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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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angemeldet, oder hat man Ihnen die Auswahl überlassen?«
    Seine Miene verhärtete sich kaum merklich. Offenbar hatte ihm jemand dringend geraten, den Mund zu halten. Aber er beschloß, mir trotzdem zu antworten. »Also, ursprünglich waren sieben de-Luxe-Törtchen bestellt. Der Botengänger war einen Tag vorher bei mir unten und gab die Bestellung auf – eine Mischung nach meiner Wahl; aber am Nachmittag vor dem Fest kam wer vorbei und suchte noch eins aus.«
    »Viel ausgefallener als die Kuchen, die Sie schon hochgeschickt hatten«, ergänzte ich ruhig. »Diese Überraschung sollte als Blickfang in die Mitte der Tafel kommen. Na, und sie hätte in der Tat Aufsehen erregt!« unkte ich und überließ es Minnius, das Warum zu enträtseln. »Folgt Frage Nummer zwei: Wer hat das Extratörtchen ausgesucht?«
    Im Geiste hatte ich mein Geld auf zwei der Verdächtigen gesetzt. Aber die Wette hätte ich verloren. Minnius antwortete mit festem Blick: »Hortensia Atilia.«
    Die Sanftmütige! Das war ein unverhoffter Gag. Ich dachte darüber nach. »Danke.«
    »Und Ihre dritte Frage?« bohrte er. Hinter mir hatte sich schon eine Schlange gebildet.
    Ich grinste ihn an. »Frage Nummer drei lautet: Wieviel kosten zwei von Ihren Knuspertauben mit den Rosinen drin für mich und meine Spezielle?«
    »Wie speziell?«
    »Sehr.«
    »Da mache ich Ihnen wohl besser auch einen speziellen Preis.«
    Er wickelte zwei besonders große in Weinblätter und ließ sie mir umsonst.
    Ich packte die Kuchen in den Hut, den ich in der Hand trug. Dann machte ich mich auf den Weg nach Hause und zu der Speziellen, die dort auf mich wartete.
    Den Esel ließ ich im Mietstall, denn ich rechnete damit, daß ich eine ganze Weile daheim bleiben würde; warum sollte er da unnötig Schatten, Heu und Gesellschaft entbehren? Außerdem mag ich nun mal nicht für Standzeit berappen.
    Die Stallungen lagen gleich um die Ecke, und von dort konnte man den ganzen Häuserblock überblicken. Ich war wie ein grüner Junge, der zum ersten Mal verliebt ist und plötzlich alles mit anderen Augen sieht. Ich schaute nach oben, was man normalerweise vor dem eigenen Haus nie tut, weil man erstens im Geiste noch da ist, wo man eben herkommt, und zweitens nach dem Schlüssel sucht.
    Die Sonne stand über mir und blendete mein linkes Auge. Ich mußte blinzeln und wandte mich ab. Aber dann sah ich doch wieder hin.
    Was für eine eigenartige Luftspiegelung! Ich schirmte die Augen mit der Hand. Sekundenlang war es, als ob das Gebäude flirrte und flimmerte, aber das kam nicht von der Sonne. Ich war noch etwa fünfzig Meter weit weg. Und auf der belebten Straße wurde zunächst niemand aufmerksam.
    Die ganze Vorderfront meines Wohnblocks brach entzwei, einfach so, wie ein Menschenantlitz, das sich in Tränen auflöst. Das Haus geriet ins Wanken, dann hing es buchstäblich in der Luft. Allen Gesetzen der Schwerkraft zum Trotz schwebten einen Augenblick lang sämtliche Partikel einzeln im Raum. Eben noch hielt die Kontur des Gebäudes stand – dann war es aus. Die Mauern kippten wie auf Kommando, und das ganze Haus fiel in sich zusammen.
    Der Krach auf der Straße war unbeschreiblich.
    Im nächsten Augenblick verschluckte uns eine riesige Mörtelwolke, die alles in beißenden, stickigen Staub hüllte.
LVII
    Zuerst diese unvorstellbare Stille. Und dann fangen die Leute an zu schreien.
    Vor allem muß man erstmal den Staub aus den Augen kriegen. Sich schütteln, nützt nichts, das macht es nur noch schlimmer. Bis man wieder sehen kann, bewegt man sich am besten überhaupt nicht. Aber alle Sinne sind aufs äußerste geschärft, versuchen angestrengt, mitzukriegen, was los ist.
    Die ersten Schreie, das sind die Leute auf der Straße, erschrocken, entsetzt, aber auch dankbar, daß sie wenigstens noch Luft zum Schreien haben. Dann melden sich vielleicht andere aus dem Schutt heraus, aber das ist schwer festzustellen, bevor die Panik sich legt und jemand die Organisation in die Hand nimmt. Irgendwer findet sich dafür immer.
    Es gibt Erfahrungswerte, nach denen man sich richten kann. In Rom stürzen nämlich oft Häuser ein.
    Die Nachbarschaft ist im Nu alarmiert; dafür sorgt schon der Krach. In Windeseile kommen Männer mit Schaufeln und Stützpfeilern angerannt. Andere folgen mit Handwagen, Enterhaken, Schubkarren von der nächsten Baustelle, mit behelfsmäßigen Tragen und vielleicht sogar mit einer Winde. Trotzdem geht es nicht schnell genug. Wer zur Stelle ist und weiß, daß das Haus

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