Kupferglanz
gefahren, hatte Hasch geraucht, Minderjährigen Alkohol angeboten und war ohne Lampe Fahrrad gefahren. Bei der Ausweiskontrolle erwies sich meine kriminelle Vergangenheit als nützlich. Da ich die gängigen Tricks kannte, hatte ich in meiner Zeit als Polizistin die Personalausweise aller verdächtig jung Aussehenden besonders intensiv in Augenschein genommen.
Ich rief in der Uniklinik an, um mich nach Penas Befinden zu erkundigen. Ein junger Arzt kam ans Telefon, mit dem ich mich ein paar Mal unterhalten hatte. Er war ein großer Katzenfreund und versprach bereitwillig, meinen Bericht über Mikkos Abenteuer an Pena weiterzuleiten. Penas Zustand sei wieder stabil, er hätte sogar mit seiner gesunden Hand selbstständig gegessen.
«Uns ist aufgefallen, dass beide Male, als er einen Anfall bekam, im Radio gerade die Lokalnachrichten liefen. Beim letzten Mal wurde gerade über den Mord an dieser Künstlerin in Arpikylä berichtet.»
«Herrje! Das war eine gute Bekannte von ihm! Und das Mal davor?»
«Da hatte die Schwester extra das Radio angemacht, weil ein Bericht über die Eröffnung des Alten Bergwerks angekündigt war. Ihr Onkel war doch an dem Projekt beteiligt.»
«Stellen Sie das Radio in den nächsten paar Tagen bitte nicht an ! Hier hat es nämlich gestern noch einen Mord gegeben.»
Es war natürlich einleuchtend, dass die Radioberichte Pena erschüttert hatten.
Sicher hätte er gern an der Eröffnung des Alten Bergwerks teilgenommen, und nach allem, was ich gehört hatte, war er mit Meritta befreundet gewesen. Oder steckte noch etwas anderes dahinter? Was hatte die erste Gehirnblutung und die Lähmung ausgelöst?
Ich wartete eine Weile, weil ich hoffte, ich könnte mit Koivu zum Essen gehen, aber Järvisalo und er ließen sich nicht blicken. Vielleicht war Kivinen auch zu ihnen so gastfreundlich wie zu mir und hatte sie zum Mittagessen eingeladen.
Bei dem Wahnsinnshunger, den ich immer bekam, wenn ich abends zu viel Whisky getrunken hatte, konnte ich kaum noch arbeiten. Ich hatte keine Lust, mich mit Ella zu treffen, also marschierte ich zu einer einsamen Mahlzeit in die Rathauskantine.
Dort hatte ich Glück: Es gab ein fetttriefendes Bauernfrühstück aus den gesammelten Resten der Woche. Ich häufte mir einen kleinen Berg auf den Teller, Salat daneben, nahm zwei Gläser Dünnbier und ließ meinen Blick über die Tische schweifen in der Hoffnung, irgendwo Worcestersoße zu entdecken. Da sah ich Tuija Miettinen, die mit einem Teller Suppe am Fenster saß. Sie hob den Kopf, erblickte mich und winkte mich zu sich. Da auf ihrem Tisch eine Hasche Chilisoße stand, ging ich hin.
« Hast du was von Johnny gehört ? », fragte sie, noch bevor ich mich gesetzt hatte.
« Seit mehreren Tagen nicht. Wieso ? »
«Er hat sich am Mittwochabend mit seinem Vater gestritten und ihm dabei zwei Zähne ausgeschlagen.» Tuijas graue Augen wirkten fast schwarz. Um den Ringfinger der linken Hand lief eine blasse Rille, genau wie bei Koivu.
«Das hört sich ganz so an, als sollte sich die Polizei mal damit befassen. Sag Herrn Miettinen, er soll Anzeige erstatten. Soweit ich weiß, war Johnny in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag bei Kaisa. Danach ist er nicht mehr gesehen worden. Worüber haben sie denn gestritten?», fragte ich, neugierig zu hören, ob Tuija mir dasselbe erzählen würde wie Kaisa.
«Die Zähne krieg ich schon wieder hin. Und die Rechnung geht an Johnny. Die beiden streiten sich doch immer, das war nicht die erste Schlägerei. Vielleicht haut Johnny in letzter Zeit etwas fester zu.» Tuijas Stimme war ausdruckslos, aber sie presste den Suppenlöffel in ihrer rechten Hand so fest, dass er sich bald verbiegen musste. «Ich will meinen Kindern nicht erklären müssen, dass ihr Vater ein Mörder ist», fauchte sie.
«Du glaubst also, dass Johnny es getan hat?»
Tuija warf den Löffel hin, beugte sich quer über den Tisch zu mir hin, so dass ihre dunklen glatten Haare fast auf meinen halbleeren Teller hingen, und flüsterte mit rauer Stimme: «Ich war noch wach, als Johnny sein Fahrrad geholt hat. Ich hab mich gefragt, was er da treibt. Wir haben ein ganz gutes Fernglas. Das hab ich geholt und ihn beobachtet. Zwischendurch habe ich ihn aus den Augen verloren, wegen den Bäumen, aber dann kam er wieder zum Vorschein. Sein dunkelrotes Jackett hat sich deutlich vom gelben Sand abgehoben. Johnny ist in der Mordnacht gegen halb vier auf dem rückwärtigen Weg zum Alten Bergwerk gefahren.»
«Warum hast du
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