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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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durchweicht, an den Turnschuhen klebte Kupfersand vom Bergwerkshügel. Die Fingernägel an der rechten Hand waren schmutzig und viele Millimeter länger als an der linken. Gitarristenhände.
    Ich hörte Järvis rasselnden Atem neben mir.
    «Die arme Meeri Korhonen, die hatʹs auch nicht leicht. Erst Merja-Riitta und jetzt der Junge … Sollten wir nicht nachsehen, ob er vielleicht doch noch lebt?»
    «Er hat die ganze Nacht hier gelegen, er ist ja ganz nass. Na gut, fühl mal nach dem Puls, aber vorsichtig.»
    Natürlich war kein Puls mehr da. Ich sah, wie Järvi eine Träne über die Wange lief und auf Jaskas Ärmel tropfte.
    «Absperren!», sagte ich und vermied es, Järvi noch einmal anzusehen. Zum Glück tauchten jetzt Lasarov und Timonen auf, die Routine kam einigermaßen in Gang. Ohne dass ich ihn darum zu bitten brauchte, sagte Lasarov, er werde zu Frau Korhonen fahren.
    Järvi und Timonen stellten rund um den Teich Sperren auf und spannten die gelben Bänder mit der Aufschrift < Zutritt verboten> auf. Ich blickte über die Lücke weg, die der Turm von Mökkivaara hinterlassen hatte, und fror.
    Verfluchter Jaska. Er hatte also doch was gewusst. Warum, verdammt nochmal, hatte er es mir nicht erzählt? Musste er unbedingt den Marlowe spielen? Er hatte doch gar nicht das Zeug dazu. Als Privatdetektiv war er genauso schlecht gewesen wie als Gitarrist. Er konnte doch nur Songs mit drei Akkorden … Die Tränen kamen einfach, so sehr ich auch versuchte, sie zurückzudrängen. Es war mir peinlich, dass meine Kollegen mich weinen sahen, aber ich wollte dableiben und auf Järvisalo und Koivu warten, mit ihnen beschließen, was als Nächstes zu tun war.
    «Ööh… Sollen wir nach Fußspuren suchen? », schlug der optimistische Timonen vor.
    «Er hat bestimmt die ganze Nacht hier gelegen. In dem Sand hier hat der Regen alle Spuren verwischt», seufzte ich.
    « Ob er wohl hier umgebracht worden ist?», fuhr Timonen fort.
    «Als hätte der Mörder versucht, Jari in den Teich zu werfen», schluchzte Järvi.
    «Wieso hat der Schuft sein Werk nicht zu Ende geführt?»
    «Die vom Dezernat sind auf dem Weg, sie sind schon in Ylämylly. Sie wollen wissen, ob sie mit dem Wagen bis an den Teich fahren können», rief Hopponen aus einiger Entfernung.
    «Natürlich nicht, da bricht doch der ganze verdammte Hang ab! » Unter Hopponens Füßen löste sich gelber Sand, der den Abhang herunterrieselte. Als Kind hatte ich hier mit Jaska und anderen aus meiner Klasse Räuber und Gendarm gespielt, ein paar Jahre später hatten wir in den Plörregruben die ersten, Übelkeit erregenden Marlboros gepafft. Der Sand roch nach Kupfer und Schwefel. Ich ging am Teich entlang, blieb stehen und betrachtete die grün und rot leuchtenden Steine, nahm ein paar in die Hand. Die Farben waren atemberaubend, nachdem der Regen den gelben Sand abgespült hatte. Ich wünschte mir, ich könnte einfach im Sand sitzen bleiben und den Rest des Tages die Steine und den vom Regen dunkel gefärbten Turm betrachten, einfach vergessen, dass zwanzig Meter hinter mir der tote Jaska lag.
    Warum war ich vorgestern Abend nicht mit ihm in die Kneipe gegangen?
    Warum hatte ich ihn gestern nicht gefragt, was er mit seinen Andeutungen meinte? Jaska hatte gesagt, er brauchte Geld für das Demo seiner Band. Vielleicht hatte er gar nicht Privatdetektiv gespielt, sondern Erpresser. Auch das war ihm kläglich misslungen.
    Ich warf einen kleinen, phosphorgrünen Stein in das rote Wasser. Er plumpste irgendwo in der Mitte des Teichs auf, rundherum kräuselten sich winzig kleine Wellen. Ich sah, wie sie allmählich das Ufer erreichten, wo Jaska lag. Sie umspielten seine ausgestreckte Hand, ohne sie zu bewegen.
    «Was spielst du denn da rum, Kallio ? », rief Hopponen mir von oben zu. Ich hockte mich wieder ans Ufer und ließ die Steinchen durch meine Finger rieseln, als Lasarov den Abhang herab auf mich zukam. Auf halber Höhe glitt er im nassen Sand aus, rutschte das letzte Stück auf dem Hintern herunter und landete fast in meinem Schoß. Ich konnte nicht darüber lachen, als ich sein Gesicht sah.
    Er hätte nicht allein zu Korhonens gehen sollen. In einigen Orten wurde die Polizei von einer psychologisch geschulten Bezugsperson begleitet, wenn sie eine Todesnachricht überbrachte. In Arpikylä war das noch nicht üblich.
    «Ich flehe zum Himmel, dass ich kein drittes Mal dahin muss», sagte Lasarov, als ich ihn fragte, wie es gegangen war. «Zum Glück war Jaana da, Meeris

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