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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Erfolg war ein unscharfes Bild im Tourneekalender einer Teenagerzeitschrift.
    «Johnny sagt, ihr plant eine Jamsession.» Jaska hielt mir die Flasche hin, aber ich schüttelte den Kopf. Zum Verhaltenskodex von Arpikylä gehörte garantiert, dass weibliche Amtspersonen nicht in aller Öffentlichkeit betrunken auftreten durften. Jaska leerte ungefähr ein Viertel der Flasche auf einmal, ohne mit der Wimper zu zucken.
    «Und ich hab verdammt nochmal keinen Bock, für den Macker meiner Schwester zu arbeiten, und wenn er noch so ein Wunderknabe wäre. Du kannst Gift drauf nehmen, dass der ganze Laden hier ein Riesenschwindel ist!
    «Meinst du, dass Meritta und dieser Kivinen … » Aus irgendeinem Grund fand ich die Information erfreulich.
    «Hast du Kivinens Frau gesehen? Ist doch kein Wunder, dass der Typ fremdgeht.
    Und Meritta … »
    «Was ist mit mir?» Merittas orangefarbenes Kleid tauchte neben mir auf. Seppo Kivinen stand in seinem kupferfarbenen Anzug hinter ihr. Jaska gab keine Antwort, sondern rannte urplötzlich den Abhang hinab. Meritta lachte spöttisch hinter ihm her.
    «Ist er sehr betrunken?», fragte Meritta mich.
    «Wie oft ist er heutzutage nüchtern?», gab ich zurück. Merittas Gelächter gefiel mir nicht.
    «Wahrscheinlich nie. Kennt ihr euch übrigens? Seppo Kivinen ‐ Maria Kallio, unsere Sommerpolizeichefin.»
    Kivinens Händedruck war kühl und fest, er gab sich alle Mühe, interessiert auszusehen. Offensichtlich wählte er zu jedem Gesprächspartner das passende Thema: Wir unterhielten uns über die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Bergwerksgelände, bis der Gouverneur und der Stadtdirektor dazustießen und ich mich verdrücken konnte. Ich wäre gern nochmal auf den Turm gestiegen, aber die Tür war verriegelt. Die schwere eiserne Klinke fühlte sich kalt an. Aus dem Restaurant drang fröhliche Foxtrottmusik, die nicht recht zu dem drohenden Gemäuer des Turms und dem irrealen Gelb des Sandes auf dem Bergwerkshügel passen wollte. Ich dachte über Jaska nach, über Aniliinas merkwürdigen Namen und über Johnnys müdes Gesicht. In Partylaune war ich nicht mehr.
    Trotzdem marschierte ich zurück ins Restaurant und stieß gleich an der Tür auf Ella und Math, die sich darüber stritten, wer von beiden nach Hause gehen und Ellas Mutter als Babysitter ablösen sollte.
    «Sie wollen morgen ganz früh nach Tampere fahren, und du hast versprochen, dass ich heute Abend feiern darf», wütete Ella.
    «Kann sie nicht ebenso gut bei uns schlafen? Ich hab auch noch keine Lust zu gehen … »
    «Dann darfst du aber gefälligst selbst anrufen und sie fragen! Maria, überlegʹs dir dreimal, bevor du heiratest und dir Kinder zulegst, hinterher ist dann jede gottverdammte Kleinigkeit gleich ein Riesenproblem! » Ella nestelte wütend an der Brosche ihrer Tracht. «Die Männer drücken sich immer vor ihrer Verantwortung, obwohl sie vorher wer weiß was versprechen… »
    «Ich ruf Schwiegermutter an und fahre nach Hause, wenn sie nicht über Nacht bleiben kann.» Mattis brauner Cordanzug verschwand im Gewühl.
    «Der trabt auch die ganze Zeit zu irgendwelchen Künstlervereinssitzungen kreuz und quer durch Finnland, und wenn ihm sonst nichts mehr einfällt, sitzt er mit Meritta in der Kneipe und plant Sommermalkurse… Und das eine Mal, wo ich ausgehen kann, macht er so was! » Ellas Gesicht war hochrot, ich hatte das Gefühl, dass hinter ihrer Wut mehr steckte als ein Streit ums Babysitten. «Und dann musste ich auch noch diese fürchterliche Volkstracht anziehen, weil Viivi ihre Milch über mein einziges Partykleid gegossen hat.»
    «Komm, holen wir uns Bowle. Dem Duft nach gibtʹs auch was zu essen. Lass uns irgendwas Blödes tun, meinetwegen mit dem Stadtdirektor tanzen.» Ich versuchte sowohl Ella als auch mich selbst aufzuheitern. Wir standen auf der Galerie und malten uns aus, bei wem von denen da unten es am meisten Spaß machen würde, ihm Bowle auf den Kopf zu gießen, als ich direkt unter uns Johnnys hellbraune Locken erblickte.
    « Ob ich den wohl treffen würde … »
    Ich fing schon an, mein Glas zu kippen, da kreischte Ella: «Pass auf, Johnny!»
    Johnny blickte auf und rief etwas, was die Musik, inzwischen ein Walzer, unhörbar machte. Also suchte er die nächste Treppe und kam zu uns herauf.
    «Werden hier über meinem Kopf Intrigen gesponnen?» Obwohl er zu grinsen versuchte, sah er immer noch müde aus.
    «Buchstäblich. Maria wollte dir Bowle auf den Kopf gießen.»
    «Warum das denn ?

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