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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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trauriges, geflochtenes Schwänzchen, nicht dicker als mein kleiner Finger, das nach etwa dreißig Zentimetern in einem dünnen Pinselchen auslief. Die Meine hatte einen dicken Zopf, der ihr, in fast gleichbleibender Stärke, bis zur Taille reichte.
    Jemand breitete ein Halstuch über das Gesicht. Eine Stimme sagte: »Muß die Alte aus dem obersten Stock sein.« Die verrückte alte Schachtel, die mich so oft verflucht hatte.
    Ich machte mich wieder an die Arbeit.
    Es war mir mächtig an die Nieren gegangen. Jetzt hatte ich eine Vorstellung davon, was ich finden würde.
    Ich hielt inne und wischte mir den Schweiß von der verschmierten Stirn. Jemand, der sah, daß er im Moment mehr Energie hatte als ich, nahm mir die Schaufel aus der Hand. Er stieß das Stahlblatt in den Trümmerhaufen, und als ich zur Seite trat, um ihm Platz zu machen, fiel mir etwas ins Auge.
    Es war der Griff von einem Korb. Ich erkannte den glänzenden schwarzen Raffiabast, mit dem meine Mutter ihn ausgebessert hatte, als das ursprüngliche Rohrgeflecht sich zu lösen begann. Ich zerrte ihn aus dem Schutt. Etwas, das mir gehört hatte. Der Korb hatte immer neben dem Eingang zu unserem Wohnzimmer gehangen.
    Umstehende reichten Getränke herum, damit die Rettungsmannschaft den ärgsten Durst stillen konnte. Auch mir drückte jemand einen Becher in die Hand. Sitzgelegenheiten gab es keine. Also hockte ich mich auf die Fersen, trank, stellte den Becher hin, kippte den Dreck aus dem Korb und schaute hinein. Nicht viel. Alles, was mir geblieben war. Der Stolz unseres Haushalts: zehn Bronzelöffel, die Helena mir einmal geschenkt hatte; sie duldete nicht, daß ich sie weiter unter meiner Matratze versteckte, weil wir sie jetzt täglich in Gebrauch hatten. Eine Schüssel, die meiner Mutter gehörte, für sie hergerichtet. Meine besten Stiefel, versteckt vor dem Papagei … Und ein Käsehobel.
    Ich hatte keine Ahnung, wieso ausgerechnet der Käsehobel verschont geblieben war. Und ich würde es auch nie erfahren. So ein Berg ungeklärter Fragen: das Schlimmste nach einem plötzlichen Tod.
    Ich legte alles zurück in den Korb und schob mir die Henkelschlaufe über den Arm, bis hinauf zur Schulter. Dann verließ mich der Mut; es hatte ja doch keine Sinn mehr. Ich vergrub den Kopf in den Armen und versuchte, alles auszublenden.
    Jemand berührte mich an der Schulter. Jemand, der mich offenbar kannte oder der sie gekannt hatte oder auch uns beide. Zornig fuhr ich hoch. Dann sah ich seinen ausgestreckten Arm.
    Eine Frau war um die Ecke gebogen, genau wie ich eine halbe Stunde zuvor. Sie hatte einen großen, kreisrunden Brotlaib im Arm. Offenbar war sie ausgegangen, um fürs Mittagessen einzukaufen, und kam nun wieder heim.
    Ihr Heim war nicht mehr da. Sie war stehengeblieben, als dächte sie, sie hätte geistesabwesend die falsche Straße erwischt. Dann sah sie das eingestürzte Haus und begriff mit einem Schlag die Wahrheit.
    Sie wollte losrennen. Noch ehe sie sich in Bewegung setzte, hatte ich sie erkannt und sah deutlich, was in ihr vorging. Sie dachte, ich sei schon in der Wohnung gewesen; sie dachte, ich läge tot unter den Trümmern. Es gab nur einen Weg, ihr Bescheid zu geben.
    Ich pfiff. Meinen Pfiff. Sie blieb stehen.
    Ich war aufgesprungen. Sie hatte mich gehört. Aber sehen konnte sie mich in dem Durcheinander nicht gleich. Dann fand sie mich doch. Es war nicht mehr nötig, aber ich rief schon, so laut ich nur konnte. Endlich brachte ich es heraus: »Helena!«
    »Mein Schatz, Liebste – hier bin ich!« Das Brot zerbröselte zwischen uns in tausend Krümel. Dann war sie in meinen Armen. Weich – warm – lebendig – Helena. Ich legte meine Hände vorsichtig um ihre Wangen, als hielte ich einen Schatz. »Helena, Helena, Helena …« Ihre Haare verfingen sich in meinen aufgerissenen Fingern, mit denen ich, auf der Suche nach ihr, die Balken beiseite gezerrt hatte. Sie war sauber und unversehrt und weinte sich hilflos die Augen aus, weil sie mich für einen Sekundenbruchteil verloren geglaubt hatte. »Helena, Helena! Als ich das Haus einstürzen sah, dachte ich …«
    »Ich weiß, was du dachtest.«
    »Ich hatte doch extra gesagt, du sollst auf mich warten …«
    »Oh, Didius Falco«, schluchzte Helena, »seit wann tue ich denn, was du sagst?«
LVIII
    Man klopfte uns auf den Rücken; die Frauen küßten Helena ab. Ich wäre gegangen und hätte weitergegraben, aber die Leute ließen es nicht zu. Statt dessen wurden wir in eine Schenke gedrängt, wo

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