Kunstblut (German Edition)
Wundarztes mit einem neuen Fall für Hanna Broder.«
Rheinische Post Hilden
Leseprobe zu Oliver Pautsch,
DIE FABRY-PAPIERE
:
Vorwort
Das Jahr 2010 steht in Hilden ganz im Zeichen von Wilhelm Fabry. Der berühmteste Sohn der Stadt wurde am 25. Juni 1560 im Gut »In der Schmitten« an der heutigen Ecke Berliner Straße / Schwanenstraße geboren. Er war der berühmteste deutsche Wundarzt seiner Zeit. Seine meist in lateinischer, aber auch in deutscher Sprache verfassten Bücher erschienen bereits zu seinen Lebzeiten in mehrfach überarbeiteten Auflagen und wurden auch nach seinem Tode immer wieder nachgedruckt. Seine Schriften fanden nicht nur in Deutschland und in seiner Wahlheimat Schweiz Beachtung. Teilweise wurden sie ins Französische, Englische und ins Niederländische übersetzt.
Selbst in englischen Publikationen wird Fabry als »father of german surgery« gepriesen.
Den 450. Geburtstag Wilhelm Fabrys hat die Stadt zum Anlass genommen, ein Fabry-Jahr durchzuführen, in dem Fabry und seine Zeit thematisiert und vorgestellt werden.
Insgesamt werden über 140 Veranstaltungen rund um Fabry, seine Zeit, Medizingeschichte und Gesundheit stattfinden. Über das ganze Jahr verteilt gibt es in Hilden an verschiedenen Veranstaltungsorten Ausstellungen, Vorträge, Lesungen, Theater, Konzerte, ein Festwochenende, einen Kongress, eine Frauengesundheitswoche und Kinderaktionen.
Die Idee, dass Oliver Pautsch als gebürtiger Hildener zum Fabry-Jahr einen Krimi schreibt, fand ich von Anfang an besonders reizvoll. Oliver Pautsch ist dabei nicht der Versuchung erlegen, eine weitere Bearbeitung des »Medicus« vorzulegen. Er hat es geschafft, mit seiner Kommissarin Hanna Broder eine spannende Geschichte um die »Fabry-Papiere« zu entwickeln, die lokale Ereignisse wie den Abriss des Sparkassengebäudes in der Mittelstraße im Jahr 2009 aufnimmt und nicht nur den ortskundigen Leser schon nach wenigen Seiten fesselt.
Die »Fabry-Papiere« sind ein wichtiger Bestandteil des Fabry-Jahres und werden sicher in manchem Gepäck für den Sommerurlaub 2010 zu finden sein.
Dr. Wolfgang Antweiler
Leiter des Stadtarchivs Hilden, Projektleiter des Fabry-Jahres 2010
Hilden, im Mai 2010
Vive ut vivas
Lebe, damit du leben mögest
Auf Wilhelm Fabrys Grabstein in Bern
Hanna Broder war merkwürdig gelassen für jemanden, der fünf Pistolenschüsse auf einen anderen Menschen hatte ertragen müssen. Sie fühlte sich erlöst.
Den gewaltsamen Tod eines Menschen mitzuerleben, und sei es ein überführter mehrfacher Mörder auf dem Weg zum Gericht, ist ein einschneidendes Erlebnis. Das wusste Hanna aus Erfahrungen, die sie im Laufe der Dienstzeit am eigenen Leib gemacht hatte. Erst als die Hauptkommissarin den Hasseler Forst Richtung Hilden durchquerte und die Stadtgrenze von Düsseldorf hinter sich ließ, atmete sie tief durch.
Konnte ich etwas dafür? Hätte ich es verhindern müssen? Nein. Für dieses Schuldgefühl bin ich definitiv nicht katholisch genug, dachte sie und öffnete das Fenster des dunkelblauen Opel Astra, den sie als Dienstwagen so leidenschaftlich verabscheute, wie man eine Sache nur hassen konnte. Kalte Luft fuhr ihr ins Haar und verwirbelte den Staub unzähliger Kollegen aus Teppichen und Polstern.
Wieso macht mir Striebeks Tod nichts aus? Bin ich so abgebrüht? Oder kommt der Schock erst noch? Hanna fühlte kein Mitleid mit dem Täter, der ihren Exmann als Geisel genommen und sowohl ihn als auch Hanna und den Kollegen Cocker fast getötet hatte. Sie durchsuchte ihr übermüdetes und überfordertes Gehirn nach Gefühlen, die sie nun bewegten. Keines davon hatte mit Genugtuung zu tun.
Die feuchte Waldluft roch würzig. Hanna ließ die Scheibe des Beifahrerfensters ebenfalls ganz in der Tür verschwinden. Der plötzliche Temperaturabfall würde sie wieder munter machen und auf andere Gedanken bringen, hoffte sie.
Vielleicht bin ich einfach nur erleichtert, dass Striebek endlich weg ist, dachte sie. Endgültig weg. Dieser Gedanke beunruhigte Hanna. Sie gab Gas, während sie auf der Lehne des Beifahrersitzes ein langes blondes Haar entdeckte. Ohne sich lange mit der Frage zu beschäftigen, von welcher Kollegin es sein konnte, klopfte sie mit der rechten Hand fest auf die Rückenlehne unterhalb des Haars. Eine beeindruckende Wolke aus Staub und undefinierbaren Kleinteilen wirbelte auf und wurde vom Wind aus dem Wagen gerissen.
Das gibt’s ja nicht, dachte Hanna. Sie war fasziniert, wie schmutzig der
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