Kupfervenus
Goldpokale und das edelsteinbesetzte Geschirr durfte auf die Tafel.«
»Die Amphore, von der Sie da reden, ist keine von meinen«, versicherte Galenus. »Ich kann mich auch nicht besinnen, je so eine gesehen zu haben.«
»Ja ist sie denn nicht bei dir in der Speisekammer gelandet?«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Sonst wäre sie mir aufgefallen, denn ich bin immer auf der Suche nach hübschen Glasgefäßen, schon wegen der Damen, die ihre Getränke am Nachmittag gern in feinen Karaffen serviert kriegen!«
»Das ist sehr interessant!« sagte ich. »Könnte die blaue Amphore ein Gastgeschenk gewesen sein, das jemand an dem Abend mitbrachte?«
»Priscillus«, warf ein anderes Bürschchen ein, das schon eine ganze Weile Maulaffen feilhielt und mit seinem runden, rotwangigen Gesicht aussah wie ein frischer Apfel. »Ich hatte nämlich Schuhdienst«, erklärte er. Das hieß, er hatte jeden Gast genau gesehen, weil er allen beim Eintreffen die Sandalen abnehmen mußte. »Priscillus kam mit einer funkelnden blauen Amphore.«
Ich lächelte Apfelbäckchen an. »Und hatte er vielleicht auch ein Schälchen aus passendem Glas dabei?«
Der Junge brauchte nicht lange nachzudenken. »Ja, aber das steckte in einem Ranzen, der mit seinem Mantel in die Garderobe gelegt wurde. Als er ging, fiel’s ihm plötzlich wieder ein und er beeilte sich, die Schale zu der Amphore auf die Anrichte zu stellen. In einem kleinen Beutel hatte er sogar etwas Myrrhe dabei, um das Geschenk abzurunden …«
Welch rührender Einfall! Ich konnte meine Bewunderung kaum zügeln: ein vorbildlicher Gast!
LVI
Ich sah mich nach der Küchenmagd Anthea um, doch der war angesichts des brennenden Scheiterhaufens anscheinend erst so richtig bewußt geworden, was sie verloren hatte; die käsige Spülmamsell schluchzte in den Armen zweier rührseliger Busenfreundinnen so herzerweichend, wie nur Mädchen in ihrem Alter es tun. Ich hatte zwar ein paar Fragen parat, aber nun verzichtete ich darauf.
Als der Rauch sich allmählich verzog, erkannte ich eine Gestalt, die vom Torhaus heraufkam. Es war einer von Severinas Sklaven.
»Sie will, daß Sie zum Mittagessen kommen.« Es war typisch für diesen markigen Türblocker, daß er seinen Auftrag ohne jede Einleitung rausknurrte.
»Danke, aber ich habe leider keine Zeit.«
»Die Antwort wird ihr nicht gefallen«, meinte er.
Ich war es leid, daß seine Herrin mich dauernd mit Beschlag belegen wollte, wo ich doch längst eigene Pläne hatte, aber um den Kerl loszuwerden, versprach ich, meine ursprüngliche Verabredung wenn möglich zu verschieben (natürlich würde ich nichts dergleichen tun). Dann warf ich einen Zipfel meines schwarzen Umhangs über die Schulter und versenkte mich vor dem Scheiterhaufen in die melancholischen Gedanken eines trauernden Hinterbliebenen: An die Vergänglichkeit des Lebens dachte ich und an den unerbittlichen Tod, daran, wie man den Furien entgehen und die Parzen versöhnlich stimmen kann (und wie bald man sich als höflicher Mensch von diesem Begräbnis absetzen könnte …).
Als Severinas Sklave sich getrollt hatte, warf ich meinen Kranz in die Glut, träufelte mein Öl auf die Asche und richtete im stillen ein paar Worte an die Seele des Kochs, bevor ich meinen Mietesel holte und den Schauplatz wechselte.
An der Stelle, wo Minnius’ Kuchenparadies gestanden hatte, machte ich nachdenklich halt.
Der nächste Schritt wollte genau überlegt sein. Bisher hatte ich bloß für Severina gearbeitet, damit ich sie als Verdächtige im Auge behalten konnte. Doch nun wurde es langsam Zeit, Stellung zu beziehen.
Außerdem hatte es allmählich den Anschein, als ob Severina mit ihren Theorien über den Mord an Novus richtiglag. Priscillus zum Beispiel hatte ja tatsächlich versucht, Novus umzubringen, als der so eisern seine Geschäftsinteressen durchboxen wollte. Und wahrscheinlich steckten entweder Pollia oder Atilia hinter einem zweiten Anschlag, dem mit der vergifteten Torte.
Nachweisen konnte ich vorläufig nur einen Tathergang: Priscillus hatte die vergifteten Gewürze eingeschmuggelt, an denen Viridovix gestorben war. Ein Mord, der den Hauptzeugen dafür beseitigte, was sich an jenem Tag in der Küche abgespielt hatte – und dennoch ein Zufallsmord. Wenn mich meine Ermittlungen an dem Abend nicht ins Triklinium geführt hätten, wäre Viridovix nie und nimmer dort aufgekreuzt. Kein Mensch hätte sowas planen können. Nein, der Tod des armen Viridovix war tatsächlich ein Unfall.
Aus
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