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Kunstraub im Städel

Kunstraub im Städel

Titel: Kunstraub im Städel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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    „Klar, aber gewöhnlich schießt er nur, wenn man ihm blöd kommt. Die Leute hier wissen das aber. Angeblich soll’s schon vier oder fünf Monate her sein, seit Tobi das letzte Mal abgedrückt hat. Er hat gerade seine Entspannungsphase.“
    „Da bin ich ja beruhigt. Ich hab Dorscht.“
    (Dorscht ist hessisch, heißt Durst und steht in etwa für Gruppendynamik.)
    „Da geht’s dir wie mir, Marlon. Der gestrige Abend war die Hölle.“
    „Wieso?“
    „Hansa-Bier!“ erklärte Herr Schweitzer ausführlich.
    „Aua! Ausgerechnet Hansa-Bier. Das würde ich ja nicht mal zum Putzen verwenden. Das hast du hoffentlich nicht freiwillig gesoffen.“
    „Nee, beruflich. Ich muss mich doch integrieren, will ich was rauskriegen.“
    „Okay, okay“, beschwichtigte Marlon Smid und griff nach seiner Geldbörse, „ich hab verstanden. Wenn’s beruflich war, gibt’s natürlich Schmerzensgeld.“ Er überreichte Herrn Schweitzer einen Fünfziger.
    Der noch immer gar arg Gebeutelte nahm ihn entgegen und sagte: „Ich geh uns mal was zu trinken holen, vorne beim Kiosk. Wenn ich in fünf Minuten nicht zurück bin, hat Tobi seine Entspannungsphase für beendet erklärt.“
    „Na ja, der Schuss wird wohl nicht zu überhören sein. Viel Glück.“
    Am Kiosk wartete eine Überraschung auf ihn. Tobi vermittelte den Anschein einer geglückten Bekehrung: „Simon, ich glaub nicht, dass meine Frau mit so einem Lackaffen durchgebrannt ist. Wer ist das eigentlich? Will der jetzt auch noch hier wohnen tun?“
    „Nee, Tobi. Das ist so ein doofer Geldeintreiber. Du weißt ja, wie das manchmal so läuft. Der ist bald wieder weg. Schmeiß mir mal vier Flaschen Cola rüber.“
    Und Herr Schweitzer verdiente sich seine ersten Sporen als Integrationsminister vom Campingplatz, indem er Tobi drei Hansa-Bier spendierte.
    „Was ein Wetterchen. Ist das Leben nicht herrlich“, sagte Marlon Smid bei seiner Rückkehr. Er saß auf den Paletten und sein Jackett hing über seinen Knien.
    „Yeap. Kann man so sagen. Lass mal das Foto sehen.“
    Smid gab ihm einen Umschlag. „Sei vorsichtig. Mein Computerfreak hat sich mächtig ins Zeug geschmissen.“
    Das Foto sah aus, wie Fotos früher aussahen. Die Konturen waren nicht so scharf und es hatte einen leichten Farbstich. Konstantinos Tziolis saß auf einem Korbstuhl und hinter ihm stand eine Brünette mit hochgesteckter Haarpracht im weißen Blümchen-Bikini. Eine Hand hatte sie ihm auf die Schulter gelegt, in der anderen hielt sie ein Glas Schampus. Konstantinos wirkte um etliches älter als die Lady.
    „Was willst du damit?“
    „Ist nur ein Versuch“, erklärte Herr Schweitzer. „Gestern wurden hier Urlaubsfotos herumgereicht. Ich dachte, ich versuch’s halt mal. Kann ja nicht schaden. Vielleicht erkennt ihn jemand.“
    „Gute Idee“, lobte Marlon Smid. „Zumal wir sowieso nicht weiterkommen.“
    „Gar nichts Neues?“
    „Nö. Es ist, als wären die Gemälde vom Erdboden verschluckt worden.“
    „Und was, wenn das ein Einbruch auf Bestellung war? Ich meine, dann tauchen die doch nie mehr auf. Irgendein Verrückter sammelt Originale und geilt sich an ihnen auf. So was soll ja vorkommen“, gab Herr Schweitzer zu bedenken.
    „Klar. Damit ist zu rechnen. Dann wird die Versicherung halt zahlen müssen und ich gehe leer aus. So ist das eben. Berufsrisiko.“
    „Wem sagst du das, wem sagst du das. Ich muss mir dringend was einfallen lassen von wegen des Risikofaktors Hansa-Bier“, überlegte Herr Schweitzer.
    „Haben die nix anderes hier?“
    „Doch. Korn.“
    „Klingt nicht unbedingt nach dem Garten Eden.“
    „Für die Leute hier schon. Ich glaube, zur Not würden die auch mit Quecksilber gemischtes Benzin trinken.“
    Marlon Smid schüttelte den Kopf und blickte sich um. „Das ist schon ein komischer Campingplatz. Hier stehen ja mehr Baracken als Zelte und Wohnwagen.“
    „Ja, irgendwie erinnert’s mich an Slums und Favelas. Mit dem einzigen Unterschied, dass zumindest die sanitären Anlagen funktionieren.“
    In dem Moment kam Heidi des Weges, von der Herr Schweitzer vermutete, dass sie für den morgendlichen Radau mitverantwortlich war – sie war die bislang einzige Frau, die er hier gesehen hatte. Sie schleppte schwer an einer schwarzen Sporttasche aus Plastik, die ihre besten Tage schon weit hinter sich hatte. Das Klirren und Scheppern ließ auf einen Großeinkauf beim Getränkeladen schließen. Ihre Schritte im Zickzackkurs verrieten einen ausgedehnten

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