäbe es dieses Buch nicht. Ich danke Dr. Frank Schirrmacher, dass er die Kolumne in

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