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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Mark für ein Fläschchen Whisky, kannst du dir das vorstellen?»
    «Und heute Nacht?»
    «Zu Hause. Anita hat Nachtdienst. Ich hab mir schon die Wohnungsinserate in der Zeitung angesehen.»
    « So stehtʹs also ? »
    «Vielleicht sollte ich erst nochmal versuchen, mit Anita zu reden, aber… Am Anfang hatʹs mir gefallen, dass sie so zielbewusst war. Ich hab noch nie Leute gemocht, die zu allem Ja und Amen sagen. Aber jetzt scheint Anita genau das von mir zu erwarten.»
    «Ich finde auch, ihr solltet miteinander reden. Es kann doch sein, dass Anita sich schon beruhigt hat und doch nicht Schluss machen will. Aber wenn du mit der Nacht von Samstag auf Sonntag Probleme hast, komm einfach nach Kuusikangas. Ich brauch jemanden, der am Samstagabend mit mir ausgeht.»
    Ich erzählte Koivu von der Stripperin im Kupferkrug und von dem Versprechen, das ich der Restaurantchefin gegeben hatte. Ich wollte nicht allein hingehen, am Ende würde noch jemand denken, ich wäre auf Männerfang.
    «Eine Stripperin seh ich mir jederzeit gern an», feixte Koivu. Ich warf einen leeren Pappbecher nach ihm. Antikainen, der gerade in den Pausenraum kam, konnte dem Geschoss eben noch ausweichen.
    Die Kivinens wohnten in dem Haus, das früher vom Leiter der Bergwerksgesellschaft als Dienstwohnung genutzt worden war. Die Stadt hatte es zusammen mit dem Bergwerksgelände erwerben müssen und vermietete es jetzt ‐dem Vernehmen nach für mickrige tausend Mark ‐ an die Kivinens. Das Haus stand ganz für sich inmitten von Birken auf einer kleinen Anhöhe. Von der einen Seite aus hatte man freien Blick auf das Plörregebiet, von der anderen auf das Alte Bergwerk. Kivinen brauchte nur ein paar Minuten durch den Wald zu gehen, wenn er sich zu Fuß an seinen Arbeitsplatz begeben wollte.
    Ich war noch nie in dem Haus gewesen, aber der jüngere Sohn des Bergwerksdirektors war in die gleiche Klasse gegangen wie meine Schwester Eeva und hatte ein paar Mal Klassenfeten im Haus veranstaltet. Nach Eevas Beschreibung war es geradezu ein Palast, wenn auch ohne Schlossturm, drei Etagen purer Luxus. Wir waren denn auch mit dem Dienstwagen unterwegs, der Saab schien irgendwie besser auf den Hof zu passen als mein Lada.
    Das zur Plörre gelegene Hauptportal war von Säulen flankiert. Ich klingelte und rechnete fest damit, dass uns ein Butler öffnen würde. Zu meiner Enttäuschung empfing uns Frau Kivinen persönlich, in einen seidenen Morgenrock gehüllt. Ich machte sie mit Koivu bekannt, der mit großen Augen die steinernen Löwen anstarrte, die die Vorhalle bewachten.
    « Sie sind sicher wegen des zweiten Mordes gekommen, der ja praktisch unter unseren Fenstern passiert ist. Ich fürchte nur, dass wir zu der Zeit fest geschlafen haben. Sind diese Löwen nicht furchtbar? Der erste Leiter der Bergwerksgesellschaft soll sie angeschafft haben. Seppo wollte sie aus irgendeinem Grund behalten. Das Haus war ja größtenteils fertig möbliert, wir haben bisher sehr wenig eigene Sachen hier.» Sie redete, als kämen wir nicht von der Polizei, sondern von irgendeiner Illustrierten. Vielleicht erwartete sie, dass Koivu Fotos machte.
    «Setzen wir uns doch ins Bibliothekszimmer.» Barbro Kivinen führte uns aus der Vorhalle in den Raum meiner Träume. An allen Wänden standen Regale, die vom Fußboden bis an die Decke reichten und bis in den letzten Winkel mit Büchern gefüllt waren. An einer Wand entdeckte ich einige Meisterwerke der englischen Literatur im Original, an einer anderen mindestens hundert Bände Strindberg auf Finnisch und Schwedisch. War «Der Sohn einer Magd» Kivinens Lieblingslektüre ?
    Vor den Regalen standen kleine Tische und Ledersessel.
    An der einen Wand befand sich ein ungefähr drei Quadratmeter großer Schreibtisch, an der anderen ein Kamin. Zwei große Fenster gingen nach Westen auf den birkenbestandenen Hügel. Fehlte nur noch die Whiskykaraffe, aber die war nirgends zu sehen.
    «Darf es Kaffee sein?» Ohne unsere Antwort abzuwarten, drückte Barbro Kivinen auf die Klingel neben ihrem Sessel. Kurz darauf kam eine Frau herein, offenbar ein echtes Stubenmädchen, auch wenn sie weder Schürze noch weißes Häubchen trug. Ich hatte das Gefühl, in einen Agatha-Christie‐Krimi geraten zu sein. Allerdings hätte das Stubenmädchen dann wohl ein Tablett mit Sherrygläsern hervorgezaubert, und ich hätte um Creme de Cassis bitten müssen.
    Wir hatten unterwegs abgesprochen, dass ich die Fragen stellen würde. Koivu hatte sich von den Löwen erholt

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