Kupfervenus
mal ein Baby betreut hatte, begriff meine sonstigen Bedürfnisse rasch. Als ich still dalag und mich vom Gesäubert- und Verarztetwerden erholte, setzte sie sich aufs Bett und nahm wieder meine Hand. Unsere Blicke trafen sich. Ich fühlte mich ihr sehr nahe.
»Was gibt’s denn da zu lächeln?«
»Oh, als Mann spürt man nun mal besondere Zuneigung zu dem Mädchen, das einem die Ohren wäscht und den Nachttopf ausleert.«
»Wie ich merke, hat diese Lektion dich nicht davon geheilt, Unsinn zu verzapfen«, sagte Helena.
Das nächstemal wachte ich auf, weil der Papagei eines seiner Kreischkonzerte gab. Herzhaftes Gekrächze mehrmals am Tag schien Chloes Art, sich fit zu halten. Ihre Kehle hatte gewiß die besttrainierten Muskeln in ganz Rom.
Als das asoziale Mistvieh endlich verstummte, kam Helena, um nach mir zu sehen.
»Ich werde dieses keifende Monster erdrosseln!« Nie zuvor hatte ich eine komplette Darbietung erdulden müssen. Ich war empört. »Die alte Dame von oben wird sich beschweren …«
»Das hat sie bereits getan!« erklärte Helena. »Ich hab sie kennengelernt, als ich das Geschirr zurücktragen wollte, das deine Schwester für das Fischessen geborgt hat. Eigentlich bin ich ganz gut mit der alten Schachtel ausgekommen, aber der Vogel hat alles kaputtgemacht. Mir tut die Gute übrigens herzlich leid; sie liegt mit dem Hausherrn in Dauerfehde; er versucht mit aller Gewalt, sie rauszuekeln. Über dich zu zetern, ist die einzige Freude, die sie noch hat im Leben – wahrscheinlich werde ich eines Tages genauso …«
Seit ich das letztemal wach war, mußten wieder ein paar Stunden vergangen sein. Helena hielt jetzt einen anderen Becher in der Hand; in diesem war warmer Honigmet, den sie mit mir teilte. Während ich mich noch von der Anstrengung des Aufrechtsitzens und Trinkens erholte, klopfte es.
Es war Hyacinthus. Er hatte das Küchenmädchen mitgebracht, das ich schon bei den Hortensii getroffen hatte. Verzweifelt blickte ich Helena an; nie und nimmer konnte ich jetzt ein Verhör führen.
Nichts konnte Helena Justina beirren, wenn sie sich verantwortlich fühlte. Sie zupfte fürsorglich an meinem Verband. »Wie ihr seht, hatte Didius Falco einen kleinen Unfall.« Die Götter allein wußten, wie ich aussah. Die Besucher drängten sich verschüchtert an den Türpfosten. »Aber deswegen sollt ihr den langen Weg nicht umsonst gemacht haben. Wir werden ein paar Schemel ins Schlafzimmer rücken, und dann könnt ihr mir alles erzählen. Marcus wird schön still liegen und bloß zuhören.«
»Was ist ihm denn zugestoßen?« flüsterte Hyacinthus.
Und Helena antwortete naßforsch: »Er ist auf der Treppe ausgerutscht!«
Die Waschzuberprinzessin hörte auf den Namen Anthea. Sie war nicht größer als ein Tischbein, sah aus wie zwölf, und Helena und ich waren hinterher einig, daß sie vermutlich neben der Küchenarbeit noch die Aufgabe gehabt hatte, dem Koch das Bett zu wärmen. Ihr erbärmliches Los spiegelte sich in schlechtem Teint, traurigem Gesicht, gedrückter Stimmung, aufgesprungenen Händen und wahrscheinlich wunden Füßen. Ihr abgetragenes Fähnchen von einer Tunika reichte kaum bis zu den geröteten Knien.
Ich lag da und verfolgte benommen, wie Helena Justina etwas aus diesem armen kleinen Ding herauszulocken suchte. »Ich möchte, daß du mir alles über den Tag erzählst, an dem das Bankett stattgefunden hat. Warst du die ganze Zeit über in der Küche? Bestimmt gab es eine Menge Töpfe, Tiegel und Schöpfkellen abzuwaschen, schon als Viridovix noch beim Kochen war?« Anthea nickte, stolz, daß endlich einmal jemand ihren Wert erkannte. »Und ist dir irgendwas sonderbar vorgekommen?« Diesmal schüttelte das Mädchen den Kopf. Ihr farbloses, sprödes Haar hatte die lästige Angewohnheit, ihr dauernd in die Augen zu fallen.
Helena hatte sich anscheinend das ganze Menu des Banketts eingeprägt, denn sie konnte noch fast alle Gänge herzählen. Jetzt wollte sie wissen, wer die Safransauce für den Hummer gerührt habe, wer den Hasen zerlegte und wer die Heilbuttschnitten panierte, ja, sie erkundigte sich sogar, wer die blöden Dessertfrüchte an den vergoldeten Baum gehängt hatte. Von all diesem Gerede über Essen wurde mir so schlecht, daß ich nur mit knapper Not durchhalten konnte. »Und war die Dame, die man Severina nennt, auch mal in der Küche?«
»So ab der Hälfte der Vorbereitungen.«
»Und sie hat mit Viridovix gesprochen?«
»Ja.«
»Hat sie ihm vielleicht auch
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