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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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erfährt niemand von dem Bild.«
    Norma bedankte sich und wollte gehen.
    »Augenblick! Ich habe noch etwas für Sie.«
    Überrascht drehte Norma sich um und nahm einen Notizzettel entgegen. »Eine Autonummer!«
    »Weil alles so merkwürdig war, habe ich das Kennzeichen aufgeschrieben.«

33
    Donnerstag, der 26. Juni
     
    Am Vormittag lud Undine zu einer kleinen Willkommensfeier für den Jawlensky in die Galerie ein. Der unvermeidbare Dr. Regert gehörte zu den Gästen, dazu gesellten sich Nina und Eiko Ehlers, der Normas Anwesenheit mit freundschaftlichem Lächeln zur Kenntnis nahm. Mit leichter Verspätung erschienen Wolfert und Milano. Kurz zuvor war Lutz eingetroffen, der seinen Rivalen mit eisiger Höflichkeit begrüßte, bevor er Norma umarmte und ihr ins Ohr raunte, welcher Teufel Undine bei der Zusammenstellung der Gäste geritten haben mochte.
    »Das sind die wenigen Eingeweihten«, gab sie leise zurück. »Ohne diesen kleinen feinen Zirkel müsste Undine ihren Jawlensky allein begrüßen.«
    »Ich bin froh, dass Nina bei Undine wohnen darf«, flüsterte Lutz. »Weiter bei diesem Daniel, das wäre unmöglich.«
    Er wusste von Normas Verdacht gegen Ninas Mitbewohner. Mit Rücksicht auf die Sicherheit der Tochter hatte Norma auch Undine eingeweiht, die umgehend in die Rolle der großmütigen und alles verzeihenden Mutter schlüpfte. Nina konnte im Augenblick reichlich Trost und Zuwendung brauchen. Trotzdem hatte Norma Zweifel, dass es lange gut gehen könnte.
    Ob sie inzwischen eine Ahnung habe, wer ihr das Bild zuspielte?, wollte Lutz mit einem Blick auf das ›Schweigende Rot‹ wissen, das im besten Licht einen Ehrenplatz erhalten hatte. Normas Geste verriet ihre Ratlosigkeit.
    Die Stimmung war gedrückt. Niemand sonst unterhielt sich. Mit einem Gesicht wie drei Tage Regenwetter trug Nina ein Tablett mit Undines liebstem Rheingauer Rieslingsekt umher, den Blick starr auf die Gläser gerichtet. Ihre finstere Aufmachung entsprach der einer Trauernden, wenn man von der Knappheit des schwarzen Lederrocks und den frivolen Netzstrümpfen absah.
    Undine sah in die Runde, um dann feierlich zu erklären: »Wir haben uns hier zu Ehren eines Kunstwerks versammelt, über dessen Rückkehr ich überglücklich bin. Das Bild ist unversehrt, Gott sei Dank, und bald wird es verspätet, aber nicht zu spät, seine Reise in die Schweiz antreten. Ich möchte allen danken, die sich so sehr dafür eingesetzt haben. Allen voran möchte ich dir danken, meine liebe Norma!«
    Sie hob das Glas, prostete Norma zu und bedankte sich anschließend bei den Kommissaren für den guten Willen, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, und bei Lutz und Regert für die seelische Unterstützung. Dass sie beide Männer in einem Satz abhandelte, brachte ihr einen feindlichen Blick von Regert ein. Lutz wirkte lediglich überrascht.
    Zum Schluss wandte sie sich an Ehlers. »Sie haben als Rechtsanwalt dafür gesorgt, dass meine Tochter mit einem blauen Auge davonkommen wird. Ob Nina so viel Nachsicht verdient hat, darüber will ich nicht urteilen. Auf ihre Weise muss sie schwer für ihren Fehler büßen. Sie verlor ihren Freund Rico, wenn er auch, nach meiner Meinung, ihre Freundschaft und Liebe nicht verdient hatte …«
    »Lass Rico in Ruhe!«, rief Nina dazwischen. »Du verstehst gar nichts!«
    »Nicht verdient hatte«, wiederholte Undine ungerührt und streifte die Tochter mit einem tadelnden Blick. »Ich bin Ninas Mutter, und eine Mutter liebt ihr Kind, gleichgültig, was es getan hat. Wir haben uns ausgesprochen, und wir wollen einen neuen Anfang wagen. Lasst uns anstoßen. Auf Alexej von Jawlensky und sein meisterhaftes Werk!«
    Mit dem erhobenen Glas schaute sie erwartungsvoll auf ihre Gäste. Milano, der sein Glas auf der Fensterbank abgestellt hatte, breitete die Arme aus und begann zu klatschen, um dann – als niemand mitmachte – abrupt innezuhalten. Die anderen hoben die Gläser. Wolfert sah verstohlen auf die Uhr und folgte Milano, dem plötzlich eingefallen war, dass er sich brennend für die ausgestellten Objekte interessierte. Lutz kümmerte sich um Nina, deren Schminke von einem Tränenausbruch bedroht war. Undine wurde von Regert zum Fenster genötigt. Er hielt ihren Ellenbogen fest und redete heftig auf sie ein. Sie wirkte zunehmend verärgert.
    Norma betrachtete den Jawlensky, als Eiko an ihre Seite trat. »Gratuliere! Du konntest das Bild also zurückbringen. Ich sehe es zum ersten Mal. Es ist … aufregend. Das Lösegeld muss

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