Kupfervenus
gleich hergekommen – aber ich hätte mir nie träumen lassen, daß es so schlimm um Sie steht!«
»Wird schon wieder werden. Kein Grund, den Kopf hängen zu lassen.«
Helenas Rohrstuhl stand neben meinem Bett, also bedeutete ich Severina, sie könne sich setzen. »Schön, mal Besuch zu kriegen.« Die Atmosphäre war ziemlich gespannt, und ich wollte die Stimmung ein bißchen auflockern.
Sie schmollte. »Und wo steckt Ihre Krankenschwester?«
»Helena?« Die Hartnäckigkeit dieser Frau ging mir allmählich auf die Nerven, aber solange ich hier behaglich im eigenen Bett lag, hatte ich keine Lust, mich zu streiten. Der Rotschopf litt offenbar unter einem ausgeprägten Besitztrieb, wie ein Kind, das anderen eifersüchtig das Spielzeug entreißt. »Helena ist heimgegangen, um ihrem Vater, der zufällig Senator ist, zu erklären, warum ich mich immer noch nicht dafür entschuldigen konnte, daß ich ihm seine edle Tochter entführt habe. Ach, wenn übrigens ein Mann mit roten Mondsicheln an den Stiefeln« (ein traditioneller Bestandteil der Patrizieruniform) »mit scharfem Schwert und wütendem Gesicht hier hereinstürmt, dann treten Sie nur beiseite und lassen ihn ungehindert auf mich los!«
»Sie ausgemachter Heuchler, Sie! Sie sind hinter ihrem Geld her!«
»Oh, sie hat’s auf meins abgesehen. Ich kann sie nur mit größter Mühe von meinen Konten fernhalten!«
Die Wahrheit glaubt einem immer kein Mensch.
Eine Weile herrschte Schweigen. Ich war noch zu schwach, um mich um die Empfindlichkeiten anderer Leute zu kümmern.
»Was ist denn das, Falco?«
Ich hatte eine Tafel auf dem Bett liegen. »Die heutige Diagnose lautet: Langeweile. Also erhielt ich Order, ein Gedicht zu schreiben. Ich hab mir gedacht, ich könnte vielleicht eine Satire darüber verfassen, warum ich Papageien hasse.«
»Was für ein Grobian!« gurrte Severina dem Papagei vor.
» Was für ein Grobian! « antwortete Chloe prompt.
»Sie lernt wirklich schnell!« bemerkte ich.
Severina ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Soll das heißen, die Ermittlung ruht?«
»Ach! Die Ermittlung …«, sagte ich bewußt schnodderig, um sie zu ärgern. Dabei hätte ich ihr eine ganze Reihe von Fragen stellen können: zum Beispiel nach Eischneeglasuren und weggeworfenem Naschwerk. Aber ich hatte mir vorgenommen, erst meine Nachforschungen abzuschließen, bevor Severina Zotica mich wieder mit ihren ach so plausiblen Antworten durcheinanderbrachte. Ich nahm Zuflucht zu meiner autoritären Dienststimme. »Ich werde mich mit drei Tagen Bettruhe begnügen müssen. Morgen früh wird nämlich der Küchenchef der Hortensii beigesetzt, und ich möchte ihm die letzte Ehre erweisen.«
Severinas Gesicht verdüsterte sich. »Was ist mit Viridovix passiert, Falco? Ich hörte, daß er ganz plötzlich gestorben ist. Hat sein Tod etwas mit dem Mord an Novus zu tun?«
Ich lächelte beruhigend. »Viridovix ist ganz friedlich im Schlaf verschieden.«
»Und warum gehen Sie dann zu seiner Beerdigung?«
»Erstens, weil ich ihn mochte. Und zweitens komme ich so am ehesten wieder in die Nähe des Hauses.«
»Auf Spurensuche?«
»Schon möglich.«
»Falco, manchmal verstehe ich Sie wirklich nicht! Ich bin doch jetzt Ihre Klientin, warum haben Sie immer noch Geheimnisse vor mir?«
»Aus einem ganz einfachen Grund: Ich denke, es könnte von Nutzen sein, den Hortensii zu zeigen – und womöglich durch sie auch gleich diesen Mistkerl Priscillus zu warnen –, daß ich, allen gegenteiligen Gerüchten zum Trotz, immer noch auf meinen zwei Beinen stehen kann.« Sie sah so skeptisch auf mich nieder, als würde sie mir gerade das nicht zutrauen. »Sagen Sie, kennen Sie diesen Priscillus eigentlich persönlich?«
Sie runzelte argwöhnisch die Stirn, doch meine Frage entsprang reiner Neugier. »Als ich mit dem Apotheker verheiratet war und auf dem Esquilin wohnte, waren wir Nachbarn. Und als der Streit zwischen ihm und Novus sich vor einiger Zeit zuspitzte, bin ich zu Priscillus gegangen und habe vermittelt. Ich war es auch, die Priscillus die Einladung zu dem Bankett überbrachte.«
»Und Novus war damit einverstanden?«
»Selbstverständlich! Sonst wäre ich doch nicht hingegangen.« Ich nickte ernst, obgleich ich mich heimlich über diesen schockierten Protest amüsierte; natürlich macht keine ehrbare Frau Besuche bei alleinstehenden Herren. Aber wer ist heutzutage schon ehrbar? »Wenn Priscillus meinen Verlobten umgebracht hat, dann habe ich dabei mitgeholfen!« Sie
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