Kunterbunte Tiergeschichten
musste ich zuerst eine Lehre
zum Kutschpferd machen. Das gefiel mir ganz gut, denn nun war ich
jeden Tag draußen. Als ich begriffen hatte, worauf es beim Kutsche
Ziehen ankam, machten wir immer größere Ausfahrten. Herrlich!
Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Kurze Zeit darauf wurde ich an
einen Pferdehändler verkauft und sah deshalb meine alten Stallgenossen und meine ursprünglichen Besitzer nie mehr wieder. Aber das
Leben geht weiter.
Dort, bei dem Pferdehändler, standen viele Ponys und Pferde jeden
Alters zusammen in einer großen Scheune, die provisorisch in kleine
und große Boxen aufgeteilt war. Es roch hier nicht nur nach schimmeligem Heu und Stroh, sondern auch nach Tränen, Kummer und
Leid. Aber nach ein paar Tagen hatte ich mich auch daran gewöhnt
und nahm von nun an lebhaft an dem Treiben in der Scheune Anteil.
Langweilig wurde es hier nie, jeden Tag war etwas anderes los. Pferde und Ponys kamen und gingen. Gerade hatte man sich aneinander
gewöhnt, wurde man auch schon wieder getrennt. Was wohl aus ihnen allen wurde, fragte ich mich jedes Mal wieder. Kamen sie wohl
zu lieben Menschen, die sie gern hatten? Dann sehnte auch ich mich
heftig nach einem Menschen, dem ich mein Herz schenken konnte,
der mich mochte und mich verstand, der mich streichelte, putzte und
ritt. Und eines Tages wurde mein Wunsch Wirklichkeit.
Zwei Menschen, Mann und Frau mittleren Alters, die auf mich einen
freundlichen Eindruck machten, kamen mit dem Pferdehändler in die
Scheune und wurden von uns allen mit freundlichem Wiehern begrüßt. Wir wussten doch schließlich, was sich gehörte.
Sie gingen von Box zu Box, schauten uns prüfend an, und ich bekam
dabei mit, dass sie zwei Ponys zum Reiten und Fahren suchten. Ich
bebte innerlich, denn alles, was sie verlangten, das konnte ich auch,
das traf auf mich zu. Ich wünschte mir nichts so sehr, als dass sie bei
mir stehen blieben und mich ansahen. Mein Herz klopfte laut und
stürmisch an meine Rippen. Als ob die Frau mein Herzklopfen gehört
hätte, blieb sie vor meiner Box stehen, sah mich mit Tränen in den Augen an und flüsterte:,,Das ist es. Nach so einem Pony habe ich schon
lange gesucht. Mein Gott, du bist ja bildschön.“ Dabei klopfte sie mir
den Hals und streichelte mich zärtlich. Ich genoss ihre Streicheleinheiten, und als sie mich dann noch mit Leckerlis fütterte, war mein
Glück vollkommen. Ich nahm ihr die Möhren vorsichtig mit weichen
Lippen aus der Hand, um sie ja nicht zu verletzen. Da die anderen
Pferde und Ponys mit hungrigen Augen zu uns herübersahen, verteilte die Frau die restlichen Leckereien unter ihnen, und das fand ich
sehr schön. Zeigte es mir doch, dass sie ein gutes Herz hatte. Wenn
es Liebe auf den ersten Blick gibt, dann hatte ich mich soeben verliebt. Mir brach der Schweiß aus, als sie mir wieder den Hals klopfte
und meinen Schopf zärtlich kraulte. Ein paar Boxen weiter stand ein
Pony-Wallach mit Namen Goody, der größenmäßig und farblich zu
mir passte. Warum er gerade Goody hieß, weiß ich nicht. Vielleicht
ist es ein ganz Lieber und Guter und wird deshalb Goody genannt.
Ich kannte ihn nicht weiter, wir hatten bisher nur Blickkontakt. Die
drei Menschen blieben auch vor Goodys Box stehen, und ich sah,
wie das Pony seine Ohren spitzte. Nun wurde der Wallach aus seiner
Box geholt und musste an der Hand laufen. Na ja, das machte er ganz
ordentlich, dachte ich. Aufmerksam ließ ich meine Ohren spielen,
damit mir ja nichts davon entging, was die drei dort besprachen. So
hörte ich, dass wir zwei, Goody und ich, zuerst einmal probeweise
zu ihnen kommen sollten. Aber wieso probeweise? Wenn die Frau
mich so liebte wie ich sie, dann würde sie mich doch auf jeden Fall
sofort und ganz haben wollen. „Ganz ruhig, Cherie“, redete ich mir
selbst zu, „abwarten und Wasser trinken.“ Das machte ich dann auch
und fühlte mich gleich besser, sodass ich innerlich aufjubelte und
mir ausmalte, wie es sein könnte, wenn ich zu diesen Leuten kommen würde. Ach, es wäre zu schön, wenn diese Frau meine Herrin
würde. Nach einigen liebevollen Worten, die Goody und mir galten,
verschwanden die drei aus der Scheune. Hoffentlich dauerte es nicht
so lange, bis wir diese jämmerlichen Boxen verlassen konnten.
Ein paar Tage vergingen, ohne dass etwas Besonderes passierte. Ich
wurde von Tag zu Tag trauriger, und auch Goody ließ seinen Kopf
hängen. Doch eines Morgens führte man uns endlich nach draußen
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