Kunstblut (German Edition)
werden.«
»Sie haben eine ganze Menge zu bedauern, Tokohiro San. Ihre Ermittlungen laufen alles andere als reibungslos.«
»Was hätten Sie denn an meiner Stelle getan?«, fauchte er unvermittelt, aber sofort gewann seine Contenance wieder die Oberhand. »Verzeihen Sie diese Frage, sie war unnötig und nicht zu beantworten.«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie zeigen mir Ihre Beweise gegen Isabelle Schwarzenberger. Entweder kann ich sie entkräften, dann können wir zusammenarbeiten. Oder ich akzeptiere sie, dann ziehe ich mich aus dem Fall zurück …«
»… und geben Frau Schwarzenberger die Möglichkeit, ihre Spuren zu verwischen. Nein. Das kommt nicht in Frage.«
»Sie müssten mir vertrauen, das ist richtig.«
»In diesem Fall reicht Ihr Ehrenwort nicht, Kant San.«
»Sie wollen mich und Herrn Kim also so lange festhalten, bis Sie Ihren Fall gelöst haben?«
»Ihren Chauffeur werden wir noch heute wieder freilassen, ich denke, wir konnten ihn überzeugen, nicht gegen uns zu arbeiten.«
»Darf ich fragen, wie Ihnen das gelungen ist?«
»Er stammt aus Korea, er hat eine Vorstellung von den Möglichkeiten ostasiatischer Großunternehmen. Bei Ihnen liegt der Fall natürlich anders. Oder könnten wir Sie einschüchtern?«
»Eher nein«, sagte ich.
»Sehen Sie. Deswegen müssen Sie leider bei uns bleiben.«
»Kann ich mit Herrn Kim reden?«
»Ja, aber natürlich nur unter Aufsicht. Er soll wissen, dass es Ihnen gut geht.« Er ging zur Tür. »Ich möchte Ihr Ehrenwort nicht auf mögliche Fluchtversuche ausdehnen, Kant San. Diese Tür ist immer verschlossen und bewacht.«
»Das dachte ich mir. Beantworten Sie mir noch eine Frage?«
»Es kommt darauf an.«
»Arnie Koppmann war nicht helle genug für dieses Spiel. Er arbeitete für jemanden. Für wen?«
»Das wissen wir nicht.«
Er klopfte gegen die Tür, die sich sofort öffnete. Nach einer letzten Verbeugung ließ er mich allein. Die Tür schloss sich und wurde verriegelt.
Tokohiro hatte mir einiges zu denken gegeben. Unter anderem die Frage, warum ich ihm auch nur ein Wort glauben sollte. Auf dem Tisch lag immer noch Friedels Aktenmappe über Schwarzenberger und die Okinumi Inc. Daneben reflektierte der verchromte Flachmann das Licht der Deckenlampe.
Vorsichtig stand ich von der Liege auf und testete meinen Gleichgewichtssinn, bis ich ihn für ausreichend befand. Dann wankte ich zu dem Edelstahlklo und kotzte hinein.
FÜNF
Trotz des Zustandes meines Gehirns, den ich für eine Erschütterung der Stärke 3,2 auf der nach oben offenen Kant-Skala hielt, las ich Friedels Akte und leerte zu meiner Unterstützung dabei den Flachmann, der erfreulicherweise mehr enthielt, als sein Äußeres vermuten ließ.
Drei Kunstwerke im Wert von anderthalb Millionen Euro, die Herr Köttinger, achtundachtzigjähriger Gründer und Hauptaktionär der gleichnamigen Maschinenfabrik gesammelt und in seiner Chefetage ausgestellt hatte, waren verschwunden, unmittelbar nachdem die Okinumi Inc. den Laden übernommen hatte. Zunächst wurde Köttinger selbst verdächtigt, der seine geliebten Sammlerstücke nur aus schierer Geldnot zusammen mit seiner Firma verscherbelt hatte. Die Vorwürfe trafen den alten Herrn derart, dass er noch am selben Tage an einem Herzversagen verschied. Trotz intensiver internationaler Nachforschungen blieben die Bilder verschollen, bis auf einen Klimt, der ein Jahr später in Australien auftauchte. Der Käufer, ein Neuseeländer japanischer Herkunft, behauptete, das Bild von Yves Schwarzenberger gekauft zu haben.
Schwarzenberger bestritt energisch jegliche Verbindung zu Bild und Käufer und verklagte den Mann, der bereits wegen Hehlerei einsaß, vor einem australischen Gericht. Da der Mann keinerlei Beweise vorlegen konnte, galt Schwarzenberger als rehabilitiert, in Deutschland hatte die Presse von dem Vorfall keine nennenswerte Notiz genommen.
Doch in Friedels Akte fand sich Material, welches das Licht auf die Geschichte erheblich verdüsterte. Der Mann hatte Beweismaterial angekündigt, allerdings wurde dies Tage vor Prozessbeginn gemeinsam mit seinem Haus und seiner Ehefrau Opfer eines Feuers, das nach Ansicht der Brandermittler durch einen defekten Kühlschrank ausgelöst worden war.
Die Okinumi Inc. war von ihrer Versicherung vollständig entschädigt worden. Man hätte den Fall also als erledigt betrachten können, aber offenbar gab es Leute, die noch immer an der Geschichte interessiert waren.
Der Versicherung wäre natürlich mit
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