Kupfervenus
trieb, während er sich Richtung Via Aurelia und Pons Sublicium davontragen ließ.
Über dreißig Meilensteine markieren die Straße zwischen Rom und dem Hafen von Ostia. Ich hoffe, er hat die Phrygier die ganze Strecke im Dauerlauf zurücklegen lassen.
LXI
Eigentlich ein Kinderspiel.
Bloß eine Handvoll unheilschwangerer Andeutungen und ein paar Lügen. Diese Leuteschinder sind ja so sensibel! Sobald sie ihren Lebensstil bedroht sehen, kann man sie mit jeder noch so hanebüchenen Geschichte einseifen.
Aber wie nun weiter?
Bevor ich mir Priscillus’ Rivalinnen, diese durchtriebenen Weiber vom Pincio, vorknöpfte, mußte ich, offen gestanden, erst mal verschnaufen. Die erwünschte Ruhe – nebst etlichem, worauf ich nicht gefaßt war – fand ich bei einem gemächlichen Spaziergang am Transtiberina-Ufer.
Ich ging nach Norden. Das war sowieso meine Richtung. Warum also nicht einen Umweg über die Ausläufer des Janiculum machen und bei der Gelegenheit den Schauplatz eines alten Verbrechens besuchen?
Der Circus von Caligula und Nero – so ungefähr das unheimlichste Pärchen, das Ihnen je in den Hinterzimmern eines Badehauses über den Weg laufen könnte –, der Circus also liegt vis-à-vis der großen Schleife, mit der der Tiber das Marsfeld umschließt. Der Zufall wollte es, daß diese Woche keine Rennen stattfanden.
Dafür gab es eine kleine Tierschau, wie üblich umringt von nervösen Schulknaben, die nur zu gern mit Steinchen nach den Bestien geworfen hätten, einem kleinen Mädchen, das mal einen Tiger streicheln wollte, und einem rastlosen Wärter, der ab und zu rausgerannt kam, um die Gaffer von den Käfigen fortzuscheuchen. Zu der Menagerie gehörten ein Nilpferd, der unvermeidliche Elefant, zwei Strauße und ein gallischer Luchs. Ansonsten bemerkte ich noch ein paar Ballen feuchtes, schmutziges Stroh und erbärmlichen Gestank.
Die Schausteller hausten in ein paar Zelten im Schatten der Startgatter; als ich auf dem Weg zum Circus daran vorbeiging, hörte ich eine weibliche Stimme, die mir bekannt vorkam, eine schlüpfrige Geschichte zum besten geben. »… also, ich denke, er will bloß mal seinen Struller strullern lassen, aber das dauert Stunden; na, ich hab ihn dann komplett vergessen – zum Henker mit den Kerls! –, aber als ich die Python füttern gehe, hockt er auf einmal vor mir. Er hatte sich wohl schon entblättert, bevor er die Schlange sah – jedenfalls fand ich ihn ganz dicht an die Zeltwand geduckt, so verängstigt, daß er sich nicht mal traute, um Hilfe zu rufen. Ganz klein hatte er sich gemacht; bloß die Knubbelknie waren noch zu sehen, und dahinter schlenkerten seine kümmerlichen Kurzwaren …«
Strahlend schlug ich den Vorhang zurück. »Ich werd wohl keine Nähkästchen mehr anschauen können, ohne rot zu werden! Thalia! Was macht das Geschäft, Schlangentänzerin?«
»Falco! Versuchen Sie immer noch, von daheim auszubüchsen und mal so richtige Abenteuer zu erleben? Aber woher haben Sie gewußt, daß ich es war?«
»Ach, ich glaube, ich habe einen Papagei kennengelernt, mit dem Sie wohl auch mal zu tun hatten …«
»Oh, dieser schreckliche Vogel!« rief sie.
Ihre Besucherin – ein Klappergestell, das die Frau sein mußte, die den Mann fütterte, der das Nilpferd tränkte – lächelte geziert und schlüpfte aus dem Zelt.
Thalia wurde ernst. »Sie sind ausstaffiert wie ein Bote, der schlechte Nachrichten bringt.«
»Nur den Schurken, hoffe ich. Unser kleiner Plausch neulich hat mir sehr geholfen. Haben Sie einen Moment Zeit?«
»Gehen wir an die frische Luft«, schlug sie vor. Vielleicht hatte sie Angst, im Zelt belauscht zu werden.
Sie führte mich rüber in den Circus. Wir blieben kurz bei den Startgattern stehen, wo damals der Panther Severinas Gatten Fronto verspeist hatte. Schweigend stiegen wir ein paar Zuschauerreihen hinauf und hockten uns auf die Marmorsitze.
»Ich bastele da an einer Theorie über Frontos Tod. Thalia, Sie haben gesagt, Sie hätten seine Frau nie kennengelernt. Da wissen Sie wohl auch nicht, ob Severina einen Liebhaber hatte?«
»Könnte ich nicht sagen, nein. Aber Fronto dachte, sie hätte einen.«
»Ach, und hatte er jemand Bestimmten in Verdacht?«
»Ein Name ist nie gefallen, aber Fronto hatte das Gefühl, es gäbe da wen, den sie schon lange kannte und der irgendwo in den Kulissen lauerte.«
»Das paßt! Sie sprach mal von einem Burschen, der genau wie sie Sklave bei ihrem ersten Herrn gewesen war. Und sie trägt einen Ring,
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