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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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zitterte so stark, dass die Hälfte auf den Boden rieselte. «Im Streifenwagen, beim Bergwerksrestaurant. Lasarov ist bei der… der Leiche. Was sollen wir jetzt tun?»
    «Ich komme hin. Besorgt einen Arzt, ruft meinetwegen in der Stadt beim Dezernat an ! » Die Kaffeemaschine begann zu blubbern. Ich zählte die Stunden seit meinem letzten Drink und kam zu dem Ergebnis, dass ich fahrtüchtig war.
    «Timppa … bist du noch dran? Konntest du erkennen, wer es ist? Die Leiche?»
    «Die Spaziergängerin, die sie entdeckt hat, hat sie schon identifiziert.
    Orangefarbenes Kleid und viel Schmuck. Die Künstlerin, diese Meritta… »
    «Ruf beim Dezernat an, ich bin gleich da.» Ich ging hinaus auf den Hof. Mikko schlüpfte hinter mir durch die Tür und sauste davon, Richtung Feldrand. Das Brunnenwasser war herrlich kalt. Ich pumpte ein paar Eimer voll und goss sie mir über den Kopf. Meine Haare wurden nass, egal, jetzt war keine Zeit zum Kämmen und Schminken. Ich funktionierte wie ein Automat, ohne nachzudenken. Ich zog einen korrekten, aber bequemen Hosenanzug an, goss den Kaffee in Penas Jägerthermoskanne und nahm ein paar Butterbrote mit. Mir schwante, dass dieser Samstag ein langer Tag werden würde. Langsam fuhr ich den verlassenen Waldweg entlang, auf geraden Strecken gönnte ich mir abwechselnd Kaffee und Brot. Als ich einen halben Liter Kaffee im Magen hatte, begann die Welt klarer auszusehen. Trotzdem verbot ich mir den Gedanken, dass ich die Tote gekannt hatte: Ich durfte dem wilden Grauen, das mich packen wollte, nicht nachgeben, noch nicht. Das musste warten, bis ich wieder in Kuusikangas war. Allein.
    Auf der ganzen Fahrt sah ich kein lebendes Wesen, abgesehen von sechs Kühen, die nach dem morgendlichen Melken erleichtert dreinschauten. Ich stellte meinen Wagen auf dem leeren Parkplatz vor dem Alten Bergwerk ab. Das Tor zum Museumsbereich war verschlossen, aber ich kletterte einfach drüber und stürmte die Treppe hinauf. Schon nach dreißig Stufen machte es sich bemerkbar, dass ich gestern Nacht gefeiert hatte. Trotzdem rannte ich den ganzen Weg, als würde Meritta wieder lebendig, wenn ich nur schnell genug lief.
    Beim Turm war alles still. Der dunkelblau und weiß lackierte Kleintransporter mit der Aufschrift «Polizei» sah verlassen aus. Jetzt erst fiel mir ein, dass ich ja auch auf dem hinteren Zufahrtsweg bis nach oben hätte fahren können. Am Fuß des Turms sah ich Antikainen und Lasarov, und zwischen ihnen eine orangefarbene, seltsam verrenkte Gestalt. Als wäre Meritta vom Himmel gefallen.
    Ich schaute hinauf zum Turm. Gut dreißig Meter. Komisch, dass Meritta nicht schlimmer entstellt war; ihre Gesichtszüge waren sogar noch zu erkennen. Ihr orangefarbenes Hippie-Gewand umwallte sie wie die Kutte eines Krischnajüngers, aber das Kupferherz, das sie am linken Ohr getragen hatte, war verschwunden.
    «Wer hat sie gemeldet? »
    Antikainen blätterte in seinen Papieren. «Eine Ritva Matikainen. Wohnt da hinten. Sie hat ihren Schäferhund ausgeführt, und der hat die … also … die Frau Flöjt gefunden.»
    «Wo steckt diese Matikainen jetzt?»
    « Sie wollte nach Hause.» Antikainen fürchtete offenbar, einen Fehler gemacht zu haben. Ich nickte verständnisvoll. Wenn ich eine Leiche fände, würde es mich auch nach Hause ziehen!
    Die Sonne stand nun schon so hoch, dass sie uns über die Bäume hinweg in die Augen schien. Sie ließ einen Streifen von Merittas orangefarbenem Rock noch greller leuchten, der Sand rundherum sah dagegen überraschend bleich aus. Ich versuchte mich auf die Routinemaßnahmen zu konzentrieren und überlegte, dass die Spurensicherung oben auf dem Turm nach Beweisen dafür suchen müsste, dass Meritta tatsächlich von dort heruntergestürzt war. Ob man auch die Kripo in der Stadt alarmieren sollte? Vielleicht hatte ich Glück und Koivu war im Dienst. Mit ihm gäbe es kein Gerangel um die Aufgabenverteilung.
    Aber brauchten wir ‐ das Kriminaldezernat überhaupt? Wahrscheinlich war das Ganze ein Unfall. Soweit ich mich erinnerte, war Meritta noch auf der Fete geblieben, als ich ging‐
    «Was hatte eigentlich die Frau mit dem Hund hier zu suchen, sind denn die Tore nicht abgeschlossen?», fragte ich.
    «Unten an der Straße gibt es bloß eine Schranke. Die Leute laufen umher, wo sie wollen. Kivinen will da einen Zaun hinsetzen.»
    Ich seufzte. Jeder x-Beliebige hatte also Zugang zum Gelände. Aber Schlüssel zum Turm besaßen wohl nicht so viele. Wie war Meritta nach oben

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