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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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    «Langweilige Party. Da muss ein bisschen Schwung rein.»
    «Lass uns tanzen.» Ohne meine Antwort abzuwarten, griff Johnny nach meinem Arm.
    «Sollte ich vielleicht auch jemandem Bowle über den Kopf gießen ? », rief Ella uns nach.
    Als wir unten ankamen, spielten sie Procol Harums «A Whiter Shade of Pale ».
    Johnnys Geruch war mir vertraut, ich dachte daran, wie ich früher wochenlang von einem einzigen Tanz mit Johnny gezehrt hatte. Auch jetzt war die Party auf einmal überhaupt nicht mehr langweilig. Johnnys Körper lud dazu ein, mich immer enger an ihn zu drängen, die Gefühle von vor fünfzehn Jahren regten sich wieder, und ich mochte mich nicht gegen sie wehren. Ich hatte mich schon einmal wegen Johnny lächerlich gemacht, da kam es auf einmal mehr auch nicht an.
    Nach «A Whiter Shade of Pale » folgte ein zweites langsa mes Stück. Johnnys Hand um meine Taille war warm und schwer, sein Gesicht entspannte sich. Wir stießen im Gedränge mit Ella und Math zusammen, die sich offenbar versöhnt hatten, und irgendwo zwischen den tanzenden Paaren sah ich das verwunderte Gesicht meiner Mutter. Verdammt, was ging sie es an, mit wem ich tanzte?
    Zu meinem Verdruss war das nächste Stück wieder ein Foxtrott. Als wir uns auf die Suche nach meinem Bowleglas machten, lag Johnnys Arm immer noch um meine Taille. Wir verdrückten uns durch den Hintereingang und gingen zum Fuß des Turms. Über dem Turm hing eine schmale Mondsichel, der Himmel hatte das gleiche Glockenblumenblau wie Johnnys Augen.
    « Du siehst ein bisschen müde aus», sagte ich behutsam.
    «Ich hab die ganze letzte Nacht versucht, mit Tuija ein paar praktische Dinge abzuklären. Im Prinzip hatten wir uns auf gemeinsames Sorgerecht geeinigt, aber jetzt hat sie auf einmal was dagegen, dass die Kinder ab und zu bei mir wohnen.
    Von unserem Gebrüll ist dann auch noch Tuomas aufgewacht, und es hat eine Stunde gedauert, ehe er sich wieder beruhigt hatte. Ich dachte, Tuija wäre hier, aber ich hab sie nicht gesehen.»
    «Am frühen Abend war sie jedenfalls da. Was ist denn schiefgelaufen bei euch?»
    Johnny sah den Hügel hinunter, sein dunkelroter Anzug zeichnete sich deutlich gegen den Himmel ab. Wirklich ein Apoll.
    «Zu jung gefreit… Wir waren vielleicht siebzehn, als wir anfingen, fest miteinander zu gehen. Ich war ein ganz anderer als jetzt. Ich will noch was anderes in meinem Leben als … als irgendwelchen Blagen den Felgaufschwung beizubringen. Ich mach jetzt seit zehn Jahren immer das Gleiche, dreißig hätte ich noch vor mir. Nee danke! »
    «Was würdest du denn gern tun ? »
    «Na, irgendwas.» Johnny riss Blätter von einer jungen Birke, zerquetschte sie in der Hand und streute die grünen Schnipsel auf den kupferfarbenen Sand. «Zum Musiker langtʹs bei mir nicht mehr, aber ich könnte mich zum Beispiel als Trainer versuchen oder als Sportreporter oder … jetzt lachst du mich bestimmt aus… ich würde gern eine Fotografenausbildung machen. Um die Welt reisen und foto-grafieren. Träume eines Vierunddreißigjährigen! » Johnny schleuderte die restlichen Blattfetzen den Hügel hinab.
    «Ich lach nicht. Das versteh ich sehr gut.»
    « Du hast mich früher auch nie ausgelacht.» Johnnys Blick war schwer zu ertragen, sein Gesicht näherte sich meinem, erreichte es fast, entfernte sich schnell, als hinter uns Schritte zu hören waren.
    «Stör ich ? » Kaisa sah ebenso verwirrt aus wie ich.
    «Hat sich Aniliina beruhigt?» Johnny hatte sich abgewandt und starrte wieder den Hügel hinab.
    « Sie hat sich nicht beruhigen lassen, joggt mal wieder kilometerweit. Es geht ihr wieder schlechter, seit die Schule aus ist und ihre Therapeutin Urlaub macht. Ich finde, sie müsste zurück ins Krankenhaus … »
    «Ist es so schlimm mit ihrer Magersucht?»
    «Na, das ist doch nicht zu übersehen!», schnaubte Johnny. «Das Mädchen ist doch nur noch Haut und Knochen.»
    «Warum hat sie so einen komischen Namen ‐ Aniliina ? », fragte ich.
    «Aniliina Violetta, um genau zu sein. Sie soll blaurot gewesen sein, als sie geboren wurde », erklärte Kaisa.
    Hinter dem Turm tauchte eine dunkle Silhouette auf.
    « Da bist du ja, Johnny. Ich hätte noch was zu besprechen.» Tuija winkte Johnny zu sich. Wortlos ging er hin. Kaisa sah ihm nach, ich wusste ihren Gesichtsausdruck nicht zu deuten. Es schien mir fast, als läge eine Spur Hass darin.
    «Ich glaube, ich geh wieder rein, es wird ein bisschen kühl.» Ich hatte Gänsehaut an den Armen. Kaisa folgte

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