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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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mir, wir trafen wieder auf Ella und Math und viele andere Bekannte, ich tauschte ungefähr mit halb Arpikylä Neuigkeiten aus und schaffte es, mich auf nur ein Glas Bowle zu beschränken. Gegen Mitternacht gab es noch ein ziemlich lahmes Feuerwerk, dann begann sich die Party endgültig aufzulösen, und irgendeine Nachfeier war nicht in Aussicht. Ella und Math wollten nach Hause, damit die Oma endlich schlafen gehen konnte. Ich ging mit ihnen den Hügel hinab. Der Mond stand jetzt genau über dem Turm und tauchte die dunkelgrauen Mauersteine in frostigen Glanz. An den Mauern schienen kleine Lichter zu funkeln.
    «Phosphor», erklärte Math. «Das Baumaterial ist aus den Felsen da oben auf dem Hügel gebrochen. Wegen dem Phosphorleuchten haben die Leute früher geglaubt, dass unter dem Hügel Kobolde wohnen.»
    «Das glaub ich immer noch», versetzte ich, weil ich an die seltsame Stimmung dachte, die mich den größten Teil des Abends gefangen gehalten hatte.
    Vor der Kirche trennte ich mich von Matti und Ella und ging die Hauptstraße entlang Richtung Taxistand. Die einzige richtige Straße der Stadt lag still da, nur am Polizeirevier war Licht, und aus der Disco des Hotels drang ein bisschen Lärm. Als ich am Buchladen vorbeiging, hörte ich hinter mir eine Fahrradklingel.
    Johnny strampelte auf einem alten Klappfahrrad heran, das unter ihm lächerlich wirkte.
    « Ciao, Maria, wieso warst du auf einmal verschwunden ? » Johnny sprang ab und ging neben mir her.
    «Verschwunden? Du hast kein Licht an deinem Schrottvehikel.»
    «Ach richtig, du bist ja bei der Polizei. Ich verspreche, es den Rest des Weges zu schieben. Das ist Vaters Fahrrad, meins steht noch bei Tuija.»
    «Bist du auf dem Weg zu deinen Eltern?»
    «Wir wollen morgen früh mit dem Dach anfangen. Und du ? Auch zu Mama und Papa ? »
    «Ich wollte eigentlich mit dem Taxi nach Kuusikangas, aber der Taxistand ist leer.»
    Offenbar waren alle drei Taxis der Stadt unterwegs. Das war natürlich kein Wunder, Freitagabend, die Party zu Ende, und die Kneipen machten auch gerade zu. Busverkehr kannte man in Arpikylä nach sechs Uhr abends nicht.
    «Ich leiste dir Gesellschaft, bis eins kommt.» Die Schatten unter Johnnys Augen waren wieder tiefer geworden, ich kannte seinen Gesichtsausdruck. Er wollte mit jemandem reden. Nicht über seine Probleme, sondern über irgendetwas Nebensächliches, um sich zu beruhigen.
    Also redeten wir wieder über Musik. Und über das Fotografieren, wovon ich allerdings absolut nichts verstehe. Als nach einer Viertelstunde noch kein Taxi zu sehen war, beschloss ich, auf meinen Reserveplan zurückzugreifen.
    «Ich geh bei meinen Eltern vorbei und hol mein Fahrrad. Es sind ja nur sechs Kilometer bis Kuusikangas.» ‐ «Ich geh mit dir, das ist ja kein großer Umweg.»
    Das hatte er schon oft gesagt. Als Johnny noch keinen Führerschein hatte, standen wir abends nach dem Training oft mit unseren Fahrrädern an der Ecke der Straße, wo ich wohnte. Natürlich nur, wenn Johnny nicht mit Tuija verabredet war. Nachdem er den Führerschein gemacht hatte, brachte er mich manchmal im Auto seines Vaters nach Hause, aber ich freute mich immer auf die Abende, an denen er das Auto nicht bekam und mit dem Fahrrad unterwegs war.
    Johnny versuchte mich zu überreden, auf den Gepäcksitz zu steigen, und zog mich mit meinem übertriebenen Diensteifer auf. Ich erzählte ihm von dem Leerlaufstreit, und er verspottete mich nicht dafür. Er hatte mich auch nie ausgelacht. Deswegen hatte ich wohl so lange für ihn geschwärmt. Wenn er mich auch nur einmal wie eine lästige Göre behandelt hätte und nicht wie einen guten Kumpel, wären meine Gefühle erheblich schneller abgekühlt.
    Vor allem auf dem Gymnasium war es mir ziemlich schwer gefallen, Freunde zu finden. Wahrscheinlich galt ich als merkwürdig; in Arpikylä schickte es sich nicht für Mädchen, Fußball zu spielen oder zu einer Band zu gehören. Beim Fußball hatten sie mich ja dann auch rausgeekelt. Die Eltern der Jungen erklärten Johnny, unserem Trainer, es wäre lächerlich, ein Mädchen in der Mannschaft zu haben.
    Gegen die langsam erwachsen werdenden Jungen hätte ein Mädchen sowieso keine Chance. Und die gegnerischen Mannschaften würden sich darüber lustig machen, dass man ein Mädchen als Verstärkung brauchte, als ob es in Arpikylä nicht genug gute Fußballer gäbe.
    Was hätte Johnny darauf erwidern können, als achtzehnjähriger Bursche ? Dass ich mich genauso gut behauptete wie

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