Kunterbunte Tiergeschichten
ganz auf Sina
einstellen. „Was für eine Prüfung wir wohl würden reiten müssen?“,
fragte ich mich. Hoffentlich nicht wieder so eine langweilige Jugendreiterprüfung.
Schon wurde meine Nummer aufgerufen, und zusammen mit einigen
anderen Kindern auf ihren Ponys, die auch aufgerufen wurden, trabten
wir in die Halle. Das Erste, was ich sah, war der riesige Spiegel an der
gegenüberliegenden Wand. Ich erschrak heftig. Sina hatte einiges zu
tun, um mich daran vorbeizubringen. Immer wieder beruhigte sie mich
mit leisen Worten, und endlich merkte ich, dass ich vor dem Spiegel
keine Angst zu haben brauchte. Trotzdem brach mir der Schweiß aus.
In der Mitte standen nun die Richter, die das Reiten der Kinder beurteilen sollten. Also doch wieder eine Jugendreiterprüfung! „Langweiliger
geht es nun wirklich nicht“, dachte ich genervt. Wenn wir wenigstens
ein spannendes Springen mitmachen würden, denn springen konnte
ich doch ganz gut. Da war ich sogar immer die Beste.
Nun waren wir beide an der Reihe. Ich merkte genau, wie Sina sich
verspannte, trotzdem gab ich mein Bestes beim Traben und Galoppieren. Na ja, mein Galopp war wohl doch etwas zu heftig, wie ich
später von Udo hörte, und deshalb fiel die Benotung der Richter auch
nicht so gut aus. Doch Sina strahlte über das ganze Gesicht. Es war
ihr erstes Turnier, und sie war zufrieden. Na, dann war ja alles in
Ordnung. Obwohl ... ich war jedenfalls nicht so ganz glücklich mit
dem Ausgang dieses Wettkampfs und polterte später auf dem Nachhauseweg immer wieder auf dem Hänger herum.
Zu Hause wurde ich freudig von Hexe, Maya, Mirja und Sheela begrüßt und musste ihnen alles genau erzählen. Auch meine Zöpfchenfrisur wurde von ihnen immer wieder bestaunt. Später auf der Wiese
versuchte Hexe zwar, meine Frisur zu zerstören, doch es gelang ihr
nicht, so sehr sie sich auch anstrengte. Im Wassertümpel sah ich endlich, wie gut mir die Zöpfchen standen. Da konnte ich Hexe verstehen, dass sie neidisch war. „Ach, so gut möchte ich immer aussehen“,
dachte ich. Doch am nächsten Tag kamen die Zöpfchen raus, und der
Alltag fing wieder an.
Nun nahmen Sina und ich immer öfter an Turnieren teil. Doch da sie
einfach nicht mit mir springen wollte, obwohl ich doch ein SuperSpringtalent war, zeigte ich ihr immer öfter, wo es meiner Meinung
nach langging. Wir verstanden uns einige Zeit gar nicht mehr so gut,
trotz des Unterrichts von Udo oder auch von Inka. Sina machte einfach keine richtigen Fortschritte mehr. Dementsprechend fielen auch
die Wertungsnoten bei den Turnieren aus. Wenn sie mich auf den
Reitplatz führte, hoffte ich immer wieder, dass sie nun mit mir springen würde, aber vergebens, nichts geschah. Sie hatte einfach keinen
Mut. Schade, ich hätte so gern einmal mit Sina ein Springen gewonnen. Auch Hexe sprang gern, und wenn die Mädchen uns ritten, wollte jeder von uns die Beste beim Springen sein. Aber turnierreif, wie
Udo sagte, war Hexe noch nicht, sie musste erst noch mehr lernen.
Im Großen und Ganzen war sie mit ihrem Leben hier bei Udo und
Christa, wie sie mir sagte, recht zufrieden, denn es fehlte ihr, genauso
wie mir, an nichts.
Nach einiger Zeit fasste sich Sina doch endlich ein Herz und wagte
mit mir die ersten kleinen Sprünge bei uns auf dem Reitplatz. Aber
dabei blieb es dann auch, auf Turnieren wollte sie einfach an keinem
Ponyspringen teilnehmen, obwohl wir doch ganz gut miteinander
klarkamen.
Dann kam Silver, ein Pony-Hengst zu uns in den Stall, und unser Leben wurde richtig spannend und aufregend. Wir Stuten bewunderten
seine Schönheit und seinen Körperbau, und er ließ sich diese Bewunderung stolz gefallen. Na, wer würde da nicht stolz werden? Jetzt war
sein Fell noch schwarz mit einigen weißen Flecken darin, aber später,
wenn er erwachsen war, würde er ein Schimmel sein. „Unvorstellbar“, dachte ich. Wir merkten genau, dass auch wir ihm gefielen und
seine Augen immer wieder zu uns herübersahen. Unruhig lief er dann
in seiner Box hin und her. Wenn er an uns vorbei auf die Wiese geführt wurde – was heißt geführt, er tänzelte an uns vorbei – blähte er
erregt seine Nüstern, wölbte stolz seinen Hals noch höher, schnaubte
heftig, um dann draußen in wildem Galopp über die Wiese zu stürmen. „Ach“, dachte ich, „ist das ein toller Hengst“, und schaute ihm
bewundernd hinterher.
Und dann passierte eines Tages das, womit keiner von uns gerechnet hatte. Silver hatte sich schon
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