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Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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einer Aufklärung des Falles geholfen, aber die Summe von anderthalb Millionen Euro schien mir den Aufwand, den Tokohiro und seine Männer trieben, nicht wirklich zu rechtfertigen. Diese Sache konnte nur ein Teil von Tokohiros Gründen sein, Isabelle Schwarzenberger zu verfolgen.
    Ich wendete die letzte Seite in der Mappe und entdeckte einen gelben Post-it-Zettel auf der Innenseite der Mappe.
    » IS : LVW inoff. künstler. Berat. v. Oki! Beweise?«, hatte Friedel daraufgekrakelt.
    Von Beweisen fehlte leider jede Spur, aber Friedel würde so etwas nicht ohne konkreten Verdacht geschrieben haben. Wer die Quelle IS war, konnte ich mir leicht denken. Ich würde sie danach befragen, wenn ich aus diesem Loch raus war.
    Die Tür wurde entriegelt und geöffnet. Der Japaner mit dem Kaschmir-Pullover betrat den Raum, einen 38er-Colt-Revolver in der gehobenen Hand. Hinter ihm wurde Herr Kim in den Raum geschoben, zumindest vermutete ich das, denn dem Mann war ein brauner Sack über den Kopf gezogen, seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt.
    Der Japaner sagte etwas in einer asiatischen Sprache; Herr Kim nickte. Der Mann trat hinter ihn und zog ihm den Beutel vom Kopf. Herr Kim kniff ein paarmal die Augen zusammen, bevor er mich erkannte. Er sah starr nach vorn, der Japaner drückte ihm den Revolverlauf in den Nacken.
    »Schön, Sie wohlauf zu sehen, Herr Kant«, sagte Herr Kim.
    »Tut mir Leid, dass Sie da mit reingezogen wurden«, antwortete ich.
    Er lächelte halb. »Man hat mir nichts getan, und ich habe die ganze Sache jetzt schon vergessen.«
    »Ich werde mich bei Ihnen melden, wenn das hier hinter mir liegt.«
    »Was soll ich unternehmen, falls Sie das nicht tun?«
    »Nichts, Herr Kim. Ich werde schon auf mich aufpassen.«
    Er nickte, und der Japaner zog ihm den Sack wieder über. Ich hörte noch ein gedämpftes »Viel Glück«, bevor er wieder aus dem Raum geschoben wurde.
    Zehn Atemzüge lang starrte ich auf die Metalltür. Dann legte ich mich auf die Liege und schloss die Augen.
    * * *
    Ich wachte auf, als die Tür geöffnet wurde. Der Kaschmir-Japaner warf einen forschenden Blick in den Raum. Ich setzte mich auf.
    »Sie was brauchen?«, fragte er
    »Kaffee und eine Tageszeitung«, antwortete ich.
    »Hay«, sagte er und schloss die Tür hinter sich. Wieder war ich allein. Im Raum war es totenstill. Kein Geräusch drang durch den Beton von Decke und Wänden. Nach einer Weile glaubte ich, ein Vibrieren des Bodens zu bemerken, aber ich war nicht sicher.
    Als sich Schritte der Tür näherten, kamen sie mir vor wie Hammerschläge. Mein pullovertragender Freund servierte ein continental breakfast mit Pulverkaffee und eine bereits gelesene Rheinische Post. Er stellte das Tablett ab und verließ den Raum wieder, ohne mir einmal auch nur die Seite, geschweige denn den Rücken zuzuwenden. Aber er lächelte.
    Der Kaffee war erträglich, und ich schaffte auch einen der beiden plastikverschweißten Muffins. So rüstete ich mich für das, was der Tag mir bringen mochte. Die Rheinische Post quoll über von Würdigungen des ermordeten Oberbürgermeisters durch jeden, der in Deutschland berechtigt war, seine Meinung gedruckt zu bekommen. Nur Dieter Bohlen fehlte. Die Essenz der Texte war, dass OB Lodenmeier zu Lebzeiten ein völlig unerträglicher Mensch gewesen war, dass aber niemand der Befragten bereit war, das auch hinzuschreiben. Zwischen den Zeilen einiger Lokalpolitiker war die Sorge über die Auswirkungen von Swanns Amoklauf auf das Ansehen der Weltstadt am Rhein zu lesen. Mancher dagegen schien sich zu fragen, ob der Märtyrertod Lodenmeiers Düsseldorfs Image nicht vielleicht sogar zum Vorteil gereichen möge. Aber auch das schrieb natürlich keiner hin. Ich las das Blatt tatsächlich zu Ende. Im Feuilleton fand sich der Versuch einer Kritik der durch Swanns Auftritt etwas in den Hintergrund geratenen Werke seiner Mitstudierenden. Die Klasse von Trockel kam am besten weg – leider war ich umständehalber nicht mehr dazu gekommen, ihre Räume zu besichtigen.
    Ich war bereits bei den Immobilienanzeigen angekommen, als sich endlich die Schritte meines Zimmerservices näherten. Den Revolver in der Hand kam er herein und bedeutete mir, die Sachen auf das Tablett zu räumen.
    »Kann ich etwas zum Schreiben bekommen?«, fragte ich. »Einen Stift und Papier.«
    Zwei Sekunden sah er mich lächelnd an. »Nein«, sagte er dann und verließ den Raum wieder, ohne sich auf Diskussionen einzulassen.
    Ich war allein, mir war

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