Kunstblut (German Edition)
drumherum reden sollten, sondern mich erschießen. Oder muss das schon wieder Pollack machen?«
»Wo ist diese Akte? Und wo ist Freddys Waffe?«, fragte Fahrenbach.
»Sie erwarten doch nicht ernsthaft, dass ich auf diese Frage antworte.«
»Er blufft«, sagte Pollack.
Fahrenbach war nicht sicher, das konnte ich sehen. Er nahm seinen albernen Hut ab und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
»Wie sind Sie auf mich gekommen, Kant? Woher wussten Sie, dass ich mitspiele?«, fragte er.
»Nachdem klar war, dass Pollack mit van Wygan zusammenarbeitet, erinnerte ich mich an etwas, das Carlo mir erzählt hatte: Ein sehr dicker Polizist hat sich in seiner Bar gemeinsam mit Pollack Sorgen über gefährliche Japaner gemacht. Und für Pollack gab es nur einen gefährlichen Japaner: Tokohiro. Aber um ehrlich zu sein: Wirklich sicher war ich erst, als Sie allein und ohne Verstärkung hier aufgetaucht sind.«
Auf Pollacks Gesicht erschien ein Grinsen. »Er ist ein heller Bursche, das muss man ihm lassen.«
»Frau Wolters Motiv lag für mich etwas im Dunkeln«, sagte ich, »aber da Pollack sie mit ›Liebling‹ anredet, scheint mir das auch geklärt. Dabei ist Pollack doch verheiratet, oder?«
»Aber nicht mehr lange«, sagte Pollack. »Was machen wir mit ihm?«, fragte er Fahrenbach.
»Er bleibt hier, bis die Akte und die Waffe auftauchen. Vorher bekommt er nichts zu essen und zu trinken. Wir haben Zeit.«
Pollack nickte nachdenklich. »Und der Professor?«
»Der bleibt auch hier. Bis er bezahlt hat.«
»Was?« , kreischte van Wygan.
»Wie viel werden Sie für den Code von ihm verlangen?«, fragte ich. »Zehn Millionen? Das müsste er aufbringen können.«
»Zehn Millionen ist eine hübsche Zahl«, sagte Fahrenbach.
»Zehn Millionen?«, krächzte van Wygan. »Ihr seid doch wahnsinnig! Das zahle ich nicht.«
»Müssen Sie auch nicht, Professorchen«, sagte Fahrenbach. »Wir werden schon einen anderen Interessenten finden. Aber dann werden Sie Ihre geliebten Kunstwerke natürlich niemals wieder sehen.«
»Ich würde Ihnen empfehlen zu bezahlen, van Wygan«, sagte ich. »Es wäre auch eine Art Lebensversicherung. Ich glaube kaum, dass man Sie sonst als Mitwisser am Leben lässt.«
»Interessanter Aspekt«, sagte Pollack.
Es hörte sich an, als knirsche van Wygan mit den Zähnen.
»Du könntest uns langsam mal die Handschellen abnehmen«, sagte Pollack.
Fahrenbach ging zu Pollack und zog seinen Schlüsselbund.
»Bemühen Sie sich nicht«, sagte ich. »Ihr Schlüssel passt nicht.«
Er versuchte es natürlich trotzdem, aber ich hatte nicht gelogen.
»Geben Sie mir den Schlüssel, Kant«, sagte er.
»Ich habe keinen«, sagte ich.
»Machen Sie keinen Quatsch. Rücken Sie den Schlüssel raus!«
»Ich sagte doch, ich habe keinen. Jedenfalls nicht hier.«
Er stürmte auf mich zu wie eine Dampfwalze, wühlte den Schlüsselbund aus meiner Manteltasche und walzte zurück, aber ich hatte wieder nicht gelogen.
»Dann schieß sie halt auf«, sagte Pollack.
»Sie wissen, dass das ein Gasrohr ist?«, fragte ich freundlich.
Fahrenbach sah das Rohr unsicher an. »Er hat Recht. Die gelben sind Gasrohre. Ich habe keine Lust, in die Luft zu fliegen.«
»Oben ist Werkzeug«, sagte Pollack.
Fahrenbach ging zur Treppe.
»Gehärteter Stahl«, sagte ich. »Das dauert.«
Mit entnervtem Gesicht drehte Fahrenbach sich zu mir um. »Wo sind die Schlüssel?«
»In meinem Auto. Steht rechts raus, um die Ecke, fünfzig Meter weiter. Sie liegen in der Mittelkonsole.«
»Wo ist der Autoschlüssel?«
»An meinem Bund.«
»Bin gleich wieder da.« Fahrenbach stapfte die Treppe hoch.
Als die Tür hinter ihm zugefallen war, wartete ich noch eine halbe Minute, dann sagte ich: »Okay, du kannst rauskommen.«
Die Tür unter der Treppe öffnete sich quietschend, und Friedel Hausmann kam aus dem Verschlag.
»Super«, sagte er. »Alles drauf. Sogar das Licht war okay. Das Video wird der Knaller.«
»Beeil dich, er wird nicht lange weg sein«, sagte ich.
Friedel zog einen kleinen Schüssel aus der Tasche und schloss mich los. »Ich freu mich auf Fahrenbachs Gesicht, wenn er wiederkommt.«
»Ich auch«, sagte ich.
Die Tasse in der Hand ging ich zum Tisch. Ich nahm Pollacks Beretta, lud durch und entsicherte sie. Dann probierte ich den Tee.
Er schmeckte entsetzlich.
Oliver Pautsch
DIE FABRY-PAPIERE
Kriminalroman
ISBN 978-3-86358-012-4
»Der erste Hildener Stadtschreiber verknüpft historische Schriften des
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