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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Gehsteig zu schubsen.
    »Dann helfen Sie mir.«
    »Helfen Sie sich doch selbst!« fauchte er rüde. »Hier steigen wir aus.«
    Wir waren weit draußen auf dem Campus, auf freiem Feld. Plötzlich packte mich das heftige Verlangen, im sicheren Schutz dieser Sänfte hockenzubleiben, auch wenn ich noch so durchgerüttelt wurde und achtgeben mußte, daß Priscillus’ spitze Knie mir keine blauen Flecken schlugen. Aber schon zog er den Vorhang zurück und stieg als erster aus. Beinahe wäre ich so töricht gewesen, mich dadurch beruhigt zu fühlen.
    Ich stieg aus. Meine Vorahnung erwies sich als richtig. Aber wenn ich versucht hätte, mich drinnen festzuklammern, hätten die wartenden Phrygier die Sänfte einfach umgekippt und das Problem so gelöst, wie man eine Schnecke in ihrem Haus totstochert. Draußen erging es mir freilich nicht besser. Wir hatten mitten auf einem Exerzierplatz haltgemacht, und sie trugen jeder einen Wurfspieß. Die Speerspitzen, die keine Übungskappen trugen, waren blanker, scharfer Noricum-Stahl – und wenn ich scharf sage, dann meine ich scharf! Als ich aus der Sänfte krabbelte und mich aufrichtete, war ich gleich so dicht von ihnen umringt, daß ich mir bei der geringsten Bewegung das Fell aufgeschlitzt hätte.
    Ich wagte keinen Mucks. Eine Speerspitze streichelte meine Luftröhre. Sollte ich den Mund aufmachen, hätte sie mir die Kehle durchbohrt.
    Heutzutage ist das Marsfeld ziemlich dicht bebaut, aber es gibt immer noch ein paar öde Flecken. Und auf so einem standen wir. Ein trockener Wind vom Fluß blies mir durch die Locken, kühlte jedoch kaum meine schwitzenden Arme. Ein paar Reiter kanterten vorbei, waren aber zu weit entfernt, als daß sie den Überfall hätten erkennen können, selbst wenn sie bereit gewesen wären, einzugreifen.
    Keiner der Phrygier sprach mit mir. Sie waren zu acht: Man wollte kein Risiko eingehen. Es waren Leichtgewichte, aber drahtig und durchtrainiert. Sie hatten hohe Wangenknochen, und ihre Gesichter unterschieden sich nur durch diverse alte Narben. Fremdlinge aus den Bergen Innerasiens; vermutlich direkte Nachkommen der Hethiter – deren Ruhm auf ihrer Grausamkeit gründete.
    Zuerst machten sie mich müde. Spielerisch schubsten sie mich bald hierhin, bald dorthin. Einige nahmen ihre Speerspitzen fort; andere stießen mich darauf zu; kaum torkelte ich auf Zehenspitzen vor dem neuerlichen Angriff der ersten Wurfspieße weg, da knuffte man mich schon wieder von der anderen Seite. Erschlaffendes Interesse meinerseits wurde durch einen warnenden Tritt korrigiert. Zuviel Engagement war nicht minder strafbar. Und die ganze Zeit war uns allen klar, daß ich auf eine Chance zum Ausreißen lauerte – dazu würde ich allerdings einen langen Spurt hinlegen müssen. Und selbst wenn ich den Phrygiern ausbüchsen könnte, würden ihre Wurfspeere hinter mir herfliegen …
    Das Signal zum Angriff mußte von dem Mann hinter mir gekommen sein. Er packte mich. Die anderen ließen ihre Waffen fallen. Und dann begannen sie ein neues Spiel – reihum warf mich einer dem anderen zu, und dabei mißhandelten sie wahllos jeden Körperteil, den sie zu fassen kriegten. Freilich nicht zu arg: Sie wollten den Spaß möglichst lange ausdehnen. Es gelang mir zwar, zappelnd und strampelnd ein paar Gegenschläge zu landen, doch davon wurde das Hohngelächter nur lauter und die Vergeltung unbarmherziger. Der ohnmächtige Zorn brannte mir immer bitterer im Mund.
    Inzwischen wußte ich, daß Priscillus mich nicht umbringen lassen wollte, denn dann hätte er seinen Folterknechten befohlen, mir ohne Federlesens die Kehle durchzuschneiden und den Leichnam auf freiem Feld liegenzulassen, wo die ersten Reiter ihn am nächsten Morgen steif und klamm vom Flußnebel gefunden hätten. Ich aber sollte nach dieser Abreibung noch imstande sein, jeden, der Priscillus zu scharf ins Visier nahm, vor den Folgen zu warnen, die demjenigen bevorstanden, der dem mächtigen Mann in die Quere kam.
    Am Ende dieser Tortur würde ich also noch am Leben sein.
    Vorausgesetzt, die Phrygier hielten sich strikt an ihre Befehle und waren gut genug geschult. Andernfalls sah ich eine reelle Chance, daß sie mich aus Versehen abmurksten.
L
    Für einen Schlägertrupp waren sie recht ordnungsliebend. Sie brachten mich dahin zurück, wo Priscillus mich aufgelesen hatte – aufs Forum Julium. Als ich wieder zur Besinnung kam, erkannte ich das Reiterstandbild des Diktators. Seine Gnaden blickte hochmütig auf die Welt, die er

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