Kupferglanz
Angst ein, dass sie sie mürbe machen müssen, indem sie sie begrapschen und beschimpfen», fügte sie grinsend hinzu.
Ich grinste zurück. «Ja, die Typen kenn ich.» Ich war froh, dass sie sich mir anvertraute, obwohl ich so blöd gewesen war zu glauben, sie wäre in Johnny verliebt.
«Ich kenn nicht mal andere Frauen, die so sind wie ich», klagte Kaisa. «Letztes Jahr war da eine estnische Hürdenläuferin, aber die ist in Estland … »
«In meinem Bekanntenkreis sind Lesben. Und Schwule und Bis. Du bist nicht die einzige auf der Welt, auch wenn es dir in Arpikylä so vorkommen mag. Als ich noch hier wohnte, hab ich auch immer geglaubt, ich wäre das einzige Mädchen auf der Welt, das sich nicht in die normale Frauenrolle zwängen lassen wollte.»
Neben Kaisa kam ich mir beinahe alt vor.
«Manchmal wünsche ich mir, ich wäre so mutig wie Meritta. Dann würde ich den neugierigen Reportern sagen, dass es keinen Bräutigam geben wird.
Höchstens eine Braut», lachte Kaisa verhalten.
Ich glaubte nicht, dass Kaisa Meritta umgebracht hatte, obwohl ich mir vorstellen konnte, dass viele gerade bei ihr das stärkste Motiv gesehen hätten. Ich überlegte mir, dass ich unser Gespräch sogar Koivu verschweigen würde, der nun wirklich kein Schwätzer war. Kaisa hatte das Recht, selbst zu entscheiden, was andere Menschen von ihrem Privatleben wissen sollten.
Der Regen, der vorübergehend nachgelassen hatte, schlug erneut ans Fenster, und ich stellte fest, dass es Zeit wurde, mich um Kater Mikko zu kümmern. Beim Abschied umarmte ich Kaisa. Sie war genauso warm und stark wie ihr Vetter.
«Kaisa, versprich mir eins», bat ich an der Tür. «Was denn?»
«Wenn die Reporter dich fragen, welches Ziel du dir bei der Meisterschaft gesetzt hast, sag nicht, du willst dein Bestes geben und dann schauen, wofür es reicht.»
Kaisa grinste und versprach es.
Ich fuhr Richtung Kuusikangas. Der Regen hatte die Straßen rutschig gemacht, die Sicht war miserabel. Das Gaspedal des Dienstwagens reagierte viel empfindlicher als das von Penas altem Lada, und ohne es zu wollen, hatte ich plötzlich fast siebzig drauf. Daher wunderte ich mich, als mich jemand mit fast der doppelten Geschwindigkeit überholte. Auf der geraden Strecke zur Eisenbahnbrücke fuhr jeder mehr als die erlaubten fünfzig, aber der dunkelrote Volvo vor mir führ nun wahrhaftig viel zu schnell.
Er schlingerte bedenklich von einer Spur zur anderen.
Fast gleichzeitig kam über Polizeifunk eine Durchsage der Zentrale: «Streife Arpikylä, wo seid ihr ? »
Es rauschte, dann kam Timonens Antwort aus dem Streifenwagen: «Richtung Kyykeri.»
«Hier liegt eine Meldung vor, ein betrunkener Fahrer. Er ist vom Kupferkrug aus mit einem dunkelroten Volvo in Richtung Joensuu unterwegs, hat im Restaurant drei große Bier zum Essen getrunken und fünf Kognaks obendrauf.»
«Kennzeichen?», fragte ich, bevor Timonen wieder zu Wort kam. Ich jagte dem davonbrausenden Volvo nach. «Er fährt genau vor mir, ich versuche ihn zu stoppen.»
«Das ist der Veikko Holopainen, der ist sicher auf dem Heimweg», erklärte Timonen und sagte, der Streifenwagen würde sich an der Verfolgungsjagd beteiligen. Ich knipste die Alarmsirene an und fluchte, als mir klar wurde, dass ich die Blinklampe bei dieser Geschwindigkeit nicht auf dem Autodach anbringen konnte.
An der nächsten Kreuzung holte ich weiter auf. Vom Hügel aus sah ich, wie der Volvo fast in einen aus Richtung Kuopio kommenden Wagen gerast wäre.
Verdammt, ich musste den Kerl stoppen, bevor etwas passierte!
Auf der geraden Strecke hinter der Kreuzung beschleunigte ich auf weit über hundert. Der Saab schnurrte sanft; mit Penas Lada hätte ich gegen den Volvo keine Chance gehabt. Ich holte den Wagen ein und stellte fest, dass keine Beifahrer darin saßen. Der Volvo schlingerte fast bis zum Straßengraben, dann wieder über den Mittelstreifen auf die Gegenspur. Ein Überholversuch wäre ziemlich riskant. Ich blendete die Scheinwerfer auf und ab und schaltete schließlich auch die Alarmblinkanlage ein. Es half alles nichts, der Volvo raste weiter Richtung Joensuu.
Sollte ich ihn einfach davonziehen lassen? Immerhin setzte ich hier mein Leben aufs Spiel. Ich beschloss, es noch ein letztes Mal zu versuchen. Auf einer langen Geraden setzte ich mich neben den Volvo und hupte anhaltend. Ich sah den Fahrer, einen beleibten Mann mittleren Alters, der mir hinter der Vorderscheibe mit der Faust drohte. Das wurde ihm zum Verhängnis,
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