Kunterbunte Tiergeschichten
Wallache, Junkie und Don, mehr im Stall. Sie waren hauptsächlich vor der Kutsche gegangen und hatten an unzähligen Turnieren
siegreich teilgenommen. Jedenfalls erzählten sie uns ganz stolz davon. Aber sie ließen sich auch reiten. Sie waren wirklich gut erzogen
und lammfromm. Sie schnaubten uns zu:,,Hey, ihr Süßen.“ Dabei
rollten sie feurig mit den Augen.,,Kommt doch ein bisschen näher,
damit wir uns besser sehen können. Ihr braucht keine Angst zu haben, wir tun euch nichts.“ Das waren doch nur leere Worte, dachte ich
misstrauisch, denn dass sie etwas ganz anderes vorhatten, wenn sie
nur könnten, sah man ihnen direkt an. Aber nicht mit uns! Demonstrativ verzogen wir uns alle, auch die kleinen Ponys, in die hinterste
Ecke unserer Boxen und ließen sie schnauben, was sie wollten. Wir
reagierten gar nicht darauf.
Udo spannte nun öfter die Hengste, meistens Don und Sam, vor die
Kutsche, und zusammen mit Christa fuhren sie spazieren. Von Inka
wurden sie geputzt und geritten. Und ich muss ehrlich zugeben, die
Reitkünste waren nicht schlecht. Wenn Hexe und ich am Zaun standen und zusahen, zeigten sie sich von ihrer besten Seite. Sie sahen
wirklich schön aus, wenn sie mit stolz erhobenen Köpfen und wehenden Schweifen und Mähnen mit Inka über die Wiese oder den
Reitplatz galoppierten. Zum Verlieben, wenn sie nur nicht so groß
wären. Ich muss ja zugeben, Hexe und ich waren ein kleines bisschen
verliebt, aber das brauchte keiner zu wissen, das sollte unser Geheimnis bleiben. Man merkte auch Inka an, dass Sam ihr Liebling war,
denn so manche Stunde verbrachte sie damit, ihn zu waschen oder zu
putzen. Überhaupt war die Pflege der vier Neuen viel schwieriger als
unsere Pflege, denn es waren Schimmel. Könnt ihr euch vorstellen,
wie viel Zeit Inka damit verbrachte, vier Schimmel zu putzen? Nein,
das könnt ihr nicht. Ich wollte jedenfalls nicht in ihrer Haut stecken.
Meine Pflege war nicht so aufwendig. Sina putzte mich vor dem
Reiten, und nach dem Reiten wälzte ich mich genüsslich in meiner
Sandsuhle auf der Wiese. Darauf konnte und wollte ich nicht verzichten. Diesen Luxus gönnten Hexe und ich uns regelmäßig.
Eines Tages, Hexe und ich waren gerade wieder von der Wiese in unsere Boxen gekommen, stand mit einmal Sam vor meiner Box. Aus
der Nähe erschien er mir noch riesiger als sonst aus der Ferne. Da die
Boxen nur durch eine halbhohe Mauer vom Stallgang getrennt sind,
bekam ich furchtbare Angst, dass Sam zu mir hereinspringen würde. Er schnaubte erregt, seine Nüstern waren gebläht, und er tänzelte
stolz vor unseren Boxen hin und her. Hexe und ich wieherten laut
und schrill und drückten uns in die äußersten Ecken unserer Boxen.
Liebe Güte, half uns denn keiner? Doch, unser lautes Wiehern wurde
von Udo gehört, denn er stand kurze Zeit später in der Stallgasse und
drängte den widerstrebenden Sam zurück in seine Box. Wenn ich daran denke, zittern mir noch heute meine Beine. Auch Hexe und die
kleinen Ponys konnten sich stundenlang nicht beruhigen. Hoffentlich
wurden zukünftig Sams und Dieters Türen richtig verschlossen, damit so etwas nicht wieder passieren konnte.
Udo und Christa hatten nun jeden Tag viel damit zu tun, unsere Boxen sauber zu halten, uns zu füttern und zu putzen. Aber wir merkten
ihnen an, dass sie diese Arbeiten gerne verrichteten, denn sie waren
immer guter Dinge. Nie schimpften sie mit uns, und nie wurde ihnen
etwas zu viel. Ich war so froh, dass hier nun mein Zuhause war. Sina
hatte durch die Schule, wie sie mir erzählte, immer weniger Zeit, um
uns zu putzen oder mit uns auszureiten. Schade, wo ich sie doch so
gern hatte! Die beiden Mädchen kamen zuerst noch häufiger, aber
nach ihrer Konfirmation, dieses Wort kann ich euch leider nicht erklären, wurden ihre Besuche immer seltener. Dafür kamen wir jetzt
von morgens bis mittags nach draußen auf die Wiese. Ach, hatten wir
ein herrliches Leben! Wir vermissten Sina schon bald gar nicht mehr
so doll. Trotzdem beschloss Udo eines Tages, Hexe, meine Freundin
und Stallgenossin, zu verkaufen. Eine Frau aus Bayern, die schon ein
paar Ponys hatte, interessierte sich für Hexe und wollte sie haben.
Jetzt hatten wir uns gerade aneinander gewöhnt, verstanden uns so
gut, nun sollten wir schon wieder auseinandergerissen werden? Ach,
das Leben kann so grausam sein!
Hexe und ich waren sehr traurig, als der Tag des Abschieds gekommen war. Alle im Stall wieherten ihr noch einmal leise zu,
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